Kursangebot | Pflanzenheilkunde | Wilde Malve (Malva sylvestris), Wegmalve (M. neglecta)

Pflanzenheilkunde

Wilde Malve (Malva sylvestris), Wegmalve (M. neglecta)

Malva neglecta, Malvengewächse

Abbildung 1. Blüte der Wilden Malve.
Abbildung 1. Wilde Malve, Büten und Blatt.

Geschichte

Malva sylvestris ist die wild wachsende oder im Wald wachsende Malve. Die Wegmalve, M. neglecta wurde wohl leicht übersehen, denn neglectus bedeutet im Lateinischen übersehen. Felriss heißen die Malven im „Gart der Gesundheit“, weil sie die Kraft hätten, das Fell von den Augen zu nehmen.

Botanischer Steckbrief

Die Wilde Malve ist eine meist mehrjährige, niederliegende bis aufrechte Staude an sonnigen Standorten wie Wegrändern und Ruderalflächen. Aus einer spindelförmigen Wurzel entspringen mehrere rau behaarte Stängel, die bis zu 1 m hoch werden können. Die grünen Blätter sind lang gestielt, handförmig 3- bis 7-mal lappig eingekerbt, am Rande gezähnt, oft mit einem dunklen Fleck am Blattgrund. In den Blattachseln stehen auch wieder an behaarten Stielen 2–6 rosa bis rotviolette Blüten zusammen. Sie setzen sich aus fünf 2–3 cm langen Kronblättern zusammen, die tief ausgeschnitten sind. 3 dunklere Längsstreifen pro Blütenblatt zeigen den Insekten den Weg zum Nektar. Die einzelnen Blütenblätter sind 3- bis 4-mal so lang wie Kelchblätter und tief ausgerandet. Sie blühen von Juni bis in den Herbst hinein.

Die Wegmalve (Malva neglecta) ist viel kleiner als die Wilde Malve. Beide sind an ähnlichen Standorten zu finden. Die Blätter der Wegmalve sind runder und undeutlicher gelappt, die Blüten sind heller rosa bis weiß, die Kronblätter nur 2- bis 3-mal so lang wie Kelchblätter. In der Wirkung der beiden Pflanzen gibt es kaum einen Unterschied.

Arzneilich verwendet werden die Blätter beider Malven (Malvae folium). Von der Wilden Malve werden auch die Blüten arzneilich (Malvae flos) genutzt, wobei beide Unterarten (ssp. sylvestris und ssp. mauritiana) zugelassen sind.

Abbildung 2. Weg-Malve, Blüten und Blätter.
Abbildung 2. Weg-Malve, Blüten und Blätter.

Signatur

Wer Blätter oder Blüten der Malven zwischen seinen Fingern verreibt, spürt den weichen und erweichenden Pflanzenschleim. Dieser Pflanzenschleim wurde in alten Zeiten zum Aufweichen verhärteter Geschwüre, Narben und Wunden sehr geschätzt. Deswegen waren Malven auch im übertragenden Sinne ein Symbol für Nachsicht und Vergebung. Wer in der Antike Malvenblätter überreichte, hoffte das Herz selbst ungnädigster Gegner oder Gläubiger erweichen zu können.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Die Malve enthält in allen ihren Teilen folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • Pflanzenschleime (Polysaccharide): 10% in Blüten, 8% in Blättern
  • Flavonoide in den Blättern
  • wenig Gerbstoffe (Rosmarinsäure)
  • ätherisches Öl
  • Farbstoffe (Anthocyane) in der Blüte, die bakteriostatisch wirken

 Diese Pflanzenschleime überziehen die Schleimhäute wie ein Schutzfilm, egal ob sie Hals oder Nase auskleiden, Lunge oder Magen schützen sollen oder sich in der Blase oder den empfindlichen Geschlechtsteilen befinden.

Zubereitungen aus Malven haben folgende Wirkungen:

  • schleimhautschützend
  • entzündungshemmend, wundheilend: Malven sind gute Heilpflanzen gegen Entzündungen. Tierversuche zeigten, dass die Malven die Schwellung, den Schmerz und die Ansammlung von Immunzellen (Leukozyten) lindern und die Ausscheidung entzündungsfördernder Botenstoffe (Prostaglandine) hemmen. Durch ihre antioxidativen Eigenschaften verbessern sie obendrein noch die Bedingungen für die Wundheilung.
  • adstringierend
  • antioxidativ

Die direkte antibiotische Wirkung der Malve ist eher gering, dennoch dürfte ein konzentrierter Malvenextrakt das mikrobielle Wachstum hemmen. Darauf weisen Laborversuche hin. Bakterien haben die Fähigkeit, sich dem Angriff des körpereigenen Immunsystems oder auch von Antibiotika zu entziehen, indem sie einen klebrigen Biofilm bilden, unter dem sie sich verstecken und für Angreifer nicht zugänglich sind. Mit dem Biofilm überziehen sie hartnäckig jede Oberfläche wie Zähne, Haut und Implantate und überleben dort völlig unbehelligt. Die Malven aber hindern sie daran, einen Biofilm zu bilden und machen sie wieder angreifbar. Dazu reicht ein wässriger Extrakt – also ein einfacher Malventee. Zum Beispiel ist es auch bei der Mundhygiene wichtig, nicht nur mit einem Desinfektionsmittel zu gurgeln, sondern gleichzeitig auch mit Malventee.

Malven als Konservierer: In den Ländern rund um das Mittelmeer wurden und werden Malvenblätter, -blüten und -samen als Nahrungsmittel genutzt. Sie sind nicht nur nahrhaft, sondern auch ein Schutz gegen zu schnelles Verderben der Speisen, denn (wiederum im Labor nachgetestet) ein konzentrierter Malvenextrakt unterdrückt das Wachstum von Keimen etwa in gleichem Maße wie Lavendel oder Zimt und sogar besser als Knoblauch und Pfefferminze. Bei Candida albicans allerdings zeigten die Malven keine Wirkung.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Mit all diesen Eigenschaften sind Zubereitungen aus Malven zur inneren Anwendung sehr hilfreich bei folgenden Indikationen:

  • HNO, Atemwege:
    • Heiserkeit
    • Schleimhautentzündungen in Hals und Rachen
    • Katarrhen der oberen Luftwege
    • trockenem Reizhusten
  • Verdauungstrakt: Gastritis, Reizmagen

 Malvenextrakte helfen auch äußerlich bei folgenden Anwendungsgebieten:

  • Haut und Nägel:
    • trockener, entzündeter Haut, Ekzemen, Neurodermitis, Psoriasis
    • Nagelbettentzündungen
  • Insektenstiche
  • müde Augen (Augenbad mit kühlem Malvenwasser)

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Malvenblätter und Malvenblüten als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft. Malvenblätter/Malvenblüten können als reizlinderndes Mittel bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und bei damit einhergehendem trockenem Reizhusten sowie zur Linderung leichter gastrointestinaler Beschwerden eingesetzt werden. Diese Indikation führt auch die ESCOP nur für die Malvenblüten auf. Die Kommission E erwähnt für Malvenblätter/Malvenblüten lediglich die Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und dem damit einhergehendem trockenem Reizhusten. Von der WHO gibt es keine Monografie für Malven.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Volksheilkunde werden Malven außerdem angewendet bei folgenden Beschwerden:

  • Geschwüre, Furunkel, Abszesse und Akne
  • Wundbehandlung
  • Aphten, Stomatitis
  • Zahnfleischentzündung, Zahnschmerzen
  • Sodbrennen
  • Dünndarmentzündungen
  • Blasen- und Nierenkrankheiten
  • Asthma bronchiale

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Spagyrik wird Malva sylvestris ebenfalls angewendet bei Schleimkatarrhen der Atmungsorgane, bei Husten, Heiserkeit und Angina.

Wirkung auf die Psyche

Alle Malven erweichen, was verhärtet ist. Das können uralte Konflikte sein, oder starre Vorschriften nach dem Motto: „Das gehört sich aber nicht für …“ Malven erleichtern die Kommunikation auch mit den selbst gesetzten Grenzen und lösen scheinbare Gegensätze auf. Sie helfen Wärme und Freundschaft für sich selbst zu empfinden – und in der Folge auch für andere. Neue, sanfte Bande in Beziehungen können geknüpft werden. Malven sind ein Symbol für Süße und Weichheit.

Fallbeispiel

Hier klicken zum Ausklappen

Eine Erzieherin aus dem Kindergarten hatte es sich angewöhnt, nach einem anstrengenden Arbeitstag auf ihre ganz eigene Art zu entspannen. Sie hatte in ihrem Garten rosafarbene Bechermalven ausgesät, deren Anblick immer wieder ihr Herz erfreute. Wenn sie durch sie hindurch streifte, streichelte sie die Blüten, legte eine Blüte auf ihre Zunge und erfreute sich an ihrer Sanftheit. Das machte sie so lange, bis sie wieder in Frieden mit sich und der Welt war. Und im Winter trank sie einen kalt angesetzten Tee aus den im Sommer getrockneten Blüten.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis 5 g

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Hier klicken zum Ausklappen

Kaltansatz

Ein Kaltansatz schont den Pflanzenschleim: 1TL getrocknete Malvenblüten und -blätter mit 250 ml kaltem Wasser übergießen und 2–3 Std. unter gelegentlichem Umrühren stehen lassen und kurz aufkochen. Absieben und schluckweise trinken. Bei Magenbeschwerden ½ Std. vor dem Essen, bei Reizhusten und Heiserkeit 3–4 Tassen pro Tag. Bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut damit gurgeln oder spülen. Für Hautumschläge doppelte Konzentration nehmen.

Sinnvoll ist eine Kombination mit anderen Pflanzen z.B. Lindenblüten, Spitzwegerich, Kamillenblüten (Erkältungstee).

Behandlungsempfehlung

Hier klicken zum Ausklappen

Fertigarzneimittel

Es gibt keine Fertigarzneimittel.

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Schleime können die Aufnahme des Wirkstoffes von Medikamenten verzögern. Daher Medikamente nur mit zeitlichem Abstand mit Malvenschleim einnehmen.
  • Interaktionen, Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.