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Pflanzenheilkunde

Wegwarte (Cichorium intybus)

Korbblütler

Abbildung 1. Blüte der Wegwarte.
Abbildung 1. Blüte der Wegwarte.

Geschichte

In ihrem Namen kommt der Standort zum Ausdruck: „Die Wegwarte wartet wirklich an jedem Weg auf dich, um dich gesund zu machen“, formulierte Sebastian Kneipp.

Es stecken ungeahnte Kräfte in dieser „Zauberpflanze“. Mit magischen Zeremonien und Sammelritualen versuchte man, sich die besonderen Kräfte der Wurzel zunutze zu machen. In Schwaben ging man am Jakobitag, dem 25. Juli, das Gesicht nach Osten gerichtet, zur ausgewählten Wegwarte und grub sie mit goldenem Werkzeug aus. Das Gold war wichtig, denn es galt als Metall der Sonne, war also angemessen für diese pflanzliche Verkörperung der „Sonnenbraut“. Es hieß, die so erworbene Wurzel mache hieb- und stichfest, ziehe Dornen aus dem Fleisch und öffne versiegelte Schlösser. Mit dem Extrakt aus der Wegwarte ließ sich sogar eine Tarnkappe herstellen, was nach einem besonderen Ritual vor sich zu gehen hatte. Andererseits half die Pflanze angeblich dabei, einen Dieb zu finden: „Wenn einem etwas gestohlen worden, darf er nur die Wegwartwurzel unter das Haupt ins Bett legen, so erscheint der Dieb im Traum.“

Mit ihren blauen Blütenaugen folgt die Wegwarte dem Weg der Sonne von ihrem Aufgang bis zur Mittagszeit und wurde deswegen als „Sonnenbraut“ bezeichnet. Früher schloss sie genau um 11 Uhr die Blüten wieder, heute irritieren offensichtlich viele Photooxidanzien in der Luft die innere Uhr der Pflanze so sehr, dass sie ihre Blüten erst im Laufe des Nachmittags schließt.

Botanischer Steckbrief

Abbildung 2. Wegwarte, Pflanze mit Stängeln, Blättern und Blüten.
Abbildung 2. Wegwarte, Pflanze mit Stängeln, Blättern und Blüten.

Selbst an den Rändern von stark befahrenen Straßen und auf Plätzen mit kargem Boden wächst diese zäh aussehende, ausdauernde Pflanze. Sie enthält in allen Pflanzenteilen einen bitteren Milchsaft. Die grundständigen Blätter bilden eine Rosette und können, solange sie jung sind, leicht mit denen des Löwenzahns verwechselt werden. Sie sind allerdings (zur Unterscheidung) auf der Unterseite leicht rau behaart. Wenn sich die Stängel aus der Rosette heraus schieben, ist die Wegwarte allerdings unverkennbar. Die Stängel wachsen gewinkelt hin und her, an jedem Knick und am Ende von kleinen Seitenästchen wachsen Blütenkörbchen. Die vielen neuen Blütenknospen und die getrockneten Kelche der schon verblühten Blüten verleihen der Pflanze ein struppiges Aussehen. Die unteren Blätter sind buchtig bis fiederlappig, nach oben hin werden sie immer schmaler und sind nur noch lanzettlich. Die Blätter fallen kaum auf, sobald die Pflanze himmelblau von Juli bis September blüht. Die Ränder ihrer Zungenblüten sind wie Mäusezähnchen fein gezackt. Die Wurzel ist lang, fleischig, spindelförmig, außen gelblich, innen weiß und fest im Boden verankert.

Arzneilich verwendet werden die Wurzeln der Wegwarte (Cichorii radix).

Signatur

Die Wegwarte ist fest in der Erde verwurzelt, stärkt also auch im übertragenden Sinne die Bodenständigkeit und das Wurzelchakra. Damit fördert sie im Menschen die Fähigkeit, dank einer gut funktionierenden Verdauung gesund zu bleiben. Mit ihrem struppigen Erscheinungsbild verzichtet sie auf alles Überflüssige, beschränkt sich auf das Wesentliche und leistet sich als einzigen Luxus die blauen Blüten, den Zugang zur Seele und damit zur inneren Stärke.

Die alten Griechen formten aus den Worten kio (ich gehe) und chorion (das Feld) den Namen kichorion und meinten das Auftreten dieser Pflanze an Feldwegen. Intybus leitet sich ab von dem alten griechischen Namen der Endivie (Cichorium endivia). Sie ist ebenso wie der Chicoree (Cichorium intybus var. foliosum) mit der Wegwarte verwandt. Aus der besonders dicken und schweren Wurzel von C. intybus var. sativa wird der Zichorienkaffee gebrannt. Auch Zuckerhut und Radicchio wurden aus der Wegwarte gezüchtet. Geerntet werden die Wurzeln im Spätherbst (Cichorii radix).

Inhaltsstoffe und Wirkung

Wegwartenwurzel enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • Sesquiterpenlactone: Bitterstoffe mit einem Bitterwert von 800
  • Phenolcarbonsäuren: u.a. Cichoriensäure, Chlorogensäure
  • Flavonoide: u.a. Apigenin, Quercetin, Hyperosid
  • Hydroxycumarine (u.a. Umbelliferon)
  • Inulin: Polysaccharide aus Fructose-Bausteinen, unverdauliches Kohlenhydrat
  • Pentosane (Polysaccharide aus verschiedenen Zucker-Bausteinen)

Wegwarte hat als Tonicum amarum folgende Wirkungen:

  • Verdauungstrakt:
    • choleretisch: aktiviert die Galle
    • appetitanregend
    • verdauungsfördernd: fördert die Verdauung, regt den regt den Stoffwechsel an
    • cholesterinsenkend
  • diuretisch: Wegwarte enthält viel Kalium, das als Mineralstoff die Tätigkeit der Nieren anregt
  • Herz-Kreislauf:
    • schützt die Gefäßwände
    • wirkt am Herzen leicht negativ inotrop und chronotrop (Kontraktionskraft und Schlagfrequenz werden gesenkt)
  • hepatoprotektiv: Neuere Forschungen zeigen, dass die Wegwarte die Leber darin unterstützt, körpereigene und körperfremde Giftstoffe abzubauen (regt die Bildung von Cytochrom p450 an). Wässrige Extrakte (z.B. Tee) haben den Studien zufolge nahezu die gleiche Wirkung wie das Silymarin aus der Mariendistel.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Die Wegwarte wird mit ihren reinigenden, stärkenden und abführenden Wirkungen bevorzugt bei Verdauungsbeschwerden und zur Rekonvaleszenz bei folgenden Indikationen eingesetzt:

  • Appetitlosigkeit, z.B. nach langer Krankheit
  • Magen-, Galle-, Leberbeschwerden
  • Milzbeschwerden, Immunschwäche

Fallbeispiel

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Er habe keinen Appetit, keine Lust mehr zu essen und eine sehr träge Verdauung, beschrieb der 56-jährige Verkaufsleiter eines Baumarktes, seine Beschwerden. Die Arbeit, die er eigentlich sehr gerne mache, falle ihm zunehmend schwerer, weil er auch tagsüber immer wieder mit Müdigkeit zu kämpfen habe. Es sei keine organische Ursache gefunden worden. Er bekam die Aufgabe, 2-mal täglich 1 Tasse Wegwartentee genussvoll – und möglichst in Ruhe – vor den Hauptmahlzeiten zu trinken. Und eine 3. Tasse vor dem Schlafengehen. Nach 4 Wochen waren seine Lebensgeister und sein Appetit zurückgekehrt und er ging seine Aufgaben schwungvoll an. Er griff auch in der Folgezeit immer wieder gerne zum Wegwartetee.

Merke

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  • Wegwartenblüten enthalten viel Eisen und sind hilfreich bei Anämie oder Blutverlusten als dreiwöchige Kur.
  • Wie Wermut hat auch die Wegwarte das Potenzial, als natürliches Insektizid die Überträger von Malaria, Dengue-Fieber und Filariose zu bekämpfen.

Indikationen nach HMPC, Kommission E, Monografien

Das HMPC hat Wegwartenwurzel als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Die Wegwartenwurzel kann demnach bei leichten Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Flatulenz und verzögerter Verdauung sowie bei zeitweilig auftretender Appetitlosigkeit angewendet werden. Die Kommission E nennt Appetitlosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden als Einsatzbereich.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Wegwartenzubereitungen sind wegen ihrer Wirkung auf die Bauchspeicheldrüse und besonders auf die Milz sehr geschätzt und werden als Blutreinigungskuren häufig genutzt. Weitere Anwendungen sind

  • Verdauungstrakt:
    • chronisch entzündliche Darmerkrankungen
    • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Förderung von Ausscheidungsprozessen:
    • Ausscheidung von Schwermetallen
    • Abschirmung gegen Erdstrahlen und Elektrosmog
    • Reinigung von Niere und Blase
    • Blutreinigungskur bei Ekzemen und Hautunreinheiten
  • empfindliche oder gereizte Augen (als Tee und als Augenbad)
  • Blutzuckerschwankungen
  • rheumatische Erkrankungen, Gliederschmerzen, Arthrose

Die Inder bereiten aus den Samen einen Schlaftrunk zu.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Bei den Bachblüten ist Chicory die Essenz für uneigennützige Liebe, auch Mütterlichkeitsblüte genannt.

In der Homöopathie wird die Cichorium intybus in potenzierter Form bei chronischen Lebererkrankungen oder auch bei Verdauungsstörungen eingesetzt.

Wirkung auf die Psyche

Liebe ist das große Thema der Wegwarte. Die Legende erzählt von einer Prinzessin, die am Wegesrand so lange vergeblich auf ihren Geliebten wartete, bis die Götter schließlich Erbarmen mit ihr hatten und sie in diese blaue Blume verwandelten. Blau ist die Farbe, die die Augen stärkt und es ist die Farbe der Seele. Die Wegwarte weist den Zugang zur Seele und schärft den Blick für das Wesentliche. Das bringt Toleranz und Seelenruhe und vielleicht auch die Zuversicht, dass sich das Warten lohnt. Bedingungslose Liebe wird immer mehr zur inneren Kraftquelle.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis 2–4 g.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

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Tee

1 TL Wegwartenwurzel oder -kraut mit 250 ml kaltem Wasser übergießen und zum Sieden bringen. Noch einige Min. auf der abgeschalteten Herdplatte stehen lassen und dann absieben und trinken.

Tinktur

50–70 g klein geschnittene Wegwartenwurzel in einem Weithalsglas mit 500 ml 70-prozentigem Alkohol übergießen. Gut verschlossen 6 Wochen lang bei Zimmertemperatur hell, aber nicht in der Sonne, stehen lassen. Regelmäßig vorsichtig umschütteln. Abfiltrieren und in Tropffläschchen abfüllen. 10–15 Tr. 15 Min. vor dem Essen oder zur besseren Verdauung hinterher einnehmen.

Diabetikertee – unterstützt die Tätigkeit der Bauchspeicheldrüse

Wegen des hohen Inulingehalts in der Wurzel ist die Wegwarte eine gute Pflanze für die Bauchspeicheldrüse. Man nehme Wegwartenwurzel, Löwenzahnwurzel, Bohnenschalen, Brennnesseln, Salbei- und Heidelbeerblätter zu gleichen Teilen und mische sie. 3 EL dieser Mischung mit 1 l kaltem Wasser ansetzen und bis zum Sieden erhitzen. Auf der abgeschalteten Herdplatte leicht vor sich hin kochen lassen (noch etwa 10 Min.). Den Tee absieben und über den Tag verteilt trinken. Ist geeignet für eine Teekur von 4–6 Wochen.

Behandlungsempfehlung

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Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Cichorium Urtinktur DHU, Cichorium 5% Wala
  • Kombinationspräparate: Amara Tropfen Weleda, Solunat Nr.8

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Selten kommt es zu allergischen Hautreaktionen.
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Allergie gegen Wegwarte u.a. Korbblütler. Bei Gallensteinleiden nur nach Rücksprache mit dem Arzt.