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Pflanzenheilkunde

Fingerhut, purpurner und wolliger (Digitalis purpurea, Digitalis lanata)

Abbildung 1 Roter Fingerhut
Abbildung 1 Roter Fingerhut

 

Wegerichgewächse (früher Rachenblütler)

Geschichte

Digitalis ist der Fingerhut, benannt nach der Form der Blüten. Purpurea kennzeichnet die Farbe und lanata spricht von dem wolligen Kleid der Blätter. Im Volksglauben wohnen Feen und Elfen in den Fingerhüten und schneidern sich daraus Tanzkleider und Handschuhe. Der alte Name Elfenhandschuh erinnert daran. In England heißt diese Pflanze Foxglove – Fuchshandschuh. Dort erzählt man sich, dass sich der Fuchs Fingerhutblüten als Handschuhe überstreift, damit er unbemerkt in Hühnerställe eindringen kann.

Für die Kelten war der Fingerhut eine heilige Pflanze. Sie nutzten ihn zur Heilung von Geschwüren und als Emetikum. Leonhard Fuchs beschrieb 1543 den Fingerhut zum ersten Mal als Digitalis und empfahl ihn als Brech- und Purgiermittel, allerdings auch schon zur Verwendung bei Wassersucht. Erst im aufkommenden Industriezeitalter gegen Ende des 18. Jahrhunderts entdeckte der englische Arzt William Withering die Herzwirksamkeit des Fingerhuts. Er hatte eine Kräuterfrau beobachtet, die mit dieser Pflanze Wassersüchtige erfolgreich behandelt hatte. Dass die Wassersucht ein Symptom einer Herzschwäche ist, wusste man damals noch nicht. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bekamen immer mehr herzschwache Menschen den getrockneten Fingerhut als Pulver verabreicht, viele starben daran. Bis 1914 wurde der Fingerhut als pulverisierte Blattdroge verwendet. Erst danach synthetisierte man Digitoxin, Digoxin und verwandte Verbindungen im Labor. Trotzdem war es schwierig, diese Wirkstoffe richtig zu dosieren, da die therapeutische Breite für die wirksame Dosis sehr gering ist.

Botanischer Steckbrief

Der Digitalis purpurea = Roter Fingerhut ist eine 2-jährige Pflanze. Sie wächst gerne auf Kahlschlägen oder Windbruchstellen mitten im Laubwald. Im 1. Jahr bildet er eine grundständige Blattrosette, aus der er im 2. Jahr einen bis zu 1,50 m hohen aufrechten Stängel treibt. Der Stängel und die Blattunterseiten sind flaumig behaart. Die Blätter sind länglich eiförmig, der Rand fein gekerbt bis gesägt, ihre Oberseite ist dunkelgrün und runzlig. Die unteren Blätter sind gestielt, die oberen sitzen direkt am Stängel. Die Blüten wachsen am Ende des Stängels und nicken in ihrer purpurroten Farbe in einer langen, einseitigen Traube Richtung Waldboden. Ihre Innenseite ist voll von dunkelroten, weiß umrandeten Flecken. Bei vollem Sonnenlicht richten sie ihre Blüten nach Süden aus und zeigen dem Wanderer die Himmelsrichtung. Die Fruchtkapsel ist herzförmig und öffnet sich zur Reifezeit mit 2 Klappen. Bis zu 10.000 klitzekleine Samen sind in jeder Samenkapsel verborgen. Sie brauchen helles Licht, um zu keimen. Die Pflanze ist in allen Teilen giftig und steht unter Naturschutz.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Fingerhut enthält in erster Linie herzwirksame Glykoside aus der Gruppe der Cardenolide (0,5–1,0%) als wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe. Der Rote Fingerhut enthält etwa 30 unterschiedliche Glykoside, der Wollige Fingerhut etwa 80 verschiedene. Die Cardenolide sind für die Giftigkeit der Pflanze verantwortlich. Außerdem kommen Steroidsaponine, ein wassertreibendes Flavonglykosid, Schleimstoffe und Anthrachinone vor.

Vorsicht

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Vergiftungen zeigen sich in Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Darauf folgen Arrhythmien der Vorhöfe, anschließend der Herzkammern mit Atemnot und schließlich Herzstillstand. Die erste Stufe einer Vergiftung, die Magen-Darm-Beschwerden zeigen sich offensichtlich nur bei direkter Einnahme und zu hoher Dosierung der Blätter, nicht bei der Einnahme der isolierten Glykoside.

Bei den synthetisch hergestellten Digitalis-Glykosiden ist die erste Vergiftungsstufe selten zu beobachten. Es scheint, als hätte (nach Storl) die Pflanze hier einen Sicherheitsmechanismus eingebaut, der bei den isolierten und synthetisierten Stoffen nicht mehr greift. Die tödliche Dosis sind 2–3 Blätter.

Indikationen

Zum Medikament verarbeitet und in der exakten Dosierung verabreicht, wirken Fingerhutglykoside am insuffizienten Herzen positiv inotrop (herzkraftsteigernd), sie verlangsamen die Schlagfrequenz (negativ chronotrop) und verzögern die Erregungsleitung (negativ dromotrop). Die bei Herzinsuffizienz eingesetzten Cardenolide werden heutzutage allerdings vorzugsweise aus dem gelben Wolligen Fingerhut (Digitalis lanata L.) gewonnen. Aus seinen Blättern werden die auf dem Markt befindlichen Reinstoffe Digitoxin, Acetyldigoxin und Lanatosid C isoliert.

Merke

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Die verschreibungspflichtigen Medikamente werden bei Herzinsuffizienz in Verbindung mit Hypertonie nur noch selten eingesetzt.

Indikationen nach Monografien

Digitalis-purpurea-Blätter und die daraus isolierten Cardenolide sind stark wirksame Arzneimittel und dürfen phytotherapeutisch nicht verwendet werden. Aus diesem Grunde wurden Digitalis-purpurea-Blätter weder vom HMPC noch von der ESCOP, der WHO und der Kommission E bearbeitet.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Digitalis eingesetzt bei Herzschwäche und damit einhergehenden Ödemen, bei begleitender Migräne und Schlafstörungen.

Wirkung auf die Psyche

Die feinstoffliche Blütenessenz aus dem Fingerhut hilft uns dabei, das Leben aus der Perspektive des Herzens zu sehen und zu leben.

Behandlungsempfehlung

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Fertigarzneimittel

Die im Handel befindlichen Fertigarzneimittel mit den isolierten oder synthetisierten Cardenoliden sind nur bei ärztlicher Verordnung anzuwenden. Diese Medikamente haben eindeutig pflanzliche Wurzeln. (s. Pflanzenheilmittel als Basis der heute weltweit tätigen Pharmakonzerne)

Kontraindikationen

Die innere Einnahme ist obsolet.