Die Faszientechnik wird genutzt, um Faszien zu „mobilisieren“ bzw. zu verschieben. Dies kann sinnvoll sein, wenn das Fasziengewebe aufgrund von Crosslinks verklebt ist. Hierfür gibt es unterschiedliche Ursachen, z. B. Gewebetraumata, Operationsnarben, Fehlbelastung oder Immobilisation.
Faszien bieten Halt und geben Stabilität, aber auch Flexibilität. Ohne Faszien wären koordinierte Bewegungen nur schwer möglich. Kommt es zu Adhäsionen, können die Faszien das darunterliegende Gewebe, z. B. einen Muskel, nicht mehr ausreichend stabilisieren bzw. keine geschmeidigen Bewegungen zulassen. Die Faszientechnik kann mit I- und Y-Tapes erfolgen. Bei Y-Tapes befindet sich der mögliche Schmerzpunkt zwischen den beiden Zügeln.
Nach Applikation der Basis wird das Tape unter Zug auf die Haut geklebt. Hierbei soll sich die Basis verschieben, d.h., sie wird nicht mit den Händen des Therapeuten fixiert, sondern „wandert“ auf der Haut des Patienten. Dies hat die Verschiebung des darunterliegenden Gewebes zur Folge.
Das Gewebe befindet sich vor der Anlage des Tapes in einer neutralen Stellung bzw. in einer leichten Vordehnung. Das Tape selbst kann in Längs- und Querrichtung appliziert werden. Hierzu ist es sinnvoll, vorab die Verschieblichkeit des Gewebes zu palpieren. Kann das Gewebe in eine Richtung weniger gut verschoben werden, sollte das Tape so appliziert werden, dass sich die Beweglichkeit des Gewebes in diese Richtung verbessert.
Ziele und Wirkungsweise:
- Schmerzlinderung
- Lösen von Verklebungen (Crosslinks)
Anwendungsbeispiele:
- Kaiserschnittnarbe
- Adhäsionen aufgrund von Sehnenscheidenentzündungen
- Narben nach Wirbelsäulenoperationen
Im Folgenden wird die Faszientechnik anhand der Anlage eines I- und eines Y-Tapes veranschaulicht. Das I-Tape kann sowohl in Längs- (Variante 1) wie auch in Querrichtung (Variante 2) appliziert werden.
I-Tape über einer Narbe nach operativer Versorgung einer distalen Radiusfraktur
Definition. Bei der distalen Radiusfraktur handelt es sich um eine Fraktur des Radiusköpfchens.
Ursache. Diese entsteht vorrangig durch Stürze auf das extendierte Handgelenk.
Anlage und Schnitttechnik. Faszientechnik, I-Tape in Längs- (Variante 1) und Querrichtung (Variante 2)
Tapeapplikation:
Variante 1, Längsrichtung:
- Das Tape wird abgemessen und zugeschnitten (ca. 10 cm lang).
- Die Verschieblichkeit des Gewebes wird palpiert.
- Dann wird die Haut dort gereinigt, wo das Tape aufgeklebt werden soll.
- Die Basis des Tapes wird auf Höhe der distalen Handgelenkfalte appliziert.
- Das Tape wird mit maximalem Zug (je nach Verschieblichkeit des Gewebes) nach proximal geklebt, die Basis des Tapes wird nicht fixiert.
Variante 2, Querrichtung:
- Es werden 2 I-Tapes abgemessen und zugeschnitten (jeweils mit einer Länge von ca. 10 cm).
- Die Verschieblichkeit des Gewebes wird palpiert.
- Dann wird die Haut dort gereinigt, wo die Tapes aufgeklebt werden sollen.
- Die Basis des 1. Tapes wird auf Höhe des Ulnaköpfchens appliziert, und das Tape wird mit maximalem Zug (je nach Verschieblichkeit des Gewebes) nach radial geklebt. Die Basis des Tapes wird nicht fixiert.
- Die Basis des 2. Tapes wird unter dem 1. Tape aufgebracht und von radial mit maximalem Zug nach ulnar geklebt. Auch diese Basis wird nicht fixiert.
Y-Tape zur Behandlung einer Sehnenscheidenentzündung
Video 5.8 zeigt die Anlage eines Y-Tapes zur Behandlung einer Sehnenscheidenentzündung.
Definition. Bei der Tendovaginitis handelt es sich um eine Entzündung einer Sehne und der Sehnenscheide. Häufig liegt eine Tendovaginitis im Handgelenk oder den Fingern vor. Ist das 1. Sehnenfach der Hand betroffen, handelt es sich um die Tendovaginitis stenosans de Quervain.
Ursache. Aus schulmedizinischer Sicht entstehen Sehnenscheidenentzündungen durch Fehl- oder Überbelastung oder durch systemische Erkrankungen, z. B. eine chronische Polyarthritis. Häufig sind Menschen, die viel am PC arbeiten, von einer Sehnenscheidenentzündung des Handgelenks betroffen. Zur Diagnose der Tendovaginitis stenosans de Quervain wird der Finkelstein-Test durchgeführt.
Hinweis
Die Dickdarmleitbahn hat im Handgelenk einen ähnlichen Verlauf wie die Sehne. Aus Sicht der TCM liegt bei diesem Krankheitsbild daher häufig eine Erkrankung des Darms (v. a. des Dickdarms) vor. Möglich sind z. B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Colitis ulcerosa oder Divertikulitis. Zudem führt ein Leber-Blut-Mangel zu Sehnenproblemen.
Anlage und Schnitttechnik. Faszientechnik, Y-Tape
Behandlungsempfehlung
Dieses Tape kann sehr gut mit einem Meridian-Tape für die Dickdarmleitbahn kombiniert werden. In diesem Falle erfolgt die Anlage in Richtung der Leitbahn mithilfe der Muskeltechnik. Hierfür kann das Tape mittig geteilt werden, um auf eine Breite von 2,5 cm zu gelangen. Dies erleichtert das Kleben im Leitbahnverlauf.
Tapeapplikation:
- Für den Finkelstein-Test wird der Patient gebeten, den Daumen der betroffenen Hand auf die Handinnenfläche zu legen, diesen mit den übrigen Fingern zu umschließen und anschließend das Handgelenk nach unten abzuwinkeln (Abb. 5.14). Treten dabei Schmerzen auf, ist das ein Zeichen für die Tendovaginitis stenosans de Quervain.
Behandlungsempfehlung
Bevor das Y-Tape appliziert wird, kann ein Gittertape auf den beim Finkelstein-Test lokalisierten Schmerzpunkt geklebt werden. Dadurch wird die schmerzreduzierende Wirkung des Y-Tapes verstärkt.
- Das Tape wird quer zum 1. Sehnenfach bzw. zum Verlauf der Sehne abgemessen (ca. 10 cm lang). Es wird in der Mitte geteilt, sodass ein „Y“ entsteht. Die Ecken werden abgerundet.
- Die Haut wird dort gereinigt, wo das Tape aufgeklebt werden soll.
- Die Folie des Tapes wird an der Basis eingerissen und vollständig gelöst.
- Die Basis des Tapes wird auf Höhe des Radiusköpfchens palmar auf die Haut geklebt.
- Anschließend werden beide Zügel mit maximalem Zug (je nach Schmerzempfinden des Patienten) dorsal in Richtung des Ulnaköpfchens auf die Haut geklebt. Die Enden der Zügel lässt man ohne Zug auslaufen. Der Schmerzpunkt befindet sich zwischen den beiden Zügeln.
- Man streicht einige Male über das Tape, um es zu fixieren.
- Das Tape ist nun fertig (Abb. 5.15) und kann erfahrungsgemäß etwa 7 Tage auf der Haut verbleiben.
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