Kursangebot | Pflanzenheilkunde | Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea)

Pflanzenheilkunde

Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea)

Enziangewächse

Abbildung 1. Tausendgüldenkraut, Pflanzen mit Stängel, Blättern und Blüten.
Abbildung 1. Tausendgüldenkraut, Pflanzen mit Stängel, Blättern und Blüten.

Geschichte

Chiron – ein Centaur im antiken Griechenland, er galt als der erste Arzt und Pflanzenkenner – soll die eitrigen Wunden an seinen Pferdebeinen mit Tausendgüldenkraut geheilt haben. Um ihn zu ehren, bekam dieses Kraut den botanischen Namen Centaurea. Im Lateinischen allerdings bedeutet Centum aurei lediglich hundert Goldstücke. Deshalb hieß die Pflanze im Deutschen zunächst Hundertguldenkraut, In der Übertreibung wurde es dann zu Tausendgüldenkraut, wohl weil vor langer Zeit ein reicher, immer wieder an Fieber leidender Mann, demjenigen 1000 Gulden versprach, der ihm ein Kraut gegen seine Krankheit bringen könne. Das Fieberkraut wurde gebracht und der Kranke geheilt. Erythros ist das griechische Wort für rot und bezieht sich wohl auf die Farbe der Blüten, vielleicht auch auf die Wirkung bei Ekzemen.

Bei Hippokrates und im gesamten Altertum galt das Tausendgüldenkraut als Panazee, als ein Allheilmittel gegen Krämpfe, Atemnot, Husten, Blutarmut, Leibschmerzen, Gebärmuttererkrankungen ... Hippokrates und Plinius empfahlen es wegen seines bitteren Geschmackes als Mittel gegen Gelbsucht und Magenbeschwerden. Die Pflanze wurde damals auch als Erdgalle bezeichnet, weil sie so bitter war.

Hildegard von Bingen benutzte Centaurea, um Knochenbrüche zu heilen: „Einen Aufguss des Kräutleins mit Wein oder Wasser vermischt, als warmer Wickel auf den Bruch gelegt, ist hilfreich, um lästiges Gebrechen beseitigen zu können.“ Die Ärzte der frühen Neuzeit verwendeten das Fieberkraut auch anstelle der Chinarinde bei Malaria.

Sebastian Kneipp schätzte es als Universalmittel. Seinen Erfahrungen nach verdränge es Magenwinde, schaffe unbrauchbare und ungenügende Sekrete fort, verbessere Magensäfte und wirke sich günstig auf Leber und Niere aus. Für ihn ist es das beste Mittel gegen Sodbrennen.

Botanischer Steckbrief

Das Tausendgüldenkraut kommt in Europa nicht sehr häufig vor und steht unter Naturschutz. Wer Glück hat, findet es auf lehmigen, feuchten Böden auf Wiesen, Weg- und Waldrändern. Aus einer grundständigen Blattrosette schiebt sich der vierkantige Stängel, er wird bis zu 40 cm hoch und verzweigt sich nur oben für die Blüte. Die Blätter sitzen daran gekreuzt gegenständig und sind meist 5-nervig. Die oberen Blätter sind lanzettlich, schmaler und spitzer, die unteren verwelken schnell. Die sternförmigen rosaroten Blüten sehen aus wie kleine Enziane, mit denen sie verwandt sind, und sind in büschelartigen Schirmen angeordnet. Sie blühen bei sonnigem Wetter von Juli bis September. Hübsche Schmetterlinge fühlen sich davon angezogen. Die Früchte sind längliche 2-klappig aufspringende Kapseln mit vielen sehr kleinen Samen.

Signatur

Das Tausendgüldenkraut ist nicht nur selten, sondern auch schwer zu finden. Selbst Paracelsus freute sich über diesen Anblick in freier Natur so sehr, dass er von seinem Pferd abstieg, um es gebührend zu begrüßen. Es kommt nicht so recht zur Geltung in seiner Umgebung, wird oft von anderen Pflanzen überwuchert. Dabei sind besonders die Blüten von umwerfend schlichter Schönheit. Ihre Farbe, ihre Klarheit, ihr Leuchten und ihr sanftes Erscheinungsbild schmückt ihre Umgebung, sicher getragen von kräftigen Stängeln. So schafft es diese Pflanze, ihre Nachbarschaft durch ihre Eigen-Art zu verschönern.

Ihr bitterer Geschmack lässt eine Aktivierung aller Stoffwechselfunktionen vermuten. Auch mit dieser Fähigkeit reinigt und belebt sie ihren Wirkort und weckt die Lebensgeister. Damit trifft die Volksweisheit „Bitter macht das Herz froh” auch auf das Tausendgüldenkraut zu.

Als Arzneidroge verwendet werden die oberirdischen Teile blühender Pflanzen bestehend aus Stängeln, Blätter und Blüten sowie einigen wenigen Kapseln (Centaurii herba).

Inhaltsstoffe und Wirkung

Tausendgüldenkraut enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • Bitterstoffe Amarogentin und Gentiopikrin mit einem Bitterwert von 2000
  • 0,4% Flavonoide, u.a. Quercetin, Kämpferol
  • Pyridinalkaloide (Gentianin)
  • Phenolcarbonsäuren (u.a. Ferulasäure)
  • Triterpene, (u.a.beta-Sitosterol)
  • wenig ätherisches Öl

Als reines Bittermittel bewirkt Tausendgüldenkraut die Tonisierung der gesamten Muskulatur, es verleiht mehr Kraft und Energie und hat durch die allgemeine Anregung folgende Wirkungen:

  • Magen-Darm-Trakt:
    • vermehrte Speichel- und Magensaftsekretion
    • regt Leber- und Galletätigkeit an
    • bessert den Appetit
    • schützt die Leber
  • Nervensystem, Immunsystem:
    • stärkt bei nervöser Erschöpfung
    • hemmt die Entzündungen
    • nimmt die Schmerzen
    • senkt Fieber
  • reguliert den Blutkreislauf
  • antioxidativ

In Laborexperimenten zeigen sich diuretische und antidiabetische Wirkungen.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Tausendgüldenkraut wird angewendet bei folgenden Indikationen:

  • Appetitlosigkeit
  • dyspeptische Beschwerden (Magenschwäche, Verdauungsschwäche, Gärungsdurchfälle)
  • Magersucht und andere Essstörungen
  • Fieber, virale Infekte, Influenza-Viren, Coxackieviren
  • nervöse Erschöpfungszustände
  • Migräne
  • Rekonvaleszenz
  • Schwangerschaftsübelkeit

Äußerlich werden Zubereitungen aus Tausendgüldenkraut eingesetzt bei schlecht heilenden Wunden und Ekzemen (als Umschläge).

Fallbeispiel

Frau S. litt unter häufigen Magenkrämpfen, Übelkeit, weichen Stühlen und manchmal total schlechter Laune – je nachdem, was sie gegessen hatte. Da sie eine Freundin der Medizin von Hildegard von Bingen war, war sie damit einverstanden, außer Dinkel keine anderen glutenhaltigen Getreidearten mehr zu sich zu nehmen. Außerdem sollte sie morgens, mittags und abends je 1 Tasse Tausendgüldenkraut nach dem Essen trinken. In der Folgezeit beruhigten sich Magen und Darm und durch die Bitterstoffe konnte sie wieder alle schönen Dinge essen, wie Obst und Fruchtsäfte, die sie vorher nicht mehr vertragen hatte.

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Tausendgüldenkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Es kann bei dyspeptischen Beschwerden und bei zeitweilig auftretender Appetitlosigkeit eingesetzt werden. Ähnlich lautet der Indikationstext der Kommission E und ESCOP: Bei Appetitlosigkeit und bei Verdauungsbeschwerden mit leichten Krämpfen im Magen-Darm-Bereich (dyspeptische Beschwerden).

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Volksmedizin wird Tausendgüldenkraut zur inneren Anwendung bei vielen anderen Beschwerden eingesetzt:

  • Blasenentzündungen und Reizblase
  • Verdauungstrakt:
    • Leber- und Gallenbeschwerden („träge Galle“)
    • Schwäche der Bauchspeicheldrüse (Vorstufe von Diabetes, vermindert die Insulinresistenz)
  • Tonisierung:
    • allgemeine Schwäche, Rekonvaleszenz als Stärkungsmittel (Tonikum)
    • leichter Bluthochdruck (durch Gefäßerweiterung)

Tausendgüldenkraut eignet sich aus Sicht der Erfahrungsheilkunde zur äußeren Anwendung bei folgenden Beschwerden:

  • Entzündungen von Mund und Rachen (gurgeln, spülen)
  • Wundbehandlung (Kompressen)

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Die Essenz Centaury bei den Bachblüten macht den eigenen Willen wieder spürbar, sie hilft „Nein“ zu sagen und die eigenen Bedürfnisse besser zum Ausdruck zu bringen.

In der Homöopathie wird die ganze frische Pflanze zur Urtinktur Centaurium erythraea verarbeitet und bei Magenbeschwerden verwendet.

Prävention

Tausendgüldenkraut hält gesund.

Wirkung auf die Psyche

Wenn wir den eigenen Weg nicht mehr finden und nicht mehr wissen, wie es weitergeht, hilft Tausendgüldenkraut (auch in ganz geringer Dosierung), die eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen und sich daran zu orientieren. Es vermittelt die Kraft der Sanftheit, indem es mit seiner leichten Bitterkeit den eigenen Willen stärkt und das nötige Beharrungsvermögen ermöglicht. Es hilft dabei, Aufgaben ablehnen zu können und führt zu neuer Klarheit. Es werden keine halben Sachen mehr gemacht. Persönlichkeit und Seele kommen immer mehr in Einklang. Fröhlichkeit und Lebensfreude tauchen wieder auf und lösen die Melancholie ab.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis 6 g.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Tee aus Tausendgüldenkraut

Den Tee am besten als Kaltansatz zubereiten (dann ist er nur „sanft“ bitter): ½ TL Tausendgüldenkraut mit 250 ml kaltem Wasser übergießen, über Nacht stehen lassen, abseihen, bei Bedarf auf Trinktemperatur erwärmen und vor den Mahlzeiten ungesüßt trinken.

Tausendgüldenkrautwein

In einem großen Weckglas 15 g Tausendgüldenkraut, 10 g Kamille und eine mit der Schale geschnittene (unbehandelte) Orange mit 0,75 l mildem Weißwein übergießen und 10 Tage stehen lassen. Absieben, im Kühlschrank aufbewahren. Ein Likörgläschen Aperitif hilft das Essen zu verdauen.

Behandlungsempfehlung

Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Centaurium erythraea Urtinktur DHU, Ceres Centaurium Urtinktur
  • Kombinationspräparate: Canephron (+Liebstöckel, Rosmarin)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen, Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.
  • Interaktionen: Bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren darf Tausendgüldenkraut nicht eingenommen werden.