Inhaltsverzeichnis
- Geschichte
- Botanischer Steckbrief
- Signatur
- Inhaltsstoffe und Wirkung
- Anwendungsgebiete/Indikationen
- Indikationen nach Monografien
- Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
- Anwendung in anderen Therapiebereichen
- Wirkung auf die Psyche
- Dosis/Dosierung
- Darreichungsformen und Zubereitungen
- Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
Lippenblütler
Geschichte
Der Mönchspfeffer gilt seit dem Altertum als Sinnbild der Keuschheit. Nach Dioscurides hat der Same eine erwärmende und zusammenziehende Kraft. Ein Trank daraus mäßige den Liebestrieb und bewahre die Keuschheit. Seit alters her wurden die ebenfalls scharf schmeckenden Früchte zur Beruhigung des Geschlechtstriebes in der Klosterküche als Pfefferersatz verwendet und Mönchspfeffer genannt. Auch die Nonnen machten sich seine Wirkung zunutze. In Italien wurden die Wege zum Kloster für die Novizen mit Keuschlammblüten bestreut. In der Türkei und in Griechenland schmücken sich die Brautleute manchmal noch heute mit den Keuschlammblüten um den bösen Blick fernzuhalten.
Bei den Tesmophorien, einem griechischen Fest zu Ehren der Göttin Demeter, das nur Frauen feierten, schmückten sich diejenigen, die ihre Keuschheit bewahren wollten, mit den Blüten des Keuschlamm-Strauches und benutzten seine Zweige als Lager.
Plinius, der römische Naturforscher und Geschichtsschreiber im ersten nachchristlichen Jahrhundert, berichtet in seiner Naturalis Historia Keuschlamm vertreibe die Verliebtheit der Frauen, dämpfe die Unkeuschheit und lösche die Begierde zu ehelichem Werk.
Noch vor wenig mehr als 100 Jahren wurden in Frankfurt noch Keuschheitssirupe verkauft.
Botanischer Steckbrief
Der 3–5 m hohe Strauch ist im Mittelmeergebiet zu Hause. Er wird häufig kultiviert und liebt Flussufer oder feuchte Standorte. Seine Äste sind hellbraun und in jungen Jahren flaumig behaart. Die Blätter gestielten Blätter sind gegenständig, 5- bis 7-fach handförmig geteilt, bis zu 10 cm lang und auf der Unterseite weiß filzig. Die wohlriechenden kleinen Blüten sind zweilippig, blau bis fliederfarben und stehen dicht gedrängt in endständigen, verzweigten, ährenartigen Blütenständen. Sie blühen von Juli bis Oktober. Die 4-samigen, runden Früchte erinnern wegen ihrer rötlich schwarzen Farbe und ihrer Größe an schwarzen Pfeffer, sie schmecken auch scharf.
Arzneilich verwendet werden die reifen, getrockneten Früchte (Agni castus fructus).
Signatur
Der Gattungsname Vitex leitet sich vermutlich vom griechischen vitilium = Flechtwerk ab und verweist auf die Verwendung der zähen und harten Zweige des Strauches zur Herstellung von Körben und Flechtzäunen. Die Bezeichnung agnus stammt von den griechischen Worten agnos = keusch, rein und gonos = Nachkommenschaft und wurde bereits von Dioskurides in Zusammenhang mit der weitverbreiteten Ansicht einer anaphrodisischen Wirkung gebraucht. Der lateinische Name castus = keusch weist ebenfalls auf diese Wirkung hin.
Die feinen, längen fingerförmigen Blätter wirken als wollten sie irgendetwas von sich fernhalten. Ihr dumpfer, warmer Geruch hat eine beruhigende, sedierende Wirkung. Das Blau der Blüten ist auch ein wenig müde und die zusammengedrängten einzelnen Blüten an Ende des Stängels scheinen einen schützenden Rückzugsort gefunden zu haben. Sie sind streng rhythmisch angeordnet und deuten damit einen Einfluss auf zyklische Prozesse wie z.B. die Menstruationsblutung an. Der Standort auf feuchtem Boden unterstreicht die Beziehung zum Wässrigen, Fruchtbaren und damit zur Menstruation.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Mönchspfefferfrüchte enthalten folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:
- Iridoidglykoside, v.a. Aucubin, Agnosid
- Flavonoide, u.a. Casticin, Luteolin; sie binden an bestimmte Opioidrezeptoren und gleichen den starken Abfall an körpereigenen Endorphinen bei PMS aus
- bizyklische Diterpene (Labdanverbindungen), sind evtl. für die dopaminerge Wirkung verantwortlich
- ätherisches Öl, u.a. mit Sabinen, Cineol, Pinen
- Bitterstoff Castin
- Polyphenole und Gerbstoffe
- fettes Öl mit Linolsäure
Mönchspfefferfrüchte haben folgende Wirkung:
- gestagenartig, zudem regulieren sie die 2. Zyklushälfte, die mit dem Eisprung beginnt und 2 Wochen andauert
- hemmen die Freisetzung von Prolaktin, z.B. bei zu viel Stress aus der Hypophyse u.a. bei PMS und Mastodynie (wirken dopaminerg)
- harmonisieren das Gleichgewicht zwischen Gestagenen und Östrogenen
- regulieren den Menstruationszyklus durch Anregung der Eierstöcke und der Hypophyse
- gleichen Mangel an Progesteron aus (z.B. zu Beginn der Wechseljahre)
- dämpfen den Sexualtrieb beider Geschlechter
- schützen vor Osteoporose (durch Andocken an Östrogen-Rezeptoren)
Obwohl Mönchspfefferfrüchte Gegenstand vieler wissenschaftlicher Studien waren und sind, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden, welche der Inhaltsstoffe für die hormonartigen Wirkungen verantwortlich sind. Sicher ist, dass der aus den Früchten hergestellte Gesamtextrakt besser wirkt als einzelne isolierte Wirkstoffe.
Anwendungsgebiete/Indikationen
Zubereitungen aus Mönchspfefferfrüchten werden häufig verwendet bei folgenden Indikationen:
- prämenstruelles Syndrom mit folgenden Symptomen, z.B. Brustspannung, gereizte Stimmungslage, Kopfschmerzen, vermehrte Wassereinlagerung – über mehrere Zyklen anwenden
- Spannungsgefühl und Schmerzen in der Brust (Mastodynie)
- Menstruationsstörungen, v.a. zu starke, zu häufige Menstruation (hervorgerufen durch erhöhten Prolaktinspiegel)
- klimakterischen Beschwerden
- Kinderwunsch
- Zyklusregulation nach Absetzen der Pille
- Bei Restless-legs-Syndrom (RLS)
Fallbeispiel
Frieda L. war 16 Jahre alt und hatte bei jeder Menstruation, die zudem völlig unregelmäßig eintrat, starke Schmerzen und Krämpfe. Begleitet waren die Beschwerden von Weltschmerz und Süßhungeranfällen. Die Wärmflasche war ihr Rückzugsort. Mönchspfeffer als Fertigpräparat und Schafgarbe als Tee halfen ihr bei der Hormonumstellung und begleiteten sie dabei, in einen regelmäßigen Zyklus und in das Leben als Frau hineinzuwachsen.
Indikationen nach Monografien
Das HMPC hat Mönchspfefferfrüchte in Form von Trockenextrakten zur Anwendung beim prämenstruellen Syndrom als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Mönchspfefferfrüchte zur Behandlung leichter prämenstrueller Beschwerden eingesetzt werden. Nach ESCOP sind die Früchte des Mönchspfeffers beim prämenstruellen Syndrom einschließlich Spannungsgefühl und Schmerzen in den Brüsten indiziert, außerdem bei Menstruationsstörungen wie zu häufigen, zu wenigen oder fehlenden Regelblutungen. Die Kommission E nennt unregelmäßige Menstruation, prämenstruelle Beschwerden und Mastodynie als Indikationen.
Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
In der Volksheilkunde kommen Extrakte aus Keuschlammfrüchten bei folgenden Beschwerden zur Anwendung:
- Zecken u.a. Ungeziefer (auf die Haut aufsprühen)
- Akne
- Förderung des Milchflusses
- hormonell bedingter Haarausfall
- Anaphrodisiakum
Anwendung in anderen Therapiebereichen
Auch in der Homöopathie wird der Einfluss von Agnus castus auf den Hormonhaushalt bei PMS, Zyklusstörungen und zur Senkung des Prolaktinspiegels genutzt. Unter den vielen Indikationen sind Uterusschmerzen, Depressionen und auch Potenzstörungen oder Prostatahypertrophie.
Agnus castus ist auch in der Spagyrik eine stark auf das Hormonsystem wirkende Essenz. Sie wird eingesetzt bei Beschwerden im Zusammenhang mit der Menstruation, sexuellen Störungen, Milchmangel während der Stillzeit und hormonbedingter Akne.
Wirkung auf die Psyche
Mönchspfeffer bietet die Gelegenheit, sich darüber klar zu werden, was wirklich zählt und was man wirklich selbst möchte. Es gilt herauszufinden, woran man sich anpassen möchte – an Forderungen von außen oder an den eigenen inneren Rhythmus: Dazu gehört der Mut, in sich selbst hineinzuhorchen, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu beachten. Mönchspfeffer unterstützt dabei den Prozess, sich selbst schätzen zu lernen und Schritt für Schritt Vertrauen zu erlangen in den Sinn seines Lebens und dessen Eigenarten. Auch die prickelnde Schärfe eines Mönchspfefferblattes auf der Zunge hilft dabei.
Dosis/Dosierung
Um eine konstante Wirkung zu gewährleisten, sollen Mönchspfefferfrüchte in Form von Fertigarzneimitteln angewendet werden .Die Mönchspfeffersamen können pulverisiert und dann über das Essen gestreut werden. 30–40 mg Mönchspfefferfrüchte pro Tag sind ausreichend.
Darreichungsformen und Zubereitungen
Ein Tee ist nicht gebräuchlich und auch nicht empfehlenswert, da die wirkbestimmenden Bestandteile schlecht wasserlöslich sind.
Behandlungsempfehlung
Bewährte Fertigarzneimittel
- Monopräparate: Agnucaston, Agnolyt, Cefanorm, Femicur N, Mastodynon
- Kombinationspräparate: Bomaklim Complex (+ Cimicifuga, Lilium tigrinum D2, Platinum metallicum D8)
Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
- Nebenwirkungen: Allergische Reaktionen mit Gesichtsschwellungen, Atemnot und Schluckbeschwerden, Kopfschmerzen und Müdigkeit sind möglich.
- Interaktionen: Mönchspfefferfrüchte haben eine dopaminerge Wirkung. Bei gleichzeitiger Einnahme von Dopamin-Rezeptor-Antagonisten kann es deshalb zur gegenseitigen Wirkungsabschwächung kommen.
- Kontraindikationen: Schwangerschaft, Stillzeit, Hypophysentumoren, Mammakarzinom
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