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Pflanzenheilkunde

Afrikanische Teufelskralle (Harpagophytum procumbens)

Abbildung 1. Teufelskralle, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüte.
Abbildung 1. Teufelskralle, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüte.

 

Sesamgewächse

Geschichte

Die Ureinwohner Südafrikas kochten aus den getrockneten Wurzeln einen sehr bitter schmeckenden Tee und tranken ihn bei Verdauungsstörungen oder rheumatischen Erkrankungen. Auch bei Hautkrankheiten, Hautverletzungen, Stoffwechselstörungen und Nieren-, Blasen-, Leber- und Gallenleiden verließen sie sich auf diese pflanzliche Hilfe.

Die afrikanische Teufelskralle darf nicht mit unseren einheimischen Teufelskrallen (Phyteuma-Arten) verwechselt werden, die zu den Glockenblumengewächsen gehören und arzneilich nicht verwendet werden.

Botanischer Steckbrief

Die anspruchslose Teufelskralle wächst auf rotem Sandboden in den Savannen von Namibia, Südafrika, und Botsuanaland. Aus den großen knolligen Wurzeln wachsen nach den ersten Regenfällen die jungen Triebe, die flach am Boden liegen und bis zu 1,5 m lange werden können. Die Blätter sind gestielt und tief gelappt; sie sind meist gegenständig, an den Sprossenden oft auch wechselständig. Die leuchtend rotvioletten Blüten sind bis zu 6 cm lang und stehen in den Blattachseln. Daraus entwickeln sich eiförmige Früchte. Nach dem Aufspringen der Samenkapseln erwachsen daraus mehrere armartige Auswüchse, die sich krallenförmig auseinander spreizen und dabei stark verholzen. Mit ihren spitzen Widerhaken klammern sie sich im Fell von Tieren fest und verbreiten sich auf diese Art. Oft aber bohren sie sich auch in die Hufe der Tiere und verursachen schwere Infektionen – daher der Name Teufelskralle. In der Trockenzeit sterben die oberirdischen Pflanzenteile ab. Aus Primärwurzeln wachsen die sekundären Seitenwurzeln, die 6 cm dick und bis zu 25 cm lang sind. Sie wachsen oft bis zu 1 m tief in der Erde.

Als Arzneidroge verwendet wird die Teufelskrallenwurzel (Harpagophyti radix). Im September/Oktober werden die Seitenwurzeln ausgegraben, gewaschen, noch frisch in 0,5–1,5 cm dicke Scheiben geschnitten und getrocknet. Sie verholzen beim Trocknen sehr schnell und werden sehr hart, deswegen zerkleinert man sie vorher. Die Wurzeln können auch von einer anderen Harpagophytum-Art gewonnen werden, nämlich von H. zeyheri Decne.

Signatur

Der Name Harpagophytum leitet sich ab von dem griechischen Wort harpagos und bedeutet Enterhaken, und phytos ist die das Wort für Pflanze. Der Beiname procumbens bedeutet niederliegend und bezieht sich auf die auf dem Erdboden liegenden Triebe. In ihren zweierlei Wurzeln steckt ein geniales Überlebensprinzip. Die Primärwurzel geht tief in den Sandboden hinein. Dort findet sie immer noch genug Wasser um auch Trockenzeiten zu überleben. In den sekundären Speicherwurzeln stecken die Reserven, die die Pflanze genau in dem Moment mobilisiert, wenn es regnet und sie über der sandigen Erde ihre grünen Triebe üppig verbreiten und zum Blühen bringen kann. In kurzer Zeit bildet sie robuste Samen aus, die sich mit ihren Krallen gut verbreiten können. Überschüssige Energie speichert sie in dicken Seitenwurzeln. So ist sie gut gerüstet, sowohl für Zeiten der Dürre als auch für Zeiten des Überflusses. Diese Flexibilität überträgt sie auf den Menschen.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Teufelskrallenwurzel enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • Iridoidglykoside mit einem Bitterwert von 5000–12.000, darunter 0,5–1,6% Harpagosid; die Iridoide – und hier vor allem Harpargosid – lindern Schmerzen, wirken Entzündungen im Körper entgegen und können den Gelenkknorpel schützen
  • Phytosteringemisch mit beta-Sitosterin und Stigmasterin
  • ungesättigte Fettsäuren
  • Triterpene
  • Flavonoide, u.a. Kämpferol- und Luteolinglykoside
  • freie Säuren (Zimtsäure, Chlorogensäure)
  • Phenolglykoside
  • Saccharide

Teufelskrallenwurzel hat folgende Wirkungen:

  • antiphlogistisch
  • knorpelschützend
  • schwach analgetisch
  • appetitanregend
  • choleretisch
  • antiexsudativ (schützt die Gefäßwände)

Teufelskrallenwurzel und ihrer Zubereitungen hemmen die Freisetzung von Zytokinen (Entzündungsmediatoren) und die Synthese von Prostaglandinen, die ebenfalls Entzündungen auslösen. Gleichzeitig hemmen sie auch die Aktivität der Enzyme, die das Kollagen zerstören und schützen so die Knorpel.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Teufelskrallenwurzel ist angezeigt bei folgenden Indikationen:

  • Bewegungsapparat:
    • degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates
    • Arthrose
    • chronischer Polyarthritis
    • leichte unspezifische und entzündungsbedingte Rückenschmerzen
    • Hexenschuss
    • Gelenkschmerzen im Zusammenhang mit M. Crohn
    • Sehnenentzündungen
  • neurologische Erkrankungen:
    • Fibromyalgie-Syndrom
    • Kopfschmerzen, durch ein HWS-Syndrom ausgelöst
    • Neuralgien

Teufelskrallenwurzel wird oft auch eingesetzt bei rheumatischen Erkrankungen, um synthetische Antirheumatika (mit ihren Nebenwirkungen) einzusparen. Die Bitterstoffe der Teufelskrallenwurzel sind nicht geeignet zur Behandlung des Magen-Darm-Trakts. Für Verdauungsstörungen und Appetitlosigkeit allein gibt es wirksamere Pflanzen mit Bitterstoffen.

Merke

Studien belegen, dass chronische Gelenkentzündungen besser auf eine Therapie mit Teufelskralle ansprechen als akut entzündliche Beschwerden.

Indikationen nach Monografien

Die Kommission E und die ESCOP geben als Indikationen an: Appetitlosigkeit und dyspeptische Beschwerden, die Kommission E fügt hinzu zur unterstützenden Therapie degenerativer Erkrankungen des Bewegungsapparates. Und die ESCOP ergänzt: zur Schmerzbehandlung bei Osteoarthritis und bei Rückenschmerzen. Das HMPC hat Teufelskrallenwurzel als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft und empfiehlt die Anwendung bei leichten Gliederschmerzen und zur Besserung von Verdauungsstörungen (z.B. Blähungen, Flatulenz) sowie bei Appetitlosigkeit. Die WHO führt Studien auf, die zeigen, dass Teufelskralle die Dosis synthetischer Antirheumatika einsparen oder ersetzen kann.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Weitere bewährte Einsatzgebiete der Teufelskrallenwurzel sind folgende Beschwerden:

  • Kreuzschmerzen, die durch Spondylosen (degenerative Veränderungen an Wirbelkörpern) bedingt sind
  • chronisch entzündliche Polyarthritis
  • Weichteilrheumatismus
  • Neuralgien
  • Kopfschmerzen

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Für die Homöopathie werden die dicken, frischen Seitenwurzeln von Harpagophytum zerkleinert und vor dem Trocknen zur Urtinktur angesetzt. Die Dilutionen helfen bei Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates und auch von Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse. ((ist Urtinktur homöopathsiche? Zumindest solange daraus die weiteren Potenzen bereitet werden))

Die Essenz Harpagophytum zählt in der Spagyrik zu den antirheumatischen Mitteln, sie wirkt auf Gelenke und Wirbelsäule. Auch hier sind chronische Beschwerden des Bewegungsapparats  das bevorzugte Einsatzgebiet. Sie hält den Körper beweglich und sorgt nebenbei für eine gute Verdauung.

Wirkung auf die Psyche

Auch auf der seelischen Ebene löst die Afrikanische Teufelskralle Verhärtungen und bringt Beweglichkeit in festgefahrene Perspektiven. Sie hilft dabei, Durststrecken flexibel und kreativ zu überwinden und die Gunst des Augenblicks auszukosten.

Dosis/Dosierung

Die Tagesdosis beträgt 4,5–9 g bei Gliederschmerzen und 1,5–3 g bei Verdauungsbeschwerden. Es hat sich bewährt, die Dosis in drei Einzelportionen als Tee zu sich zu nehmen. Zur Appetitanregung soll der Aufguss jeweils eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten, bei Verdauungsbeschwerden nach den Mahlzeiten getrunken werden.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Teezubereitung

4,5 g bzw. 1,5 g fein geschnittene Teufelskrallenwurzel mit 300 ml kochendem Wasser übergießen und 8 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen; dann abseihen und in drei Portionen über den Tag verteilt trinken.

Merke

Eine aktuelle Studie belegt die gute Wirkung einer Kombination aus Teufelskralle, Hagebuttenpulver und Brennnessel bei Entzündungen des Kniegelenks.

Bewährte Fertigarzneimittel

Behandlungsempfehlung

Es ist wichtig, auf Harpargosid standardisierte Präparate zu verwenden, weil die Art der Verarbeitung von Teufelskrallenwuzel einen Einfluss auf die Wirkung hat. Am besten sind Präparate, die 800–2400 mg Trockenextrakt pro Tag, entsprechend 50–100 mg Harpagosid, enthalten. Der Gesamtextrakt ist wesentlich wirksamer als die Einzelsubstanz.

Behandlungsempfehlung

  • Monopräparate: Arthrotabs Filmtbl., flexi-loges Filmtbl., Harpagophytum-Salbe
  • Kombinationspräparate: Abtei Gelenk 1.100 Tbl (+ Chondroitinpolysulfat, Glucosaminsulfat)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Selten treten Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel und Kopfschmerzen auf; sehr selten wurden Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautauschlag und Nesselsucht beobachtet.
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren darf Teufelskralle nicht eingenommen werden, bei Gallenleiden nach Rücksprache mit dem Arzt.