Inhaltsverzeichnis
- Geschichte
- Botanischer Steckbrief
- Signatur
- Inhaltsstoffe und Wirkung
- Anwendungsgebiete/Indikationen
- Indikationen nach Monografien
- Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
- Anwendung in anderen Therapiebereichen
- Wirkung auf die Psyche
- Dosis/Dosierung
- Darreichungsformen und Zubereitungen
- Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
Sandelholzgewächse (früher Mistelgewächse)
Geschichte
Die Mistel – eine geheimnisvolle Pflanze? Namen wie Hexennest, Teufelsbesen, Mahrtake, Trudennest oder Albkraut sprechen davon. Seit Asterix wissen wir alle von ihren magischen Kräften. Nicht nur in Gallien, im gesamten keltischen und germanischen Raum galt sie als Allzweckzaubermittel und konnte sogar Dämonen vertreiben. In der keltischen Medizin hatte sie die Kraft eines Allheilmittels. Sie war den Druiden heilig, ebenso wie der Baum, auf dem sie wuchs.
Sowohl Dioscurides im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt wie auch die arabischen Ärzte, Hildegard von Bingen und die mittelalterlichen Arztbotaniker verwendeten die Mistel als ein Mittel gegen Epilepsie. Sie sahen, dass die Mistel fest an den Bäumen haftete und nicht herunterfallen konnte und meinten, mit ihrer Hilfe seien auch die betroffenen Menschen vor dem Fallen sicher.
Botanischer Steckbrief
Die Mistel ist ein kleiner immergrüner Strauch, der im Winter hoch oben in den laubfreien Ästen verschiedener Baumarten gut zu erkennen ist. Misteln wachsen sowohl auf Laubbäumen wie Apfelbäumen oder Pappeln und ebenso auf Nadelbäumen wie Tannen oder Kiefern. Misteln, die auf Eichen wachsen, galten schon bei den Kelten als das Heiligste und Wertvollste, sind aber extrem selten zu finden. Weil sie zum Wachsen keine Erde braucht, sei sie „weder Baum noch Kraut“, sagten die alten Kräuterkundigen. Oben auf den Ästen wächst sie in alle Himmelsrichtungen, Schwerkraft spielt für sie keine Rolle. Ihre Zweige gabeln sich sehr regelmäßig in der Form eines Ypsilons. Die Anzahl der Verzweigungen verrät das Alter der Mistel. Jede Abzweigung steht für ein Jahr Wachstum. Schon nach wenigen Wachstumsjahren bildet sich so die kugelige Form, die typisch für die Mistel ist. Die Mistel ist zweihäusig, d.h. es gibt rein weibliche und rein männliche Exemplare. Sie ist ein Halbschmarotzer, über ihre Wurzeln (Senker) entnimmt sie dem Wirtsbaum Wasser und Nährstoffe. Mit ihren immergrünen Blättern ist sie das ganze Jahr über zur Photosynthese fähig. Die Blätter sind gelbgrün, lederartig, länglich-rund und sitzen gegenständig an den Enden der Gabeläste. Die gelben Blüten sind unscheinbar und sitzen zu 3–5 in den Zweiggabeln. Sie blühen im Februar bis März, im folgenden Dezember sind die daraus entstandenen weißen Beeren reif. Sie haben einen schleimig klebrigen Inhalt.
Als Arzneidroge verwendet werden die jungen Zweige und Blätter (Visci herba).
Signatur
Der botanische Name Viscum bedeutet Vogelleim. Die weißen (album) Mistelfrüchte mit dem schleimig-klebrigen Inhalt sind eine Lieblingsspeise der Drosseln. Das Wort Mistel bezieht sich darauf, dass die Pflanze sich mit Hilfe des Vogelmistes verbreitet. Die Samen der gefressenen Beeren werden mit dem Mist der Vögel unverdaut wieder ausgeschieden. Oft bleibt auch der Samen in dem zähen Leim am Schnabel der Vögel kleben und sie streifen ihn direkt an den Ästen des Baumes wieder ab. Dort beginnt er zu keimen und schickt in den folgenden Jahren seine Wurzeln, die Senker, immer tiefer in das Astholz. Die Mistel ist ein Halbschmarotzer und genau darin wird die Parallele zu der Krebserkrankung der Menschen gesehen, für die die Mistel ein geschätztes Vorbeugungs- und Heilmittel geworden ist. Oft gedeihen die Misteln auf knorrigen Bäumen, die auf unterirdischen Strahlenkreuzungen wachsen. Auch Krebserkrankungen werden oft durch geopathische Strahlung mitverursacht. Bauern und Rutengänger glaubten, dass die Misteln dem Baum helfen, die schwächende Strahlung zu mildern. So können sie auch dem Menschen helfen, stärker zu sein als der Krebs.
Die Misteln blühen und fruchten als immergrüne Pflanzen in der dunklen Jahreszeit und trotzen den lebensfeindlichen Strukturen des Winters. Damit ist sie ein Symbol für eine ganz besondere Art der Fruchtbarkeit und für unerschöpfliche Lebenskraft.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Mistelkraut hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:
- Oligopeptide: Viscotoxine und Glykoproteine
- Mistellektine, v.a. Mistellektin 1 als Hauptwirkstoff: es handelt sich um Proteine, die Ribosomen inaktivieren
- biogene Amine (Tyramin, Histamin u.a.)
- Flavonoide
- Polysaccharide
- Kaffeesäurederivate
- Lignane
- Phytosterole
Trotz des Hauptwirkstoffs (Mistellektine) beruht die Wirkung auf einem synergistischen Zusammenwirken aller Inhaltsstoffe:
- zytotoxisch
- immunmodulierend
- blutdrucksenkend, kreislaufstabilisierend
- antiphlogistisch, analgetisch und antinozizeptiv bei Injektionen im Bereich degenerativ und entzündlich veränderter Gelenke
- leicht krampflösend
Anwendungsgebiete/Indikationen
- Tumorerkrankungen: Mistelinjektionen finden weite Verbreitung in der Palliativtherapie bei Tumorerkrankungen. Tumorhemmende Proteine in der Mistel, die Lektine, stimulieren das Immunsystem und seine zellulären Abwehrmechanismen. Sie schützen das Erbgut der Zelle und verhindern die Neubildung von Blutgefäßen
- Erkrankungen infolge eines erhöhten Blutdrucks: Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Schwindelanfälle, Reizbarkeit und nervöse Herzbeschwerden, bei Stresskrankheiten und Burn-out
- degenerativ-entzündliche Gelenkerkrankungen (Arthrose): als intrakutane Injektion zur unspezifischen Reiztherapie eingesetzt; sie fördern die Durchblutung in den betroffenen Gebieten und greifen regulierend in das Geschehen ein
Merke
Zubereitungen der Mistel greifen selektiv die Krebszellen an, ohne gesunde Zellen zu zerstören. Sie aktivieren insbesondere die natürlichen Killerzellen, die Krebszellen zerstören können. Gleichzeitig schützen sie gesunde Zellen vor den Schäden einer Chemo- oder Strahlentherapie. Mistelinjektionen wirken insgesamt positiv auf den Krankheitsverlauf, verbessern die Lebensqualität (Reduktion von Schmerzen und Fatigue) und die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Außerdem verlängern sie die Lebenszeit und beugen Rückfällen vor. Als Nebenwirkung bringen sie Ruhe und Entspannung in das Nervenkostüm und verbessern den Schlaf. Eine Therapie mit Mistelpräparaten führt bei Krebspatienten in der Regel zu einer verbesserten Lebensqualität.
Indikationen nach Monografien
Von der Kommission E erhielt die Mistel ein Positivmonografie zur Segmenttherapie bei degenerativ entzündlichen Gelenkerkrankungen und zur Palliativtherapie im Sinne einer unspezifischen Reiztherapie bei malignen Tumoren.
Die anthroposophische Krebstherapie arbeitet mit Mistelpräparaten, die nach den Grundlagen der Anthroposophie aufbereitet wurden. Solche Präparate dürfen nach den Erkenntnissen der Kommission C (ehemals zuständig für anthroposophische Arzneimittel) „zur Behandlung bösartiger und gutartiger Geschwulstkrankheiten, bösartiger Erkrankungen und begleitende Störungen der blutbildenden Organe und zur Anregung der Knochenmarkstätigkeit und zur Vorbeugung gegen Rückfälle nach Geschwulstoperationen” angewendet werden.
Nach Überprüfung der Datenlage zur Misteltherapie bei Krebsleiden kam das HMPC zu dem Ergebnis, dass Mistelkraut weder als „medizinisch allgemein anerkannt“ („well-established use“) noch als „traditionelles Arzneimittel“ eingestuft werden kann.
Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
Erfahrungsgemäß führen Mistelpräparate zu einer Verbesserung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, der Lebensqualität und zur Verringerung von Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Die hohe Therapietreue der Patienten spricht ganz deutlich für die Mistel.
Phytotherapeutische Mistelpräparate kommen in zwei verschiedenen Darreichungsformen zum Einsatz:
- als Injektion zur unterstützenden Krebstherapie und bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Polyarthritis
- als orales Arzneimittel zur Kreislauf-Unterstützung, bei Hypertonie, Schwindel, Arteriosklerose und Altersbeschwerden
Anwendung in anderen Therapiebereichen
In der Volksheilkunde wurde die Mistel seit Jahrtausenden bei unerfülltem Kinderwunsch angewendet.
In der Gemmotherapie wird Viscum album bei schweren Erkrankungen eingesetzt. Nicht nur bei hohem Blutdruck (Hypertonie)), sondern bei allen Herzproblemen ((evtl. weiter ausführen)). Auch in der Frauenheilkunde hilft sie bei gutartigen Geschwülsten, Endometriose, Zysten und Beschwerden in den Wechseljahren.
Auch in der Homöopathie ist Viscum album angezeigt bei Problemen mit dem Herz-Kreislauf-System, insbesondere bei Schwindel, Hypertonie, Gefäßspasmen und pektanginösen Beschwerden. Außerdem bei Rheumatismus mit ziehenden Schmerzen, Schmerzen und Steifigkeit der Muskulatur. Auch bei Arthrose oder Neuralgien. Es ist besonders geeignet für Menschen in gedrückter Stimmung.
Wirkung auf die Psyche
So wie die Mistel in alle Himmelsrichtungen wächst, vereint sie auch diese Kräfte in sich. Von ihrem ungewöhnlichen Standpunkt aus balanciert sie die Kräfte von Erde und Himmel in sich aus, nimmt damit den Druck aus erdverbundenen Alltagsangelegenheiten und verbreitet himmlische Ruhe und Entspannung. Sie ermuntert dazu, das Unkonventionelle zu leben und sagt: „Alles ist möglich.“ In Begleitung der Mistel verbreitet sich Freude an der Gegenwart und ihrer unbewussten Kreativität. Die innere Klarheit wächst, strömt gelassen mit dem Blut durch den Körper, bringt einen festen Standpunkt und Lebensfreude.
Dosis/Dosierung
Die Tagesdosis beträgt 10 g Droge für Zubereitungen wie Tinkturen, Trockenextrakte, Presssaft. Teezubereitung mit 2,5 g Droge auf 250 ml Wasser. 1–2 Tassen täglich.
Zur Therapie von degenerativen oder entzündlichen Gelenkerkrankungen werden spezielle Mistelzubereitungen (z.B. Helixor M) intrakutan in steigender Dosierung injiziert.
Die Anwendung bei Tumorerkrankungen erfolgt in Form von intrakutanen, subkutanen oder intravenösen Injektionen. Die Dosierung richtet sich nach den Angaben der Hersteller.
Darreichungsformen und Zubereitungen
Behandlungsempfehlung
Misteltee bei leicht erhöhtem Blutdruck
Tee aus der Mistel muss kalt angesetzt werden, um die Wirkstoffe zu erhalten. 1 EL Mistelkraut mit 250 ml kaltem Wasser übergießen, 8–10 Stunden lang bei Zimmertemperatur stehen lassen. Absieben, morgens und abends einen Becher voll trinken. Nach 4–6 Wochen eine Pause von 4 Wochen einlegen.
Blutdrucktee nach R. F. Weiss
Rp.
Visci albi herb. (milde Blutddrucksenkung)
Crataegi fol. et flos (Koronardurchblutung stärkend)
Melissae fol. aa ad 100,0 (Kardiosedativum)
M.f.spec. D.S. 2 TL mit 1 Tasse heißem Wasser überbrühen, 5–10 Min. ziehen lassen, abseihen. Morgens und abends je 1 Tasse warm schluckweise trinken. Eventuell mit Honig süßen.
Einreibung für schmerzende Gelenke
1 Handvoll Mistelkraut mit 1 l heißem Wasser übergießen, 20 Min. ziehen lassen. Absieben, eine Kompresse oder Baumwolltuch damit tränken, ausdrücken, Auflagen machen bei Ischias, Nervenentzündungen, schmerzenden Krampfadern oder rheumatischen Gelenkschmerzen.
Behandlungsempfehlung
Bewährte Fertigarzneimittel
- Monopräparate: Iscador, Lektinol, Viscum album Urtinktur Ceres, Mistel Curarina Tr. Injektionspräparate von Abnoba, Helixor, Wala oder Weleda
- Kombinationspräparate: Cefavora (mit Weißdorn, Ginkgo). Viscum comp. Tr. Wala
Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
- Nebenwirkungen: Die ganz Pflanze ist leicht giftig. Bei Einnahme in therapeutischen Dosen gibt es keine Nebenwirkungen. Wer Mistel selber erntet, muss vor Gebrauch die Beeren entfernen. Bei Injektion von Mistelzubereitungen kann es zu Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen, pektanginösen Beschwerden, Kreislaufstörungen, allergischen Reaktionen kommen. Am Injektionsort können sich subkutane Knoten bilden, außerdem können Lymphknoten anschwellen.
- Interaktionen: Mistelkraut soll nicht mit anderen Immunstimulanzien kombiniert werden.
- Kontraindikationen:
- Eine Krebstherapie mit Mistelzubereitungen ist nicht angezeigt bei Vorliegen einer Eiweiß-Überempfindlichkeit und bei chronisch-progredienten Infektionen (z.B. Tuberkulose) sowie bei akut entzündlichen und hoch fieberhaften Erkrankungen.
- Während Schwangerschaft und Stillzeit darf Mistelkraut in keiner Form angewendet werden.
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