Inhaltsverzeichnis
Korbblütler
Geschichte
Huflattich ist wohl eine der ältesten Hustenpflanzen, die seit 4500 Jahren bei Atemwegserkrankungen genutzt und geschätzt wird. Sogar in seinem botanischen Namen Tussilago farfara ist das zu hören. Tussis bedeutet Husten und ago heißt ich vertreibe. Far ist das Mehl und ferre = tragen und beschreibt die weißgrau behaarte Unterseite der Blätter, die aussehen, als wären sie mit Mehl bestäubt. Frei übersetzt bedeutet Tussilago farfara: Ich vertreibe den Husten und trage bemehlte Blätter. Und genau das tut diese Pflanze: Hartnäckiger Husten, Heiserkeit, Verschleimung, Katarrhe haben keine Chance. Brustlattich heißt er deswegen auch bei uns. Wie kleine Sonnen kommen die Blüten an den ersten warmen Tagen im Februar aus der Erde und strahlen oft noch über dem schmelzenden Schnee. Sohn vor dem Vater werden sie genannt, weil die gelben Blüten lange vor den Blättern aus der Erde kriechen. Oder Märzenblume, weil sie da so richtig schön blühen. Wenn sich dann im Sommer die Blätter ausgebreitet haben, werden sie vielseitig verwendet. Als Butterblätter dienten sie zum Einwickeln und Frischhalten von Butterballen. Als Hitzblätter schützen sie vor intensiver Sonnenstrahlung und ziehen bei Sonnenbrand die Hitze der Haut, die Rötung und das Brennen einfach heraus. Wanderers Klopapier erzählt von einem sehr praktischen Nutzen; zu diesem Zweck gebrauchte Blätter sind sicher umweltfreundlicher als die heute überall sichtbaren waschmaschinenfesten weißen Papiertaschentücher in der Landschaft. Besonders ältere Herren rauchten die getrockneten Tabaksblätter gerne zur Pflege der strapazierten Bronchien.
Hildegard von Bingen empfahl die Blätter als Auflage bei geschwollenen Drüsen. Kräuterpfarrer Sebastian Kneipp schwärmte: „Huflattich ist ein echter Fegewisch für die Brust im Inneren". Er legte Huflattichblätter auch außen auf die Brust um sie zu „reinigen". Außerdem nutzte er die wundheilenden Fähigkeiten der Blätter und legte sie auf offene Geschwüre.
Botanischer Steckbrief
Unter der Erde wächst ein kräftiger, schuppiger Wurzelstock. Er hat im vorausgegangenen Sommer so viel Sonnenenergie getankt, dass er im Frühling zu den ersten Pflanzen gehört, die genug Kraft haben, den harten, steinigen, oft lehmigen und kalten Erdboden zu durchbrechen und einen leuchtenden gelben „Blütengruß an die Sonne“ zu schicken.
Huflattich wächst häufig auf lehmigem, verdichtetem Boden, gerne an Wegrändern. Die Blütenstängel sitzen voller kleiner Schuppenblätter, die wie von Spinnenweben überzogen behaart aussehen. Darauf öffnen sich die bis zu 3 cm großen gelben Blütenköpfe. Die Laubblätter kommen erst einige Wochen später, wenn es wärmer geworden ist. Sie werden bis zu 25 cm groß, sind herzförmig, rundlich und leicht gezähnt. Die Blattoberseite ist kahl und dunkelgrün, die Blattunterseite mit einem weißen Haarfilz bedeckt (bemehlt). Der Blattstiel ist oben breit gefurcht. Die Früchte sind braun, 3–11 mm lang mit einem mehrreihigen, aus weißglänzenden Haaren bestehenden Pappus als Flugorgan.
Arzneilich verwendet werden die Huflattichblätter (Farfarae folium). Die beste Sammelzeit für die Laubblätter ist der Mai. Sie sollten etwa handtellergroß und in der Sonne gewachsen sein.
Signatur
Die gelbe Blüte ist eine Signatur der Sonne und bringt diese Kraft auch in den Körper. Die kleinen Röhrenblüten in der Mitte zeigen beim Aufblühen einen fünfzackigen Stern: Dieses Symbol der Venus ist vielleicht verantwortlich für die Lebensfreude, die der Huflattich ausstrahlt. Die großen lappigen Blätter und ihre scharf gezeichnete Nervatur verweisen auf eine Wirkung auf die Lunge.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Huflattichblätter hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltstoffe:
- 6–10% Schleimstoffe, es handelt sich um saure Polysaccharide, die reizlindernd wirken
- 17% Gerbstoffe, die entzündungshemmend wirken
- 0,05% Bitterstoffe, die den Stoffwechsel aktivieren
- Triterpene, alpha und beta-Amyrin
- Phytosterole (u.a. beta-Sitosterol, Campestrol)
- Inulin
- Flavonoide
- ätherisches Öl
- Salpetersalze und andere Mineralien
- Pyrrolizidinalkaloide inklusive deren N-Oxide, in Spuren bis zu 0,015%
- Tussilagon – ein Sesquiterpenester in geringen Mengen, zeigt experimentell eine Wirkung als Atemstimulans
Russische Wissenschaftler erforschen aktuell die Polysaccharide des Huflattichs. Im Laborversuchen schützen sie Knochenmarks- und Dünndarmepithelzellen vor den Folgen einer Chemotherapie und zeigen außerdem genprotektive Eigenschaften.
Merke
Pyrrolizidinalkaloide
Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind eine Gruppe von Naturstoffen, die in Tierversuchen in Abhängigkeit von ihrer molekularen Struktur lebertoxisch, genotoxisch und karzinogen wirken können. PA´s befinden sich in Huflattich, Pestwurz, Alpendost, Kreuzkraut und Beinwell. Allerdings muss man anmerken, dass im Huflattich nach genaueren Untersuchungen zum allergrößten Teil nur nichttoxische PA (mit gesättigtem Necinring – Tussilagin, Isotussilagin) nachgewiesen werden konnten. Trotzdem wurde der Huflattich in einem Atemzug mit Pestwurz- oder Alpendostblättern genannt, die wesentlich höhere Konzentrationen an lebertoxischen und karzinogenen P, z.B. Senkirkin, Senecionin enthalten. Die Kommission E hat deswegen die Anwendung dieser Pflanzen vorsichtshalber auf 2–3 Wochen am Stück und 4–6 Wochen pro Jahr begrenzt.
Huflattich hat folgende Wirkungen:
- Atemwege:
- lindert den Hustenreiz, indem der Schleim den Rachenraum auskleidet
- löst den zähen Schleim und den Krampf (sekretolytisch, spasmolytisch)
- expektorierend erleichtert das Abhusten
- stärkt die glatte Bronchialmuskulatur
- antibakteriell gegen gramnegative Keime und hemmt dadurch die Entzündung
- strafft und entwässert die geschwollenen Schleimhäute in Rachen und Atemwegen
Anwendungsgebiete
Von Huflattich fehlen pharmakologische Daten und klinische Studien. In der Jahrtausende alten Erfahrungsheilkunde hat er sich bewährt bei der inneren und äußeren Anwendung.
Innere Anwendung
Die innerliche Anwendung betrifft v.a. Erkrankungen der Atemwege:
- Heiserkeit
- trockener Reizhusten, krampfartiger, chronischer Husten, festsitzender Husten und Erkältung
- Staublunge, Lungenemphysem – um das Abhusten zu erleichtern, morgens vor dem Aufstehen 1 Tasse Tee mit Honig gesüßt trinken
- Inhalation bei verschleimten Bronchien (hier wirken die Salpetersalze)
- lokale Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut
Äußere Anwendung
Für die äußere Anwendung werden die frischen Blätter geklopft, bis der Saft austritt und mit der Unterseite auf die betroffenen Stellen gelegt. Das wirkt kühlend und heilend bei Entzündungen an den Füßen, bei Verbrennungen, Sonnenbrand, Venenentzündungen und Hautausschlägen. Bei der äußeren Anwendung gilt die Einschränkung für die Pyrrolizidinalkaloide nicht.
Fallbeispiel
Bei einem Kräuterspaziergang an einem sonnigen Tag im Mai faszinierten uns die Pflanzen so sehr, dass wir immer wieder unsere Blicke und damit auch die Köpfe Richtung Erdboden senkten – und nicht bemerkten, wie die Sonne langsam aber sicher unseren Nacken roter und roter werden ließ. Erst als sie auf dem Heimweg auch noch von hinten auf den Rücken schien, wurde es zu viel. Zum Glück wuchsen am Wegesrand Huflattichblätter. Wir pflückten die Hitzeblätter und befestigten sie irgendwie in unserem Nacken. Das kühlte angenehm. Und als wir nach einer guten Stunde in unserer Unterkunft ankamen, waren Rötung und Schmerz schon wieder verschwunden – dank den Hitzeblättern.
Indikationen nach Monografien
Die Kommission E erlaubt die Anwendung von Zubereitungen aus Huflattichblättern bei akuten Katarrhen der Luftwege, die mit Husten und Heiserkeit einhergehen, und bei akuten, leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Die Kommission weist darauf hin, dass mittlerweile Huflattichsorten gezüchtet wurden, die frei von Pyrrolizidinalkaloiden sind und die zur Herstellung eines Presssaftes verwendet werden (Tussilago farfarae „Wien“).
Huflattich wurde von der ESCOP, WHO und HMPC nicht als traditionelles Arzneimittel eingestuft.
Wirkung auf die Psyche
Der Huflattich – selbst ein Pionier – hilft uns, in Pioniersituationen zu bestehen. Er steckt voller Freude und Frühlingskraft, die er aus seinen Wurzeln zieht und in das Strahlen seiner Blüten, die Kraft seiner Blätter und in die vielen Samen schickt. Diese Lebensfreude überträgt er auf den Betrachter und hilft ihm, den eigenen Willen zu nutzen. Er öffnet die Pforten der Wahrnehmung für Botschaften und Intuition und hilft, das Einzigartige in sich selbst und anderen zu erkennen und zu leben. Huflattich macht stark im Umgang mit Stress und ermuntert bei einem Mangel an Durchsetzungskraft, zu zeigen was in einem steckt. Die Kraft der Erde verbindet er mit der Kraft der Sonne zu Klarheit, Weitsicht und Leichtigkeit. Und er hilft, sich über Abhängigkeiten und Suchtverhalten klar zu werden und sie zu beenden.
Dosis/Dosierung
Tagesdosis 4,5–6 g Huflattichblätter. Die Tagesdosis bei Tees darf nicht mehr als 0,01 mg Pyrrolizidinalkaloide, bei Extrakten und Frischpflanzenpresssaft nicht mehr als 0,001 mg enthalten. Allerdings wird von der Nutzung selbst gesammelter Huflattichblüten und -blätter abgeraten.
Tee mit Huflattichblättern, bei denen nicht gewährleistet ist, dass es sich um eine Pyrrolizidinalkaloid-freie Sorte handelt, sollte nicht länger als 2–3 Wochen am Stück bzw. 4–6 Wochen im Jahr getrunken werden.
Darreichungsformen und Zubereitungen
Behandlungsempfehlung
Huflattichtee
1 TL getrocknete Huflattichblätter mit 250 ml kochendem Wasser aufgießen, 10 Min. zugedeckt ziehen lassen, absieben. Bei Bedarf 3 Tassen pro Tag.
Hustenteemischung
Huflattichblätter 30 g
Eibischwurzel 20 g
Isländisch Moos 10 g
Süßholzwurzel 10 g
Anisfrüchte 10 g
Einen TL voll pro Tasse 10 Min. ziehen lassen; morgens und abends je 1 Tasse trinken, mit Honig süßen. Eine gute und gut schmeckende Mischung.
Behandlungsempfehlung
Fertigarzneimittel
Huflattich ist nur noch kosmetisch in Shampoos gegen Schuppen und Haarausfall enthalten.
Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
Es sind keine bekannt.
- Nebenwirkungen, Interaktionen: Es sind keine bekannt
- Kontraindikationen:
- Angesichts des Gehalts an toxischen Pyrrolizidinalkaloiden ist von einer Anwendung von Huflattichblättern während der Schwangerschaft und Stillzeit abzuraten, ebenso bei Kindern und Jugendlichen.
- Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler (Asteraceae) sollte auf die Einnahme von Huflattich verzichtet werden (Kreuzallergie möglich).
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