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Pflanzenheilkunde

Gewöhnlicher Steinklee (Melilotus officinalis)

Schmetterlingsblütler, Fabaceae

Abbildung 1. Gewöhnlicher Steinklee, Pflanzen mit Stängel, Blättern und Blüten.
Abbildung 1. Gewöhnlicher Steinklee, Pflanzen mit Stängel, Blättern und Blüten.

Geschichte

Von dem süßen Duft des Steinklees leitet sich der lateinische Name ab: Mel bedeutet Honig, lotos ist die Blüte. Officinalis ist der Beiname für eine alte Heilpflanze. Imker schätzen ihn noch heute als Bienenweide, denn die Bienen lieben seinen süßen Nektar. Im antiken Griechenland galt der Steinklee als eine Pflanze der Schönheit und Reinheit. Er war den neun Musen der schönen Künste, den Töchtern des Zeus, geweiht. Die Germanen hatten den Steinklee Ostara, der weißen Göttin des Ostens, gewidmet. Sie warfen geflochtene Kränze aus Steinklee in die Osterfeuer und feierten so den Frühling. Später ging diese Verehrung auf Maria über und die Pflanze bekam nach der Form ihrer Blüten den Beinamen Liebfrauenschühlein.

Im Jahre 1922 beobachteten Farmer in Nordamerika, dass viele Schafe an der Süßkleekrankheit erkrankten und oft mit schweren Blutungen starben. Die Suche nach der Ursache in den folgenden Jahren erbrachte die Erkenntnis, dass im Steinklee Cumarin enthalten ist. Aus diesem Cumarin bildet sich durch Gärung und Fäulnisprozesse Dicumarol, das starke gerinnungshemmende Eigenschaften hat. So wurde Dicumarol aus dem Steinklee zum pflanzlichen Vorläufer einer Reihe von chemisch synthetisierten Antikoagulantien, deren bekanntester Vertreter das Marcumar ist.

Als der amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower 1955 einen Herzinfarkt erlitt, behandelte man ihn mit Warfarin, einer damals neuen Substanz, die aus Dicumarol weiter entwickelt wurde. Mit Erfolg – er starb erst 1969 – und Warfarin wurde ein Standardmedikament zur Behandlung von Thrombosen.

Hinweis

Weil er so belebend duftet, wurde der Steinklee in früheren Jahrhunderten zur Aromatisierung der Räume auf die Böden gestreut. Wer eine weite Reise unternehmen wollte, legte sich Steinklee in die Schuhe, verbesserte damit seine sympathische Ausstrahlung und wusste das Glück auf seiner Seite.

Botanischer Steckbrief

Steinklee ist eine sehr anspruchslose Pflanze – der Name verrät ihren Standort. Auf Unkrautfluren, Weg- und Straßenrändern, Schuttplätzen fühlt er sich wohl, verzweigt sich stark und wird bis zu 150 hoch. Seine Blätter sind dreizählig gefiedert mit gezähnten Teilblättchen. Ab Juli zeigen sich die zahlreichen gelben Blüten, die in 4–10 cm langen Trauben mit bis zu 70 Einzelblüten an den Stängeln hängen. In dem Aufbau ihrer Blüten sind Fahne und Flügel länger als das Schiffchen in ihrer Mitte. Die Samen reifen in Fruchthülsen heran, die unbehaart sind und leicht „querrunzlig“ aussehen. Die Blüten verströmen einen charakteristischen aromatischen Duft: Frisch riechen sie nach Honig, beim Trocknen entwickelt sich der Cumaringeruch nach getrocknetem Heu. Man braucht ein Messer um diese zarten Blüten zu pflücken, denn die Stängel sind sehr fest und hart.

Es gibt noch zwei andere Steinklee-Arten, die sich gut unterscheiden lassen: Der Weiße Steinklee (Melilotus alba) hat weiße Blüten und netznervige Samenschalen. Der Hohe Steinklee (Melilotus altissimus) hat ebenfalls gelbe Blüten, deren Flügel und Fahne etwa gleich lang sind wie das Schiffchen, die Früchte sind „netzrunzlig“ mit nur zwei Samen. Beide Arten können genauso verwendet werden, allerdings sind sie weniger wirksam, erfordern also eine höhere Dosierung.

Als Arzneidroge verwendet wird das blühende Kraut (Meliloti herba). Geerntet werden die oberen Zweige und Blätter.

Signatur

Die Gestalt des Steinklees ist sehr filigran, es gibt keine dicken, festen, starren Strukturen. Unzählige kleine Blätter und noch viel mehr und noch kleinere Blüten ergeben ein leichtes und luftiges Gesamtbild. Das Leichte und Flüchtige zeigt sich auch in seinem Geruch, der zuerst nach Honig (Honigklee) und gleich danach nach Cumarin duftet. Dieses Cumarin verflüssigt das Blut, löst also auch im menschlichen Körper das Erstarrte und Verhärtete und bringt es ins Fließen. Obendrein hellt dieser Duft spürbar die Stimmung auf.

Die dreigliedrigen Blätter deuten auf eine leichte Leberwirksamkeit hin.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Arzneipflanzenforscher haben annähern 100 Komponenten an Inhaltstoffen identifiziert. Wirksamkeitsbestimmend sind:

  • 7% Hydroxyzimtsäure-Derivate, zu denen auch die glykosidischen Vorstufen des Cumarins, das Melilotosid, Melilotin und die Melilotsäure, gehören. Aus diesen geruchlosen Vorstufen entsteht beim Trocknen das flüchtige Cumarin.
  • Flavonoide, Kämpferol, Quercetin u.a.
  • Gerbstoffe
  • Phenolcarbonsäuren
  • Saponine
  • Schleimstoffe
  • ätherisches Öl

 Steinklee wird bevorzugt als Venenmittel eingesetzt. Es hat folgende Wirkungen:

  • Gefäße und Kreislauf:steigert die Widerstandskraft der feinsten Kapillaren (Kapillarresistenz)
  • vermindert die Durchlässigkeit der Gefäßwände (Kapillarpermeabilität)
  • verbessert die Mikrozirkulation
  • fördert den Rückfluss des venösen Blutes zum Herzen
  • verbessert den Abtransport der Lymphe
  • antiödematös: schwemmt Ödeme aus und verhindert weitere Ödeme. Durch die Stimulierung der Makrophagen wird die Proteolyse von bereits in das Gewebe gedrungenen Eiweißmolekülen gefördert. Da die Eiweiße vermehrt Wasser binden, führt ihre Auflösung zum Abbau der Ödeme
  • abschwellend, schmerzstillend und entzündungshemmend
  • hemmt die Blutgerinnung

Anwendung und Dosis

Zubereitungen aus Steinklee kommen zur inneren Anwendung bei folgenden Indikationen:

  • Venenerkrankungen:
    • chronisch venöser Insuffizienz mit müden und schmerzenden Beine, Schwellungen, Krampfadern, Hämorrhoiden und nächtlichen Wadenkrämpfen
    • Thromboseprophylaxe und postthrombotisches Syndrom
  • Lymphstauungen, verhärteten Lymphknoten, Lymphödemen nach Brustoperationen
  • vereiterte Milchdrüse
  • Haut: Gesichtsröte (Cuperose) entstaut Steinklee die roten Äderchen, stärkt Gewebe und Gefäßwände. Auch in Kombination oder abwechselnd mit Wasserhanf (Eupatorium cannabinum)

Zubereitungen aus Steinklee kommen zur äußeren Anwendung als Einreibungen mit Salbe oder Öl bei Prellungen, Verstauchungen, Blutergüssen und Besenreisern. Es lässt sich auch gut kombinieren mit Rosskastanie.

Indikationen nach Monografien

Steinklee erhielt eine Positivmonografie des HMPC, der ESCOP und der Kommission E.

Die Kommission E nennt als Indikationen chronisch-venöse Insuffizienz, adjuvant bei oberflächlichen Thrombosen und entzündlichen Venenerkrankungen, Lymphstauungen und beim postthrombotischen Syndrom. Auf die äußere Anwendung bei Prellungen, Verstauchungen und oberflächlichen Blutergüssen wird verwiesen.

Das HMPC stuft Steinklee als traditionelles Mittel ein. Basierend auf langjährigen Erfahrungen kann er eingesetzt werden bei leichten Schmerzen und Schwere in den Beinen, die zurückzuführen sind auf geringfügige, venöse Kreislaufstörungen. Ebenso zur Behandlung von kleineren Entzündungen der Haut.

Nach Angaben der ESCOP ist Melilotus geeignet zur symptomatischen Behandlung von Krampfadern und damit einhergehenden schmerzhaften und schweren Beinen, nächtlichen Wadenkrämpfen, Juckreiz und Schwellungen.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Hippokrates beschreibt die Anwendung der Blüte als Pflaster bei vereiterten Geschwüren. Jahrhunderte später berichten auch Dioscurides und Plinius über die zusammenziehende und erweichende Wirkung des Steinklees bei „hitzigen Geschwülsten“ der Haut und eingenommen helfe er bei Magenschmerzen, Gebärmutter- und Leberleiden. Die Arzt-Botaniker des 16. Jahrhunderts beschreiben die schmerzstillende, schweiß- und harntreibende, auswurffördernde, geschwulsterweichende und wundheilende Wirkung.

Die Erfahrungsheilkunde nutzt ein mit Steinklee gefülltes Kräuterkissen und legt es auf entzündete Gelenke und Geschwülste um Furunkel, Karbunkel und Brustdrüsenverhärtungen aufzulösen: Das Säckchen wird mit heißem Wasser übergossen, ausgedrückt und so heiß wie möglich auf die schmerzende Stelle gelegt. Mit einem Handtuch o.ä. umwickeln und bis zum Erkalten liegen lassen. Auch Kompressen oder ein heißer Umschlag sind möglich.

Wirkung auf die Psyche

Die feinstoffliche Ebene des Steinklees reinigt die Aura und schützt sie vor Ansteckungen, auch von Gedanken und Gefühlen anderer. Er sorgt für Klarheit und einen klaren Blick und schärft das Gehör für die eigene innere Stimme. Steinklee bringt Schwung in Vorhaben, die sich dahinschleppen und den rechten Schwung verloren haben. Er löst mentale Blockaden und beseitigt Verhärtungen – auch in Gedanken und Gefühlen. Das bringt mehr Leichtigkeit und neue Lebenskräfte.

Fallbeispiel

„Duftendes Glück“ nannte eine Teilnehmerin einer Kräuterwanderung den Duft des Steinklees. Sie hatte sich im vorigen Jahr ein Sträußchen davon gepflückt und es zuhause in Aprikosenkernöl eingelegt. Sie benutzte es nach dem Abfiltrieren als Körperöl und holte sich so den Sonnenschein in den Winter.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie findet der Steinklee Verwendung bei pulsierenden Kopfschmerzen, Migräne und Neigung zu Nasenbluten.

Dosis/Dosierung

Die mittlere Tagesdosis Steinklee für Erwachsene ist die Menge Droge, die einem Gehalt von 3–30 mg Cumarin entspricht.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Tee aus Steinklee

1–2 TL getrockneter Steinklee mit 250 ml heißem Wasser übergießen und 10 Min. zugedeckt ziehen lassen. 2- bis 3-mal täglich 1 Tasse. Mit diesem konzentrierten Tee können auch gut Kompressen oder heiße Umschläge gemacht werden, die auf schmerzende Stellen oder auch Brustdrüsenverhärtungen gelegt werden.

Bei Krampfadern sowohl den Tee trinken und zusätzlich Umschläge machen (2 TL Steinklee getrocknet mit 150 ml heißem Wasser übergießen, 10 Min. zugedeckt ziehen lassen, Kompresse eintauchen, ausdrücken, auflegen).

Dampfbad mit Steinklee

Bei Ohrenschmerzen hilft ein Dampfbad: 2 Handvoll getrocknete Kräuter (eine Mischung aus Steinklee, Roter Malve, Kamille und Königskerzenblüten) in einer großen Schale mit 2 l heißem Wasser übergießen. Den Kopf darüber beugen, Kopf und Schale mit einem großen Handtuch abdecken, sodass darunter eine „Kräuter-Dampf-Klimazone“ entsteht. Diesen Dampf so heiß wie möglich durch den offenen Mund einatmen und durch Schieflegen des Kopfes direkt in das Ohr leiten. 10–15 Min. durchführen. Anschließend einen warmen Tropfen Johanniskrautöl oder Königskerzenöl ins Ohr träufeln. Das Öl auf einem vorher angewärmten Teelöffel vorwärmen.

Bei Augenreizungen hilft ein Dampfbad mit einer Mischung aus Steinklee mit Augentrost und blauer Malve.

Steinklee-Öl

Das obere Drittel einer Steinkleepflanze mit Blättern, Stängelteilen und auch Samen abschneiden, zerkleinern, in ein Schraubdeckelglas geben und mit einem guten Pflanzenöl bedecken. An einem hellen Platz, aber nicht an der Sonne, stehenlassen, täglich umschütteln und nach etwa 4 Wochen durch einen Kaffeefilter abfiltrieren und in dunkle Flaschen abfüllen.

Breiumschlag mit der frischen Pflanze

2–3 frische Zweige (etwa die oberen 30 cm) der blühenden Pflanze zerschneiden und im Mörser anreiben, damit der Pflanzensaft auftritt. Den Brei in eine Mullkompresse wickeln und auf die zu behandelnde Stelle legen und fixieren. Solange wie möglich liegen lassen.

Teemischung für die Durchblutung der Venen

Steinkleekraut (30 g), Waldmeisterkraut (20 g), Rosskastanienblüten (20 g), Arnikablüten (10 g), Ringelblumenblüten (10 g), Weißdornblüten (20 g). Alle Kräuter mischen und in einer Dose dunkel aufbewahren. 1 TL mit 250 ml kochendem Wasser aufgießen, 10 Min. zugedeckt ziehen lassen. 2- bis 3- mal täglich 1 Tasse.

Behandlungsempfehlung

Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Melilotus officinalis Urtinktur (Ceres, DHU, Spagyra)
  • Kombinationspräparate: veno-loges® N Injektionslösung

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: In seltenen Fällen Kopfschmerzen.
  • Interaktionen: Steinklee nicht innerlich anwenden, wenn bereits Blutverdünner (Aspirin*, Marcumar*) eingenommen werden. Patienten mit einer Leberkrankheit in der Krankheitsgeschichte sollen Steinkleekraut vorsichtshalber nicht einnehmen, weil Cumarin bei verschiedenen Tierarten lebertoxisch wirkte.
  • Kontraindikationen: Auch in Schwangerschaft und Stillzeit besser darauf verzichten, da keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vorliegen.

Hinweis

Die aktuelle Forschung (2018) untersucht Steinklee auf seine Qualitäten als Antioxidans. In Tierversuchen wirkt er entzündungshemmend und zeigt Wirkungen gegen Tumorerkrankungen und HIV-Infektionen. Eine andere Forschergruppe befasst sich mit der schützenden Wirkung eines Steinkleeextraktes auf das Gehirn bei akuten zerebralen Durchblutungsstörungen (s.o. Zitat Tabernaemontanus). Polnische Forscher fanden 2017 heraus, dass ein Extrakt aus dem Steinklee starke leberschützende Eigenschaften hat.