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Pflanzenheilkunde

Fenchel (Foeniculum vulgare)

Doldenblütler

Abbildung 1. Blüten des Fenchels.
Abbildung 1. Blüten des Fenchels mit Stängel.

 

Geschichte

Der griechischen Sage nach stahl vor Urzeiten Prometheus den Göttern das Feuer vom Olymp. Dazu nahm er den leicht entflammbaren Stängel eines RiesenFenchels und hielt ihn in das Feuer des brennenden Sonnenwagens, den der Gott Helios lenkte. Das Mark des Fenchels begann zu glühen und erlosch auch im Wind nicht. So trug Prometheus das Feuer zu den Menschen. Für diesen Diebstahl wurde er grausam bestraft und über die Menschen kamen unzählige Plagen. Der Fenchel aber galt seit dieser Zeit als eine Pflanze, die symbolisch Licht und Himmelsfeuer vermittelt und somit Erkenntnis schenkt.

Fenchel wird seit Urzeiten als Gewürz und Heilmittel geschätzt. Im ägyptischen Papyrus Ebers findet sich eine Anwendung, die auch heute noch bekannt ist: Eine Abkochung aus Fenchelfrüchten dient zum Aufweichen verklebter Augenlider. Das Pen T´sao, ein chinesisches Rezeptierbuch, empfiehlt die Verwendung bei Koliken. Griechen und Römern half er bei Magenleiden und auch als Hilfe bei Menstruationsstörungen war er bekannt. Schließlich waren es die Benediktinermönche, die den Fenchel nach Norden über die Alpen brachten, wo seine Anwendung später in den Kräuterbüchern gepriesen wird, u.a. bei stinkendem Atem, Husten, zur Magenstärkung, gegen Blähungen und gegen Verstopfung.

Botanischer Steckbrief

Fenchel ist im Mittelmeergebiet heimisch und wird heute in den gemäßigten Zonen Europas, Asiens, Afrikas und Südamerikas angebaut. Es gibt ihn in drei verschieden Arten: Der Wilde oder Bittere Fenchel (Foeniculum vulgare var. vulgare) schmückt mit seinen gelb-grünen Blüten unzählige Straßenränder. Der Doldenblütler wird bis zu 2m hoch und duftet in allen Teilen fein aromatisch. Die runden Stängel sind bläulich bereift. Die Blätter sind äußerst fein gefiedert, blaugrün und kahl. Die in fröhlichem Gelb leuchtenden Blüten wachsen in einer zusammengesetzten Dolde, jede einzelne sieht aus wie ein kleines Feuerwerk. Die 5–10mm langen Früchte zerfallen beim Trocknen in 2 Teilfrüchte mit je 5 deutlichen Rippen. Sie schmecken bitter und etwas scharf (Foeniculi fructus). Die Samen des Süß-Fenchels (Foeniculum vulgare var. dulce) würzen viele Gerichte und schmecken auch in Brot oder Gebäck. Sie sind deutlich heller, riechen würzig und weisen ein süßliches Aroma auf. Die Knollen des Gemüsefenchels (Foeniculum vulgare, var. azoricum) mit seinen knotigen Verdickungen am Grunde des Stängels werden in der Küche verwendet.

Arzneilich verwendet werden die Früchte (Foeniculi fructus).

Abbildung 2. Fenchel-Samen
Abbildung 2. Fenchel-Samen

Signatur

Schon die Griechen glaubten, Fenchel schärfe Verstand und Konzentration und kläre den Blick für die Schönheiten der Natur. Mit seinem luftigen Erscheinungsbild zeigt er an, dass er – wie alle Doldenblütler – einen Einfluss auf den Stoffwechsel haben wird. Die fein gezeichneten Blätter zeigen an, dass insbesondere sensible Menschen gut auf ihn ansprechen, die sowohl körperlich als auch psychisch eine Verdauungshilfe vertragen können. Die gelben Blüten und das würzige Aroma verweisen auf die Sonnenkräfte und die erwärmende Qualität. Der süße Geschmack wird nach der chinesischen Lehre der 5 Elemente dem Erdelement zugeordnet und zeigt die Wirkung auf Magen, Bauchspeicheldrüse und Milz an.

Foenum bedeutet Heu. Foeniculum ist das kleine Heu. Vulgaris bedeutet gewöhnlich, in dem Sinne von kommt überall vor. Aus Foeniculum hat sich das deutsche Wort Fenchel entwickelt.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Fenchelfrüchte haben folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • 4–6% ätherisches Öl, davon 50–70% trans-Anethol, 12–25% Fenchon, 2–4,5% Estragol; das ätherische Öl des Süßen Fenchels weist wesentlich mehr des süß schmeckenden Anethols auf, etwa 80–95%. Dafür findet sich nur ein Prozent Fenchon und noch weniger Estragol.
  • 20% fettes Öl (mit natürlichen Antioxidantien, v.a. Petroselinsäure)
  • Phenolcarbonsäuren, u.a. Kaffeesäure, Chlorogensäure
  • Flavonoide (Kämpferol, Quercetin)
  • Cumarine, Furanocumarine
  • Eiweiße, Zucker
  • Phytosterole, die östrogenartig wirken

 Fenchelfrüchte haben folgende Wirkungen:

  • Verdauungstrakt:
    • vertreibt als Karminativum Blähungen und Verdauungsstörungen, verhindert Aufstoßen und Schluckauf
    • löst als Spasmolytikum Krämpfe der glatten Muskulatur im Magen-Darm-Trakt, beseitigt Koliken (auch der Galle) und Durchfall
    • regt als Stomachikum die Produktion von Magensaft an und steigert damit den Appetit
  • Atemwege: wirkt als Antitussivum, indem es den Schleim in den Bronchien löst, das Abhusten erleichtert und mögliche Entzündungen hemmt
  • beruhigt

Anwendungsgebiete

Fenchel zeigt seine Qualitäten bei folgenden Beschwerden:

  • Blähungen, Verdauungsstörungen, Durchfall (auch für Säuglinge)
  • Kopfschmerzen, die durch Verdauungsstörungen entstehen
  • Husten, insbesondere bei Kindern, Asthma bronchiale
  • gynäkologische Beschwerden:
    • Menstruationsstörungen, unterstützt die erste Zyklushälfte
    • prämenstruelles Syndrom, Dysmenorrhoe (vermindert Schmerzen und körperliche Schwäche)
    • Wechseljahrsbeschwerden

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Bitterfenchel, Süßen Fenchel und Fenchelöl als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft. Zubereitungen aus Bitterem und Süßem Fenchel (Früchte und Öl) können bei leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, bei Blähungen und Flatulenz sowie bei leichten menstruationsbedingten Krämpfen eingesetzt werden. Fenchelfrüchte und Fenchelöl können als schleimlösendes Mittel bei Husten im Zusammenhang mit einer Erkältung zur Anwendung kommen.

Nach ESCOP sind Bitterer und Süßer Fenchel und Bitterfenchelöl bei dyspeptischen Beschwerden wie leichten, krampfartigen Magen-Darm-Beschwerden, Blähungen und Flatulenz indiziert. Ebenso können sie bei Katarrhen der oberen Luftwege angewendet werden. Bitterer Fenchel dient auch zur Linderung von Menstruationsbeschwerden.

Die Kommission E nennt ähnliche Indikationen von Bitterem Fenchel und seinem Öl: Innerlich bei dyspeptischen Beschwerden wie leichte, krampfartige Magen-Darm-Beschwerden, Völlegefühl, Blähungen sowie Katarrhen der oberen Luftwege.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Zubereitungen aus Fenchel werden bei folgenden Beschwerden eingesetzt:

  • Milchbildung bei stillenden Müttern
  • Bindehautentzündung, Lidrandentzündungen, Gerstenkorn – Augendampfbad mit Fencheltee
  • Beruhigung der Nerven besonders bei nervösen Menschen, bringt auch einen ruhigen Schlaf
  • Leberentgiftung als feuchtwarmer Wickel
  • vertreibt Parasiten aus dem Verdauungstrakt

Fallbeispiel

Emma T. war Bankangestellte und musste in einem Raum mit Kunstlicht viel am Bildschirm arbeiten. Da sie auch Kontaktlinsen trug, war die Bindehaut öfter gereizt, die Augenlider waren geschwollen und auch der Lidrand war oft leicht entzündet. Sie kaufte sich Aufgussbeutel mit Fenchel, brühte sie auf, lies sie etwas abkühlen und legte am Ende des Tages einen noch angenehm warmen Teebeutel für etwa 10 Min. auf die Augen. Am Wochenende schaffte sie es sogar 2- oder 3-mal am Tag. Der Fenchelduft half ihr außerdem beim Entspannen und vermittelte ihr ein Gefühl von Geborgenheit und Wohlbefinden.

Merke

 Kümmel, Fenchel und Anis im Vergleich ihrer Wirkungen

Die karminative Wirkung nimmt in folgender Weise ab: Kümmel > Fenchel > Anis. Die hustenlösende Wirkung nimmt in der gleichen Reihenfolge zu.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Fenchel findet keine Anwendung in der Homöopathie

Foeniculum ist eine spagyrische Essenz mit entblähender, entzündungswidriger und krampflösender Grundwirkung. Zudem fördert sie die Milchbildung bei Stillenden.

Wirkung auf die Psyche

Der Duft und der Geschmack von Fenchel wirken wie ein Nerventonikum, nehmen den Stress und bringen Entspannung. Das hilft bei Gefühlen von Einsamkeit, mangelndem Selbstbewusstsein und Niedergeschlagenheit. Fenchel schenkt mit seiner Wärme ein Gefühl von mütterlicher Geborgenheit und Heimat. Er hilft, die Gefühle zu ordnen, schafft Klarheit und baut auf. Er optimiert die Aufnahme von Lebensenergie und ermutigt verschlossene Menschen, sich wieder zu öffnen. Das kräftigt das Herz und damit auch die Liebe zum Leben.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis für Erwachsene 5–7 g oder 0,1–0,6 ml ätherisches Öl.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Für die Teezubereitung müssen die Früchte gemörsert oder zerquetscht werden, damit das Wasser das ätherische Öl aus den Sekreträumen im Inneren der Früchte herauslösen kann. Als Magentee sollte er besser ungesüßt getrunken und eventuell mit Kümmel und Anis gemischt werden. 

Merke

Für Kleinkinder kann Milch- oder Breinahrung zur besseren Verträglichkeit mit Fencheltee verdünnt werden.

Behandlungsempfehlung

Tee

1 gehäuften TL (1,5–2,5 g) frisch zerkleinerte Fenchelfrüchte mit ¼ L heißem (nicht kochend!) Wasser übergießen, 15 Min. zugedeckt ziehen lassen und abseihen.

Öl für die Bauchmassage

Anis, Kümmel und Fenchel zu etwa 10% als ätherische Öle in ein neutrales Trägeröl eingebracht ergeben ein hilfreiches Öl für eine verdauungsfördernde Bauchmassage, die sowohl bei Babys als auch bei älteren Menschen durchgeführt werden kann.

Behandlungsempfehlung

Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Salus Fenchelhonig
  • Kombinationspräparate: Absinthium Nestmann (u.a. + Wermutkraut), Gastricholan L (+ Pfefferminze, Kamille), Salus Magen Tropfen N (+ Pomeranzenschalen, Enzian, Benediktenkraut, Pfefferminze) Bronchialbalsam Weleda (+ Eukalyptus, Pfefferminz, Rosmarin)        

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Gelegentlich Allergien an Haut und Atemwegen
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Keine Kontraindikationen bei Fencheltee. Fenchelöl nicht innerlich und nicht bei Säuglingen anwenden.