Die durch die eingenommenen Substanzen hervorgerufenen Befindlichkeitsänderungen wertete Hahnemann systematisch und detailliert aus und zeichnete sie auf. Die in diesen sogenannten Arzneimittelprüfungen festgestellten Symptome waren die Basisinformationen, die es ihm ermöglichten, eine Ähnlichkeit zwischen dem Zustand des Menschen und der zu verabreichenden Arznei herzustellen.
Merke
Die Arzneimittelprüfung ist das zweite Grundprinzip der Homöopathie.
Ob eine therapeutische Substanz über eine heilende Wirkung verfügt, lässt sich nur durch „Prüfungen“ am Menschen herausfinden. Im Organon (§§ 105–145) beschreibt Hahnemann die genaue Art, wie Arzneimittelprüfungen durchzuführen sind: Einer Gruppe von freiwilligen Probanden wird eine ihnen unbekannte und zu prüfende Arznei verabreicht. In den folgenden Wochen notieren die Probanden täglich und detailliert alle auftretenden körperlichen und psychischen/seelischen Symptome, Träume, Gedanken und deren Intensität. Ihre Notizen schicken sie an die Prüfer. Die sichten die Aufzeichnungen der Probanden und vergleichen sie miteinander. Treten dieselben Symptome, Träume, Gedanken etc. bei vielen Probanden auf, gelten diese als mittelspezifisch und werden zu einem sogenannten Arzneimittelbild zusammengefasst. Alle Beobachtungen, die selten oder nur vereinzelt gemacht wurden, bleiben darin unberücksichtigt.
Vertiefung
Protokoll einer Arzneimittelprüfung
Hahnemann beschreibt die Beobachtungen während seiner ersten eigenen Arzneimittelprüfung, dem Chinarindenversuch, sehr eindrücklich: „Ich nahm des Versuchs halber etliche Tage zweimahl täglich jedes Mal viel Quäntchen gute China ein; die Füsse, die Fingerspitzen u.s.w. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläfrig, dann fing mir das Herz an zu klopfen, mein Puls ward hart und geschwind; eine unleidliche Aengstlichkeit, ein Zittern (aber ohne Schauder), eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; dann Klopfen im Kopfe, Röthe der Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen Symptomen erschienen nach einander, doch ohne eigentlichen Fieberschauder. Mit kurzem: auch die mir bei Wechselfieber gewöhnlichen besonders charakteristischen Symptome, die Stumpfheit der Sinne, die Art von Steifigkeit in allen Gelenken, besonders aber die taube widrige Empfindung, welche in dem Periostium über allen Knochen des ganzen Körpers ihren Sitz zu haben scheint – alle erschienen. Dieser Paroxysm dauerte zwei bis drei Stunden jedesmahl, und erneuerte sich, wenn ich diese Gabe wiederholte, sonst nicht. Ich hörte auf, und war gesund.“
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