Inhaltsverzeichnis
- Geschichte
- Botanischer Steckbrief
- Signatur
- Inhaltsstoffe und Wirkung
- Anwendungsgebiete/Indikationen
- Indikationen nach Monografien
- Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
- Anwendung in anderen Therapiebereichen
- Prävention
- Wirkung auf die Psyche
- Dosis/Dosierung
- Darreichungsformen und Zubereitungen
- Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
Veilchengewächse
Geschichte
In längst vergangenen Zeiten war das duftende Stiefmütterchen häufig mitten im zwischen dem Getreide anzutreffen, und weil die Leute es wegen seines schönen Duftes gerne pflückten und dabei viel Getreide zertraten, wurde das Stiefmütterchen sehr traurig. Da bat es die Heilige Dreifaltigkeit, ihm seinen Duft zu nehmen, denn es wollte gerne weiterhin im Getreidefeld wachsen. Die Bitte wurde erfüllt, und seit jener Zeit hieß diese Blume Dreifaltigkeitsblume. Sie galt oft – ebenso wie ihre Schwester, das violette Duftveilchen – als Symbol der Schüchternheit und auch der Treue unter den Liebenden. Schöngesicht und Mädchenauge wurde es dann genannt.
In den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts wird über seine Anwendung bei vielen Kinderkrankheiten (u.a. Rachitis) berichtet. Alle Hautausschläge, Kopfgrind und Milchschorf wurden damit behandelt, auch das Bettnässen. Bei Nervenkrankheiten und epileptischen Krämpfen wurde es ebenfalls empfohlen, wurde sogar Freisamkraut genannt, Freisam ist ein aller Name für Epilepsie. Und mache Menschen hofften, damit ihr Gedächtnis zu unterstützen und ihren Intellekt zu schärfen.
Botanischer Steckbrief
Das wilde Stiefmütterchen wächst auf Wiesen, Äckern und Wegrändern, überall in Europa und Asien. An den meist verzweigten, hohlen Stängeln sitzen die gestielten, eiförmig bis lanzettlichen Blätter mit großen fiederlappigen, laubblattartigen Nebenblättern. Viola bedeutet Veilchen. Die Blüten sind dreifarbig (tricolor), blauviolett, gelb und weiß, sie blühen von Mai bis September. Die fünf Blütenblätter bilden eine zygomorphe (spiegelbildliche) Blüte. Das untere Blütenblatt ist groß, gelb mit strahlenartigen dunklen Malen, die beiden nächsten nach oben tragen ebenfalls strahlige Male, die beiden obersten Blätter sind einfarbig. Die Blüten des Wilden Stiefmütterchen sind über 1,5 cm groß, die vom Acker Stiefmütterchen etwas kleiner; beide sind rückseitig mit einem kurzen Sporn versehen. Die Frucht ist eine 3-klappige Kapsel.
Als Arzneidroge verwendet werden die zur Blütezeit geernteten oberirdischen Teile, bestehend aus Blättern, Stängeln und Blüten (Violae herba cum flore).
Signatur
Das Stiefmütterchen ist eine zierliche Pflanze, die sehr zart und gebrechlich erschient, aber doch sehr zäh ist. Wenn sie blüht, sieht sie aus wie eine feine Dame, die sich voller Freude für ein Fest herausgeputzt hat. Sie zeigt ihre Farben und damit die Bereitschaft, überall dabei zu sein, über alles zu kommunizieren, auch über das, was sich hinter einer Oberfläche verbirgt. Kennt sie doch auch das Geheimnis, sich nicht „auffressen“ zu lassen (von Schnecken und Unkrautvernichtern). Und das möchte sie gerne teilen – und die Kunst weiter geben, wie man das Innere stärkt und dann nach außen strahlt. Da stört auch eine Stiefmutter nicht …
Der Name Stiefmütterchen tauchte erst im 18. Jahrhundert auf und wurde von dem Bau der Blüte abgeleitet. Das unpaarige untere Blatt ist die Stiefmutter, ihr schließen sich die beiden standesgemäßen Töchter an. Die oberen zwei Blütenblätter, die Stieftöchter, sind einfarbig gekleidet. Auf der Rückseite wird sichtbar: Die Mutter sitzt auf zwei Stühlen (= 2 Kelchblätter), jede Tochter auf einem Stuhl (je 1 Kelchblatt), die beiden Stieftöchter müssen sich einen Stuhl teilen; so wird der Name Stiefmütterchen erklärt.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Stiefmütterchenkraut enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:
- 0,06–0,3% Salicylsäure und Derivate
- < 1,5% Flavonoide, z.B. Rutin, Quercetin, Violantin, in höherer Konzentration in den weißen und gelben Blüten enthalten, sie wirken antioxidativ
- 10% Schleimstoffe, die reizmildernd wirkt
- 0,18% Phenolcarbonsäuren, u.a. Kaffeesäure
- 2–5% Gerbstoffe, sie schützen Haut- und Schleimhaut
- Karotinoide, Cumarine
- Ascorbinsäure (198 mg/100 g frische Pflanze)
- Alpha-Tocopherol in den Blüten (30 mg/100 g Blüten)
- Cyclotide, zyklische Peptide, mit denen sich die Pflanze gegen Schneckenfraß und Insekten schützt. Cyclotide wirken antiviral (gegen HIV), antientzündlich und zellteilungshemmend. Sie dämpfen die überschießende Reaktion des Immunsystems, sind wirksam gegen Krebszellen und haben Eigenschaften als Radikalfänger. Sie werden aktuell erforscht, in der Hoffnung, ein Mittel gegen die entzündlichen Hauterkrankungen zu finden.
Stiefmütterchenkraut hat folgende Wirkungen:
- kortisonähnlich, sie hemmt Entzündungen, nimmt Rötung und Schmerz
- mindert Haut- und Schleimhautreizungen
- antioxidativ
- regt Harn- und Schweißsekretion an
- expektorierend
Anwendungsgebiete/Indikationen
Das Wilde Stiefmütterchen hilft bei folgenden Indikationen:
- Hauterkrankungen (darin baden, die juckenden Stellen damit betupfen oder Umschläge machen):
- chronische Hautunreinheiten (Milchschorf, Ekzeme, Akne)
- fettige Haut, Hauterkrankungen mit vermehrter Talgproduktion
- seborrhoische Hauterkrankungen (als Tee, Bad, Auflagen)
- Juckreiz (durch Ekzeme, Neurodermitis) Allergien, Leber- und Nierenerkrankungen, als Ganzkörperwaschung)
- Windeldermatitis
- Atemwegserkrankungen
Fallbeispiel
Diese Mutter war sehr skeptisch: alle drei Kinder hatten Windpocken. Ihre Mutter war Ärztin und hatte gesagt, dass man Kindern mit Windpocken nicht baden solle. Ich hatte ihr empfohlen, aus 50 g Stiefmütterchen mit 1 l Wasser einen Absud zu kochen und den ins Badewasser zu geben. Das machte sie, setzte aber die Kinder nur bis zur Hälfte, quasi bis zum Bauchnabel, in die Wanne. Oberhalb der Gürtellinie blieben sie trocken. Das Ergebnis war, dass alle juckenden und nässenden Stellen unterhalb der Gürtellinie wunderbar abgeheilt sind und keine Narben bildeten. Oberhalb der Gürtellinie haben die Stellen viel länger gejuckt und genässt und Narben gebildet.
Indikationen nach Monografien
Das HMPC hat Stiefmütterchenkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Stiefmütterchenkraut kann innerlich und äußerlich bei leicht seborrhoischer Haut eingesetzt werden. Der ESCOP zufolge ist Stiefmütterchenkraut angezeigt bei Hautproblemen wie Ekzeme, Seborrhoe, Impetigo, Akne, Milchschorf und zur Behandlung der Windeldermatitis bei Kindern (innere und äußere Anwendung). Die Kommission E nennt die äußere Anwendung bei leichten seborrhoischen Hauterkrankungen und Milchschorf der Kinder.
Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
In der Volksmedizin wird das Stiefmütterchenkraut angewendet bei folgenden Beschwerden:
- Unterstützung der Haut- und Schleimhautfunktion bei Milchschorf, trockenen Ekzemen, Neurodermitis, Windeldermatitis, leichten seborrhoischen Hauterkrankungen
- chronische Erkrankungen der Vaginalschleimhaut (die durch Antibiotika, Pilzcremes, Waschungen o.ä. geschädigt ist, z.B. als Sitzbäder + Tee)
- Blutreinigung
- Rheuma, Gicht
- Gedeihstörungen bei Säuglingen (Tee)
- Katarrhe und Entzündungen der Luftwege, Husten, Keuchhusten, Asthma, entzündliche Lungenerkrankungen
Anwendung in anderen Therapiebereichen
Die Homöopathie wendet Viola tricolor als Hautmittel an, insbesondere dann, wenn auch die Niere mit aktiviert werden muss.
In der Spagyrik ist Viola tricolor ebenfalls ein Mittel für die Haut, die sie als Ausscheidungsorgan wieder in Ordnung bringt. Besonders geeignet für Kinder.
Prävention
Für Säuglinge mit Ekzemen hat es sich bewährt, die Nahrung mit Stiefmütterchentee zuzubereiten. Auch die Mutter kann während der Stillzeit täglich 1–2 Tassen Stiefmütterchentee trinken und die heilenden Stoffe schon über die Muttermilch weiter geben.
Wirkung auf die Psyche
Die Haut ist die Grenze zwischen innen und außen, zwischen „Selbst“ und „fremd“. Die Haut eines Neurodermitikers ist meist sehr dünn und zeigt einerseits die Sehnsucht nach Nähe und Zärtlichkeit und andererseits die Angst davor. Oft ist es die Angst, verletzt oder abgelehnt zu werden. Eine ekzematische Haut sorgt ganz von allein für Abstand und damit (vermeintliche) Sicherheit. Hier kommt das Stiefmütterchen auf einer ganz tiefen, unbewussten Ebene zur Hilfe. Es hilft, alte Schrecken zu verarbeiten und führt zu dem inneren Frieden mit sich selbst. Es stärkt das Selbstwertgefühl und die Selbstachtung. Wenn die gefunden sind, kann man sich zeigen, so wie einem gerade zumute ist.
Dosis/Dosierung
Tagesdosis 9 g. 1 TL = etwa 1,8 g.
Darreichungsformen und Zubereitungen
Behandlungsempfehlung
Stiefmütterchenkrauttee
1–2 TL mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen. 1- bis bis 3-mal täglich eine Tasse Stiefmütterchentee trinken; damit mehrmals täglich Umschläge, Auflagen oder Waschungen machen. Für Sitzbäder 3 EL Stiefmütterchenkraut mit 1 l kochendem Wasser übergießen, 15 min. ziehen lassen, absieben und zum Badewasser geben. Gleichzeitig morgens und abends 1 Tasse trinken. Über mehrere Wochen kurmäßig anwenden.
Behandlungsempfehlung
Bewährte Fertigarzneimittel
- Monopräparate: Viola tricolor Urtinktur Ceres, Viola tricolor Urtinktur DHU, Violaforce
- Kombinationspräparate: Ekzevowen derma Creme (mit Mahonie, Wassernabel), Befelka-Hautöl (mit Kamille, Johanniskraut, Ringelblumen)
Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
- Nebenwirkungen, Interaktionen: Es sind keine bekannt.
- Kontraindikationen: Bei Überempfindlichkeit gegenüber Salicylaten (z.B. Aspirin®) darf Stiefmütterchenkraut mit Blüten nicht verwendet werden. Auch soll Stiefmütterchenkraut mit Blüten nicht auf offene Wunden und große Areale beschädigter Haut aufgetragen werden.
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