Inhaltsverzeichnis
- Mythologie / Geschichte
- Botanischer Steckbrief
- Signatur
- Inhaltsstoffe und Wirkung
- Anwendungsgebiete/Indikationen
- Indikationen nach ESCOP, HMPC; WHO, Kommission E, Monografien
- Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
- Anwendung in anderen Therapiebereichen
- Prävention
- Wirkung auf die Psyche
- Dosis/Dosierung
- Darreichungsformen und Zubereitungen
- Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
Weinrebengewächse
Mythologie / Geschichte
Die Römer verehrten Bacchus und schätzten den Wein – Aqua vitae – noch mehr als die Griechen. Die Weinherstellung war von religiösen Normen beherrscht. Priester setzten die Tage fest, wann die Ernte beginnen und wann der neue Wein genossen werden durfte. Selbst das Stutzen des Rebstocks war eine religiöse Pflicht. Die Römer ritualisierten ihre Trinkgelage, die Symposien – das Zusammentrinken. Jedes Symposium hatte einen Leiter, einen „Magister“, der für das Zumischen von Wasser zu Wein und auch die Zugabe verschiedener psychoaktiver Kräuter wie Alraune, Bilsenkraut oder Efeu verantwortlich war. Ein Symposium war in erster Linie ein gemeinsames Trinkgelage mit intellektuellem Anspruch. Es war der Ort, an dem die antike Philosophie (eines Platons oder Sokrates) geschaffen wurde. Bevor manche Symposien mit der Besinnungslosigkeit der Teilnehmer endeten, ging es häufig sehr frivol zu, denn schließlich verehrte man auch den Liebesgott Eros.
Botanischer Steckbrief
Von Natur aus ist der Wein eine sehr robuste Kletterpflanze, deren Äste eine Länge von 20 Metern und einen Umriss von 30 cm erlangen können. Mithilfe von Ranken krallt sie sich an den Bäumen fest. Ranken sind umgewandelte Blätter, sie umwinden ihren Halt, ziehen sich dann korkenzieherartig zusammen, erstarren und werden fest wie Draht. Die herzförmigen Blätter sind 3- bis 5-lappig und sehen aus wie eine Hand, die alle Finger spreizt. Die Lappen sind unregelmäßig gezähnt und der Stielansatz ist tief eingebuchtet. Die Wildform ist in Auenwäldern in Mittel- und Südeuropa zu finden.
Um die Jahresmitte (Mai bis Juli) blühen die Weinreben. Die Blüten stehen aufrecht in Rispen. Solange sie noch geschlossen sind, sehen sie aus wie winzige Trauben. Die Knospen öffnen sich nicht wie gewöhnliche Blüten, vielmehr bleiben die Blütenblätter an ihren oberen Rändern miteinander verwachsen. Sie lösen sich als Ganzes wie eine Haube ab und fallen herunter, sobald die Staubblätter darunter gereift sind. Fruchtknoten und Staubblätter sind dann für die Insekten frei zugänglich. Später im Herbst biegt sich die reife Traube unter der Macht der Schwerkraft nach unten.
Eine Weinrebe trägt auch dann Früchte, wenn sie weder gestutzt noch in Kultur genommen wird. So ein wild wachsender Weinstock kann mehrere hundert Jahre alt werden. Seine Wurzeln reichen bis zu 20 Metern tief in den Boden. Deswegen wächst er auch auf steinigem und kargem Untergrund und findet selbst in trockenen Sommern noch Wasser.
Als Arzneidroge wird die Rote Weinrebe genutzt, Vitis vinifera var. tinctoria, eine Kulturvarietät, die sich durch rote Blätter und rote Beeren mit rotem Fruchtfleisch auszeichnet. Für die Herstellung von Arzneimitteln wird das rote Laub der „Färber- oder Teinturier-Reben“ verwendet. Sie bringen schwarzblaue Trauben mit rotem Fruchtfleisch hervor. Die Blätter (Vitis folium) werden während der Weinlese oder kurz danach geerntet.
Signatur
Der lateinische Name vitis leitet sich vermutlich von dem Wort vier für winden ab. Vinifer bedeutet den Wein (vinum) tragend (-fer).
Rotwein gilt schon seit der Antike als Symbol des Blutes, das er auf seine Weise stärkt. Auch die roten Blätter zeigen die Beziehung zum Blut, sie pflegen die Gefäßwände und halten sie flexibel. Auch die tiefen Wurzeln und das hohe Alter mancher Weinstöcke spricht für die lebensverlängernde Eigenschaft dieser Pflanze. Die Blüte steht aufrecht, dem Licht zugewandt und zeigt, wie sie die Lebenskräfte stärken kann.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Weinrebenblätter haben folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:
- Gerbstoffe, Catechine, Procyanidine
- Anthocyane
- Flavonoide (Quercetin, Rutin, Kämpferol)
- Polyphenole; Resveratrol schützt z.B. vor freien Radikalen, oligomere Procyanidine
- organische Säuren
Weinrebenblätter haben folgende Wirkungen, die sich bevorzugt an den Gefäßen manifestieren:
- antiödematös
- entzündungshemmend (hemmt die Prostaglandinsynthese)
- dichtet das Endothel der Kapillaren ab
- verbessern Mikrozirkulation und Sauerstoffversorgung in den Kapillaren
- antioxidativ (schützt die Gefäße)
- hemmt Thrombozytenaggregation
Anwendungsgebiete/Indikationen
Bevorzugte Anwendungsgebiete sind Venenerkrankungen:
- chronisch venöse Insuffizienz: schwere Beine, Schwellungen, Schmerzen und Spannungsgefühle
- Thrombophlebitis
- Venenschwäche
- Ödeme
- Ulcus cruris – die gleichzeitige lokale und orale Anwendung beschleunigt die Heilung
Indikationen nach ESCOP, HMPC; WHO, Kommission E, Monografien
Das HMPC hat die innere Anwendung von Rotem Weinlaub in Form von Trockenextrakten „medizinisch allgemein anerkannt“ (well established use“). Das Anwendungsgebiet lautet: „Zur Behandlung der chronisch venösen Insuffizienz (CVI) mit den dafür typischen Symptomen (Beinschwellungen, Krampfadern, schwere, schmerzende und müde Beine, Juckreiz und Spannungsgefühl in den Waden, Wadenkrämpfe)“.
Rotes Weinlaub in Form der geschnittenen oder pulverisierten Droge für die innere Anwendung und in Form von halbfesten Zubereitungen für äußere Anwendung wurde vom HMPC als „traditionelles pflanzliches Arzneimittel“ eingestuft. Die dafür vorgesehenen Anwendungsgebiete basieren auf langjähriger Erfahrung und lauten: innerlich bei Beschwerden und Schweregefühl in den Beinen infolge venöser Durchblutungsstörungen sowie zur Linderung von Brennen und Jucken bei Hämorrhoiden; äußerlich zur Linderung der Symptome einer Hautkapillarfragilität (Besenreiser).Dieser Indikation schließt sich auch die ESCOP an.
Rotes Weinlaub wurde von der Kommission E nicht bearbeitet, da es in Deutschland zu der damaligen Zeit noch keine Bedeutung hatte. Die WHO hat das Weinlaub noch nicht bearbeitet.
Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
In den Mittelmeerländern legte man seit Jahrtausenden gekochte Weinblätter wegen ihrer zusammenziehenden Wirkung auf Wunden und Entzündungen, auch bei Rheuma und Venenleiden. Bei Durchfall, Hämorrhoiden und Analgeschwüren wurde es in der Volksmedizin verwendet, half auch bei nächtlichen Wadenkrämpfen und Gesichtsrötung (Couperose). Umschläge mit dem Saft der Rebenblätter linderten Kopfschmerzen, Flechten und Ekzeme.
Anwendung in anderen Therapiebereichen
Bachblütentherapie: Vine, die Essenz aus den Blüten der Weintrebe, hilft all jenen, die von zu viel Ehrgeiz, Rücksichtslosigkeit und zu viel Egoismus geplagt sind. Sie öffnet für den Respekt vor Mitmenschen. Mit Vine leben diese Menschen ihre natürlichen Führungsqualitäten zum Wohle aller.
Gemmotherapie: Das Präparat aus den Knospen der Weinrebe Vitis vinifera wird verwendet bei chronischen Entzündungen und hier insbesondere bei rheumatischen Beschwerden von Knochen und Gelenken. Bei chronischer Venenschwäche kräftigt sie die Venen.
Anthroposophie: Hepatodoron (Weleda) ist ein anthroposophisches Präparat aus Weinblättern gemischt mit Erdbeerblättern. Es dient der Anregung der Leberkräfte und sollte als Kur über einige Monate hinweg eingenommen werden.
Weinrebenblätter werden in der Homöopathie und Spagyrik nicht eingesetzt.
Prävention
- Häufiges Anspannen der Fußmuskulatur (Fußwippen und Fußkreisen) steigert die Funktion der Muskelpumpe und verbessert den Abfluss aus den gestauten Venen. Auch Treppensteigen.
- Kneipp-Anwendungen, wie kalte Beingüsse und Barfußlaufen
- Flache Absätze tragen.
- Sportarten mit einer gleichmäßigen Bewegung wie Nordic Walking, Radfahren oder Schwimmen sind venenfreundlich.
Wirkung auf die Psyche
Der Extrakt aus den roten Weinrebenblättern führt auf der psychischen Ebene zu einem tiefen Kontakt mit der inneren Weisheit und macht die Verbindung von Himmel und Erde wieder bewusst. Weinblätter vermitteln den Wert von Wasser und Mineralien, die sie brauchen um mit der Sonne und dem intensiven Licht des Himmels weise umgehen zu können. Die Vitalität des Weinstocks und seiner Blätter überträgt diese unerschöpfliche Energie auf den Menschen. Das führt zu mehr Bodenhaftung und dem Selbstverständnis seine natürliche Autorität zu leben.
Dosis/Dosierung
Merke
Um die Wirkung zu gewährleisten, soll Rotes Weinlaub in Form von Fertigarzneimitteln mit einem definierten Extraktgehalt eingenommen werden.
Tagesdosis zur inneren Anwendung: 10–20 g getrocknete Weinblätter. Dosierung zur äußeren Anwendung:
- Fußbad: 60–80 g Rote Weinlaubblätter pro Liter abkochen, Teilbäder 2-mal tgl. durchführen.
- Pharmazeutische Präparate zur äußerlichen Anwendung 2-mal tgl. auftragen.
Darreichungsformen und Zubereitungen
Behandlungsempfehlung
Tee
2 TL (3–6 g) fein geschnittenes Rotes Weinlaub mit ca. 250 ml zum Sieden erhitzen, 10–15 Min. ziehen lassen, abseihen und trinken. 2–3 Tassen pro Tag.
Heilwein
Heilwein für Venen und Adern, auch als Einreibung für bessere Durchblutung. Dafür das herbstliche rote Weinlaub in einer Flasche Rotwein bis kurz vor dem Sieden erhitzen und langsam erkalten lassen. Absieben, 2–3 Likörgläschen pro Tag.
Traubenkur
Eine Traubenkur (2 Wochen lang 2 Kilo blaue Trauben pro Tag) wirkt entschlackend, blutreinigend und entwässernd. Durch die ballaststoffreiche Schale wirken Weintrauben gegen Darmträgheit und Verstopfung. Außerdem regen sie die Nierentätigkeit an, entwässern, entgiften und binden Fettstoffe. Die Früchte enthalten den schnell verwertbaren Traubenzucker, der rasch ins Blut übergeht, sodass sie bei Unterzuckerung gegen Müdigkeit, Nervosität und Konzentrationsmangel wirken.
Traubenkernöl
Traubenkernöl – ist grünlich, hat einen dezent traubenartigem bis nussigen Duft und Geschmack. Es hat es den höchsten Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (etwa 90%). Es enthält Linol-, Palmitin-, Stearin- und Ölsäure, besonders viel Vitamin E, Flavonoide (Procyanidin), Resveratrol, Lecithin und Mineralien. Es eignet sich wunderbar als Hautöl und ist ein sehr wertvolles Speiseöl.
Behandlungsempfehlung
Bewährte Fertigarzneimittel
Monopräparat: Antistax (Boehringer), Antiveno Heumann.
Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
- Nebenwirkungen:
- Bei der Einnahme von Rotem Weinlaub sind Hautreizungen wie Juckreiz, Hautrötungen oder Nesselausschlag möglich, ebenso Übelkeit, Magen-Darmbeschwerden und Kopfschmerzen.
- Beim Vorliegen von entzündeter Haut, einer Thrombose oder Verhärtungen des Unterhautgewebes, bei starken Schmerzen, Geschwüren oder plötzlicher Schwellung der Beine, bei einer Herz- bzw. Nierenschwäche (Insuffizienz) ist vor der Anwendung von Rotem Weinlaub unbedingt ärztlicher Rat einzuholen.
Der Harn kann sich während der Einnahme grünlich-braun färben.
- Interaktionen, Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.
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