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Pflanzenheilkunde

Thymian (Thymus vulgaris)

Lippenblütler

Abbildung 1. Blüten des Thymians
Abbildung 1. Blüten des Thymians

Geschichte

Medizinisch genutzt wird auch der Feldthymian oder Quendel (Thymus serpyllum).

Ein erstes thymianhaltiges Rezept wird im ägyptischen Papyrus Ebers überliefert. Die Harze, mit denen die Ägypter ihre Mumien einbalsamiert wurden, enthielten auch Thymian. Eine griechische Legende berichtet davon, dass Thymian zum ersten Mal an jener Stelle in Troja wuchs, an der die Tränen der schönen Helena zu Boden fielen. Für die Germanen war Thymian eine Pflanze der Sonne. Wenn Thymian blühte, war es die Jahreszeit, um Kinder zu zeugen (nachdem man im Frühjahr Kontakte geknüpft hatte) – für eine Geburt im nächsten Frühjahr.

Bis zu 300 Arten verbergen sich unter diesem Namen und sind ein Spezialfall für Botaniker. Der botanische Name Thymus bedeutet in der Übersetzung aus dem Griechischen Mut, Atem, Geist. Allein der Duft des Thymians macht Mut bei seelischer und körperlicher Schwäche, bringt neue Kraft und beseitigt Antriebslosigkeit. Diese Eigenschaften waren auch im Altertum schon bekannt: Die römischen Soldaten badeten in Thymian, bevor sie in den Kampf zogen – das verlieh ihnen Mut und Tapferkeit. Sie mischten die Pflanze auch unter ihre Getreidevorräte, um damit Ungeziefer abzuwehren und gleichzeitig der Ausbreitung von Seuchen Einhalt zu gebieten. Sie glaubten: Sein Rauch schlägt alle giftigen Kreaturen in die Flucht. Auch bei uns trug Thymian den Beinamen Feind des Giftes und wurde zum Ausräuchern von Krankenzimmern verwendet. Volkssagen zufolge gehörte Thymian zu jenen Kräutern, die vom „Bösen“ gefürchtet wurden. Im Salzburger Land hängten die Mädchen Kränze aus blühendem Thymiankraut ans Fensterkreuz und waren dann sicher, dass es nicht der Teufel war, der in Gestalt eines schmucken jungen Burschen zu ihnen hinein „fensterlte“.

Botanischer Steckbrief

Thymian ist ein reich verzweigter, kleiner Zwergstrauch, der unverkennbar aromatisch duftet. Seine Heimat ist das Mittelmeergebiet – in der warmen Sonne dort entwickelt er das beste ätherische Öl. Thymian ist eine immergrüne Pflanze, die allerdings nicht zu viel Frost verträgt. Bei uns fühlt sie sich in den Gärten wohl.

Mit einer Lupe ist besser zu erkennen, dass die sehr kleinen Blätter auf der Oberseite glatt sind, der Blattrand leicht nach unten gerollt und die Unterseite mit einem leicht silbrigen Filz behaart ist. Diese Blätter sind optimal gerüstet, um die Energie der Sonne einzufangen und nicht zu viel Wasser zu verdunsten. Die hellvioletten bis weißen Blütenköpfchen sitzen am Ende des Stängels, die vielen kleinen Ähren stehen wie in einem Quirl zusammen. Der Thymianschnitt aus dem eigenen Garten eignet sich hervorragend für Erkältungsbäder.

Als Arzneidroge verwendet wird das Kraut (Thymi herba). Gesammelt werden die Laubblätter und Blüten der unverholzten Triebe zur Zeit der Blüte (Mai bis Juni).

Signatur

Nicht zufällig ähneln sich die Worte Thymian und Thymus. In der Thymusdrüse, die unter dem Brustbein liegt, werden die Abwehrkräfte geschult. Nach der Traditionellen Chinesischen Medizin ist hier auch der Sitz der Lebensenergie. Der Namensvetter Thymian sorgt für Lebendigkeit im Thymus und strahlt von dort aus seine Wärme in den ganzen Körper. Wer einige Blätter in den Mund nimmt, spürt auf der Zunge ein mildes und belebendes Brennen, das bis in den Magen dringt und gleichzeitig mit der Atemluft bis in die Lunge strömt. Die Lunge weitet sich wie von allein, um mehr von diesem belebenden Elixier aufzunehmen.

Die Gestalt und der oft steinige Wachstumsort des Thymians zeigt seine Fähigkeit, mit wenig Wasser und wenig Erde auszukommen, sich ganz auf das Sonnenlicht zu konzentrieren, es in Wärme zu verwandeln und in seinem Öl zu speichern. Die Fähigkeit, alles Gegebene optimal zu nutzen und seine Kräfte zu konzentrieren, verströmt er allein mit seinem Duft.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Thymian stärkt mit seinem ausgesprochen weitem Wirkungsspektrum die Gesundheit. Er enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • 1,2–2,5% ätherisches Öl:
    • 30–50% Thymol: wirkt als Antibiotikum 25-mal so stark wie Phenol
    • 3–10% Carvacrol: hat antiproliferative und antitumoröse Eigenschaften
    • 10–20% p-Cymen: gamma-Terpinen, u.a. Monoterpene
  • Labiaten-Gerbstoffe, u.a. Rosmarinsäure
  • Flavonoide, z.B. Luteolin, Apigenin, Thymonin
  • Triterpene (ca. 2%, u.a. Ursolsäure, Oleanolsäure)
  • Biphenyle (antioxidativ)

Thymian mit seinem aromatisch kräftigen Geschmack ist in der Küche als Gewürz sehr bekannt. Volkstümliche Namen lauten Kuttelkraut oder Wurstkraut, denn er regt die gesamte Verdauung an. Zudem verlängert sein ätherisches Öl mit seiner desinfizierenden Kraft die Haltbarkeit der Zubereitungen.

Thymiankraut hat folgende Wirkungen:

  • sekretolytisch und expektorierend: Löst den zähen Schleim und erleichtert das Abhusten, indem er die Transportfunktion der Zilienbewegung in den Bronchien anregt (sekretomotorisch). Das ätherische Öl wird zu einem Teil über die Lunge wieder ausgeschieden und desinfiziert gleichzeitig diesen Aus-Atemweg.
  • spasmolytisch: Löst Verkrampfungen nicht nur der Bronchien, sondern auch im Magen-Darm-Trakt und im Becken (wirksam sind hier die Flavonoide)
  • antimikrobiell:
    • antibakteriell: u.a. gegen Salmonella typhimurium, Staphylococcus aureus (MRSA), Escherichia coli, Helicobacter pylori
    • antiviral: gegen Herpes simplex, Herpes genitalis und Aciclovir-resistente Viren
    • mykotisch: Das ätherische Öl wirkt gegen Pilzbefall mit u.a. Cryptococcus neoformans, Aspergillus, Saprolegnia und Zygorhynchus Arten
  • entzündungshemmend
  • verdauungsfördernd: bei Blähungen, Völlegefühl
  • antioxidativ (Thymol, Carvacrol)
  • hepatoprotektiv

Merke

Aktuelle Forschungen belegen die antimikrobiellen, antioxidativen, krebs- und entzündungshemmenden und krampflösenden Wirkungen von Thymian. Erforscht wird das Potenzial von Thymian als Immunmodulator.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Thymian ist angezeigt bei folgenden Indikationen:

  • Erkrankungen der Atemwege, HNO-Erkrankungen:
    • Katarrhe der Atemwege, insbesondere mit starkem Hustenreiz
    • krampfender Husten, auch Keuchhusten, Pseudokrupp und Asthma bronchiale
    • Halsschmerzen, Schnupfen
    • Erkältungen – ein Erkältungsbad mit Thymian bringt einen klaren Kopf
  • Hauterkrankungen: Juckreiz (hier wird die desinfizierende Wirkung geschätzt)

Fallbeispiel

Eine Erzieherin gibt in der Familienbildungsstätte Frühförderkurse für Kinder und Mütter. Um die Ansteckungsgefahr in Erkältungszeiten zu mindern („Irgendein Kind hat doch immer eine Schnupfnase“) legt sie feuchte Tücher auf die Heizkörper. Die Tücher hat sie getränkt mit in einer Mischung aus Wasser und wenigen Tropfen der ätherischen Öle von Thymian und Lavendel. Diese Düfte verteilen sich fast unmerklich im Raum und schaffen ein gutes, ansteckungsfreies Raumklima. Auch schon bestehender Husten bessert sich.

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Thymiankraut und Thymianöl als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Thymiankraut und Thymianöl können zur inneren Anwendung als schleimlösende Mittel (Expektorans) bei erkältungsbedingtem Husten eingesetzt werden. Die äußere Anwendung von Thymianöl (Einreibungen, Bäder) dient der Linderung von Erkältungssymptomen. Der ESCOP und der Kommission E zufolge sind Thymian und Thymianöl indiziert bei Bronchitis und Keuchhusten sowie bei Katarrhen der oberen Luftwege. Die ESCOP ergänzt die äußere Anwendung bei Entzündungen der Mundschleimhaut und gegen Mundgeruch.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

„Was Pfefferminze für den Darm, das ist Thymian für die Luftröhre und die Bronchien“, heißt es in der Volksheilkunde. Überlieferte Anwendungen von Thymian sind folgende Beschwerden:

  • Verdauungsapparat:
    • Blähungen, Magenverstimmungen, Völlegefühl, Appetitlosigkeit (gut bei Kindern)
    • Magenschleimhautentzündungen
    • Entzündungen des Mund- und Rachenraumes, Mundgeruch (Gurgeln, Inhalieren, Spülungen)
    • Würmer im Darm (Muskulatur und Nerven der Würmer werden zunächst erregt, dann gelähmt durch das Thymol im ätherischen Öl)
    • strapazierte Leber nach Alkoholabusus
  • Krämpfe bei Nierenleiden und/oder Blasenschleimhautreizung (gut in Kombination mit Bärentraubenblättern)
  • adjuvant bei rheumatischen Beschwerden als Einreibung oder Badezusatz
  • gynäkologische Erkrankungen:
    • schmerzhafte Menstruation (wirksamer als Ibuprofen)
    • bei PMS in der ersten Zyklushälfte
    • nimmt die Hitzewallungen in den Wechseljahren

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird der Feldthymian, Thymus serpyllum, gerne bei Kindern eingesetzt, die an jeglicher Art von Husten leiden. Erwachsenen hilft er bei Klingen in den Ohren mit Druckgefühl im Kopf.

In der Spagyrik wird Thymus vulgaris ebenfalls verwendet bei Erkrankungen der Atemwege und Husten.

Prävention

Thymian in der Hausapotheke hält gesund, auch in Ansteckungszeiten, denn: „Die nächste Grippe kommt bestimmt, doch nicht zu dem, der Thymian nimmt.“ Wegen dieser guten Eigenschaften war Thymian auch bekannt als das Antibiotikum der kleinen Leute.

Wirkung auf die Psyche

Ein Bett aus Thymian: Auf einer Böschung am Wegesrand in der Sommersonne. Sich mitten hineinlegen und nur atmen. Tief den Thymianduft in die Lungen hineinziehen, bis die letzte Bronchiole damit angefüllt ist. Und mit jedem Ausatmen alles loslassen, was bis eben noch belastete. Sich ganz dieser Wärme hingeben, Thymianwärme. Erdwärme. Sonnenwärme. Lebenswärme. Genauso ist es gut. Genauso kann es bleiben. Eingebunden und gut aufgehoben mitten im Kreis des Lebens. Mut und Kraft, Vertrauen und Leichtigkeit – alles ist auf einmal da. Mitten im Thymian. Wissen, es ist immer alles da, was ich brauche. Ich werde sie erkennen, die Einmaligkeit einer Begegnung, eines Augenblicks, eines Menschen, meine Einmaligkeit. Voller Liebe und Dankbarkeit nehme ich sie an.

Dosis/Dosierung

Erwachsene: 1–2 g Droge auf 250 ml heißes Wasser.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Bei verschleimten Bronchien verflüssigen 2–3 Tassen Tee täglich, unterstützt von Dampfinhalationen, den zähen Schleim und erleichtern das Abhusten, lösen Krämpfe und hemmen die Entzündung.

Tee

1 TL pro Tasse als Aufguss, 10 Min. ziehen lassen, mehrmals täglich eine Tasse davon trinken, mit Honig süßen.

Thymianwein

30 g Thymian mit 1 l Weißwein übergießen und nach 7 Tagen abseihen; täglich 2-mal 1 Likörgläschen vor den Hauptmahlzeiten trinken zur besseren Verdauung.

Erkältungsbad

100 g Thymian mit 1 l kochendem Wasser übergießen; den Aufguss 10 Min. zugedeckt ziehen lassen; abseihen, ins heiße Badewasser geben.

Zum Inhalieren

3 EL Thymian auf ½ l heißes Wasser geben, den Kopf und die Schale mit einem Tuch überdecken und inhalieren, solange die Temperatur angenehm ist.

Hustentee

30 g Thymian, 30 g Eibischwurzel, 10 g angestoßenen Fenchelfrüchten, 10 g Königskerzenblüten.

Kräftigender Tee bei rezidivierenden Vaginal- oder Blaseninfekten

25 g Thymian, 25 g Breitwegerichkraut, 30 g Ackerschachtelhalm, 20 g Schafgarbe, 15 g Taubnesselblüten mischen. 1–2 TL von der Mischung mit 250 ml kochendem Wasser übergießen, 5–7 Min. ziehen lassen. 3–5 Tassen täglich.

Behandlungsempfehlung

Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Aspecton, Pertussin, Bronchhipret, Thymus oleum aetherolum 5% Wala, Thymian Li-il Erkältungsbad
  • Kombinationspräparate: Muc-Sabona (+ Efeu, Süßholz), Pulmotin Salbe (+ Anisöl, Kampher, Eukalyptusöl, Koniferenöl), Bronchicum Elixier (+ Primelwurzel), Bronchipret Saft (+ Efeublätter)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen, Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Allergien, Kreuzallergien zu Birke und Sellerie werden diskutiert.

Vorsicht

Säuglinge und Kleinkinder

Bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu 2 Jahren kann Thymianöl einen Glottiskrampf oder Atemstillstand hervorrufen (Laryngospasmus), deshalb darf Thymianöl in dieser Altersgruppe nicht angewendet werden. Vorsorglich wird von der Anwendung bei Kindern bis zu 4 Jahren abgeraten.

Kontraindikationen Thymianöl

Thymianöl nicht direkt auf Schleimhäute oder verletzte Haut auftragen und nie im Bereich der Augen. Vollbäder mit Thymianblättern oder Thymianöl sind bei großen Hautverletzungen und offenen Wunden, bei Fieber, schweren Infektionen, schweren Kreislauferkrankungen und Herzschwäche zu meiden.

Thymiankraut

Für die Anwendung von Thymian während der Schwangerschaft oder Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor. Für eine Anwendung von flüssigen Thymianzubereitungen bei Kindern unter 4 Jahren reichen die Erkenntnisse noch nicht aus, bei Thymianöl gilt dies für eine Anwendung bei Kindern und Jugendlichen.