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Pflanzenheilkunde

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Moschuskrautgewächse

Abbildung 1. Holunderstrauch mit Blättern und Blüten.
Abbildung 1. Holunderstrauch mit Blättern und Blüten.

Geschichte

Der Holunderbusch galt als Baum des Lebens: Das erste Badewasser eines Kindes wurde unter ihm ausgeschüttet, damit die Kinder gesund und behütet blieben. Und er war ein Baum des Todes: Verstorbene wurden auf Holunderzweigen gebettet, Totengräber maßen den Sarg mit Holundergerten aus und tranken bei ihrer Arbeit Holunderblütentee, um sich gesund zu halten. Wer mit den Ahnen kommunizieren wollte, tat das unter einem Holunderbusch. Nicht zuletzt beherbergt der Holunder die Göttin des Lebens und des Todes. Frau Holle war Patin bei der Namensgebung, was besser daran zu erkennen ist, wenn wir den Holunder mit zwei „l“ schreiben: Hollunder. Jedes Haus und jeder Hof hatte seinen eigenen Holunderbusch, in dessen Zweigen diese uralte nordische Göttin wohnte. Immer schaute sie durch die Fenster, um zu prüfen, ob alles in Ordnung sei. Sie schützte vor Feuer und vor Seuchen. Tar lautete die Endung im Althochdeutschen und bedeutet so viel wie Baum. Der Holunder ist also der Baum der Holle. Vor dem Holunderbusch solle man ehrerbietig den Hut ziehen, so hieß es, denn er war eine Hausapotheke schlechthin.

In Schweden heißt es, wer am Mittsommerabend unter einem blühenden Holunder sitzt, der wird den König der Elfen mit seinem Gefolge vorbeiziehen sehen.

Botanischer Steckbrief

Abbildung 2. Holunderstrauch mit Blättern und Beeren.
Abbildung 2. Holunderstrauch mit Blättern und Beeren.

 

Holunder wächst in der Nähe der menschlichen Siedlungen, in Hecken, im Wald, an Waldrändern – er liebt stickstoffreiche Böden und kann auch mit saurem Regen gut umgehen. Er ist ein bis zu 8 m hoher Strauch, manchmal sogar ein Baum. Die frische Rindenhaut ist dünn und saftig grün, die ältere Borke rau und mit Warzen übersät. Die Äste sind mit rein weißem Mark gefüllt, die Blätter 5- bis 7-zählig gefiedert, leicht asymmetrisch und haben gezähnte Ränder. Die cremeweißen Blüten wachsen in doldenförmigen Rispen, die wie kleine flache Schalen zum Himmel gerichtet sind. Jede einzelne Blüte duftet fein und ist ein kleiner Stern mit 5 Zipfeln, am Grunde verwachsen, in deren Mitte ein Feuerwerk aus kleinen gelben Staubbeuteln leuchtet. Daraus entwickeln sich im Herbst die schwarzvioletten Beeren (Sambuci fructus).

Arzneilich verwendet werden die getrockneten Blüten (Sambuci flos), die von den getrockneten Blütenständen durch Rebeln abgelöst werden. Rebeln bedeutet, dass die Dolden über ein grobes Drahtsieb gerieben werden, sodass sich die kleinen Blüten ablösen und durch das Sieb fallen.

Abbildung 3. Blüten des Holunders.
Abbildung 3. Blüten des Holunders.

Signatur

Oswald Croll, Alchemist in der Nachfolge von Paracelsus im ausgehenden 16. Jahrhundert, schrieb über die Signatur des Holunders: Das poröse Mark im jungen Stecken verursache beim Drücken mit den Fingern sichtbare Dellen, die sogar eine kurze Zeit bestehen bleiben. Sie würden denjenigen ähnlich sehen, die bei Druck auf Ödeme entstünden. Die hohlen Stängel weisen zusätzlich eine Analogie zu den Atemwegen auf, der unangenehme Geruch von Rinde, Blatt und Holz zur ableitenden Wirkung durch vermehrte Schweißausscheidung über die Haut. In seiner Giftigkeit, im schweren Geruch der Blätter und der dunklen Beerenfarbe zeige sich der Planet Saturn – und damit die Fähigkeit, bei Altersbeschwerden zu helfen.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Die Blüten enthalten folgende Inhaltsstoffe:

  • 0,7–3% Flavonoide u.a. Kämpferol, Isoquercitrin, Rutin, Hyperosid: schweißtreibend, fiebersenkend, diuretisch
  • 0,15% ätherisches Öl: antibakteriell
  • 1% Triterpene: Monoterpen, u.a. Amyrin, Ursolsäure: stärken das Immunsystem
  • Gerbstoffe: entzündungshemmend
  • 1% Phytosterine (beta-Sitosterol, Stigmasterol)
  • Schleimstoffe: fördern die Bronchialsekretion
  • 5% Phenolcarbonsäuren, u.a. Chlorogen-, Kaffeesäure: antioxidativ
  • Phenylaminosäureamide: verhindern die Adhäsion von Campylobacter pylori an der Magenschleimhaut

 Die Blüten haben folgende Wirkungen:

  • steigern die Bronchialsekretion
  • schweißtreibend: treiben den Schweiß aus allen Poren – die Blüten erhöhen die Empfindlichkeit der Zentren im Gehirn, die das Schwitzen regulieren und regen gleichzeitig die Schweißdrüsen direkt an
  • fiebersenkend
  • mobilisieren die unspezifische Körperabwehr
  • diuretisch
  • entzündungshemmend

Anwendungsgebiete/Indikationen

Die Blüten kommen zur Anwendung bei folgenden Indikationen:

  • grippale Infekte, Infektionen der Atemwege:
    • Erkältungskrankheiten mit starker Verschleimung, Husten und Fieber
    • leichte Entzündungen der oberen Atemwege
    •  Stirnhöhlenentzündungen
  • Schwitzkuren (und vor Saunabesuchen)

Fallbeispiel

Wenn wir als Kinder den ganzen Tag draußen, in Schnee und Kälte und vielleicht auch noch mit nassen Füßen und kalten Händen durchgefroren und niesend ins Haus kamen, mussten wir zuerst einen heißen Holundersaft (gemischt mit Apfelsaft, weil das den Geschmack verbesserte) trinken und wurden dann ins Bett gesteckt – zum Schwitzen. Das war immer sehr erfolgreich – wir wurden niemals „richtig“ krank. Und auch dann hätte ein Holundersaft uns sicher wieder gesund gemacht.

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Holunderblüten als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Holunderblüten können zur Linderung der ersten Symptome einer Erkältung eingesetzt werden. Nach der ESCOP sind die Blüten ein schweißtreibendes Mittel bei einer banalen Erkältung, bei Fieber und Frösteln. Auch die Kommission E empfiehlt sie bei Erkältungskrankheiten. Die WHO schließt sich diesen Indikationen an.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Holunderblüten

Volksheilkundlich sind Holunderblüten geschätzte Hilfsmittel bei folgenden Beschwerden:

  • Heuschnupfen und anderen Allergien
  • Rheuma, Gicht
  • Bindehautentzündung
  • Kopfschmerzen
  • Magenschmerzen
  • blutreinigend bei Hautunreinheiten und trockener Haut
  • Holunderblütensalbe heilt Wunden, Verbrennungen und besänftigt raue Hände
  • ein Bad im Holunderblütenabsud beruhigt die Nerven

Holunderbeeren

Die Holunderbeeren enthalten Flavonoide (Rutin, Isoquercetin und Hyperosid), Anthocyane, Vitamine (A, B1, B2 und C), Gerbstoffe, Zucker und organische Säuren. Sie werden gekocht oder getrocknet verwendet (roh sind sie leicht giftig).

Beeren und Saft haben folgende Wirkungen:

  • stärken Abwehrkräfte auch gegen Influenzaviren
  • antioxidativ, v.a. Anthocyane
  • beruhigen Nervenschmerzen (Ischias, Hexenschuss, Migräne)
  • antiviral gegen Herpes-Viren (Saft direkt auf die Bläschen streichen) und auch bei Gürtelrose
  • verdauungsfördernd:
    • reinigen den Magen (auch von Campylobacter pylori), wirken abführend und harntreibend (1–2 EL getrocknete Holunderbeeren in einem Glas Wasser getrunken)
    • fördern die Verdauung (gut bei Kindern und Säuglingen durch Fruchtsäuren)
    • getrockneten Beeren wirken stopfend
  • bringen Energie für Menschen mit sitzender Tätigkeit (100 ml/Tag)

Behandlungsempfehlung

Ein Holunderwein hilft gegen Asthma und Bronchitis bei älteren Menschen.

Junge Blätter, grüne Rinde, Wurzelrinde

Junge Blätter, grüne Rinde, Wurzelrinde enthalten Harze, Bitterstoffe, Gerbstoffe. Sie haben folgende Wirkungen:

  • diuretisch
  • leicht abführend
  • helfen bei Blutreinigungskuren im Frühjahr und wurden auch deshalb bei Gicht und Rheuma verwendet

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie ist Sambucus nigra angezeigt bei Atemwegserkrankungen, bei Nachtschweiß und Schleimhautschwellungen.

In der Spagyrik ist Sambucus nigra als Blasen-Nieren-Mittel bekannt. Außerdem wird es verwendet bei fieberhaften Erkältungskrankheiten und als Antischmerzmittel bei Muskel und Gelenkrheuma.

Prävention

Kinder sollten statt Milch Holunderblüten-Tee trinken, denn dieser erleichtert besonders bei Kindern viele allergische Symptome.

Hinweis

Laboruntersuchungen zeigten für Holunderbeeren eine antivirale Aktivität, insbesondere gegen Influenzaviren. Das erklärt die Anwendung bei Virusgrippe oder Gürtelrose.

Wirkung auf die Psyche

Der Holunder vereint – wie die Göttin des Lebens und des Todes – alle Gegensätze in sich: die Blüten sind weiß – die Früchte schwarz; rohe und unreife Beeren sind giftig – gekochte hingegen heilend. Der Baum ist schwer, zieht in die Tiefe – sein Holz ist leicht und luftig.

Der Holunder verbindet diese Extreme in sich und gibt seine Erfahrungen weiter. Er sorgt dafür, die anstehenden Aufgaben aus neutraler Perspektive zu betrachten und lehrt, alte Erfahrungen und neue Gelegenheiten und Gegebenheiten zu verbinden. Dabei hüllt er ein in vertrauensvollen Schutz und wärmende Geborgenheit. Er hilft, das Mütterliche wieder zu schätzen und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Energien und Kräfte der Erde. In schwierigen Übergangsphasen im Leben ist er ein verlässlicher Begleiter, er sorgt für gute Stimmung und stärkt die Lebensgeister.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis 10–15 g.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Tee

1 TL mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 5 Min. ziehen lassen. Mehrmals täglich 1 Tasse.

Sinnvoll ist eine Kombination mit z. B. Lindenblüten, Mädesüßblüten, Kamillenblüten als Erkältungstee.

Behandlungsempfehlung

Fertigarzneimittel

  • Monopräparat: Sambucus nigra Urtinktur Ceres, DHU
  • Kombinationspräparate: Sinupret (+ Enzian, Gartensauerampfer, Eisenkraut, Schlüsselblumenblüten)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

Es sind keine bekannt.