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Pflanzenheilkunde

Mariendistel (Silybium marianum)

Korbblütler

Abbildung 1. Blüte der Mariendistel.
Abbildung 1. Blüte der Mariendistel.

Geschichte

Silybum leitet sich von gr. ‚silibon‘ = Quaste ab und meint die Blütenform, die einer Quaste ähnlich sieht. Marianum bedeutet Marien-. Auch der Name, den Carl von Linné der Mariendistel gab - Carduus marianus - wurde als Synonym beibehalten. Carduus ist lateinisch und heißt Distel.

Die heilige Maria war Patin bei der Namensgebung dieser Pflanze: Es heißt, dass beim Stillen des Jesuskindes einige Tropfen ihrer Milch auf die Erde fielen. Genau an dieser Stelle wuchs später die erste Mariendistel. Die weißen Spuren ihrer Milch sind heute noch auf den Blättern zu sehen. Dioscurides verwendete einen Extrakt aus der Wurzel als Brechmittel, Plinius erkannte die galletreibende Wirkung, Hildegard von Bingen las aus der Signatur der Pflanze etwas über ihre Wirkung gegen das Stechen in den Gliedern. In den mittelalterlichen Kräuterbüchern ist sie als Lebermittel aufgeführt und wird auch bei Pest, Fieber und Vergiftungen angewendet. Ihre wahre Bedeutung für unsere heutigen leberbelastenden Lebensgewohnheiten wurde erst im 20. Jahrhundert mit der zunehmenden Umweltproblematik erkannt.

Botanischer Steckbrief

Abbildung 2. Blatt der Mariendistel.
Abbildung 2. Blatt der Mariendistel.

 

Die Mariendistel ist im Mittelmeergebiet heimisch, bei uns ist sie nur als Kulturflüchtling anzutreffen. Sie ist ein- oder zweijährig und wächst vorzugsweise auf sonnigen, felsigen Hängen, an Zäunen in der Nähe von Häusern, Bahnhöfen und Dorfstraßen. Die Pflanze wird 60–150 cm hoch. Am Ende des oft sehr hohen Stängels blühen von Juni bis September die typischen rotvioletten, großen Distelblüten. Sie bestehen nur aus Röhrenblüten. Die äußeren grünen Hüllblätter der Blüte laufen in starke, stechende Dornenspitzen aus. Die weiße Zeichnung auf den dunkelgrünen Blättern macht die Mariendistel unverwechselbar. Die Blätter stehen am unteren Teil der Stängel, sie sind buchtig gelappt, mit dornigem Rand. Die reifen Früchte sind braun, tragen als Flugorgan einen glänzend weißen Pappus und haben eine äußerst harte, glänzende Schale.

Als Arzneidroge kommen die Mariendistelfrüchte zur Anwendung (Cardui mariae fructus). Die reifen Früchte werden im August und September geerntet.

Abbildung 3. Früchte der Mariendistel.
Abbildung 3. Früchte der Mariendistel.

Signatur

Diese stachelige Mariendistel vermittelt in ihrer Größe und mit den selbstbewussten purpurroten Blütenköpfen einen sehr großzügigen, stolzen und wehrhaften Eindruck. Ihre Größe macht sie zu einer Heilpflanze für das größte Organ im Körper, die Leber. Ihre Stacheln und deren Wehrhaftigkeit macht sie zu einer Schutz- und Abwehrpflanze. In alten Zeiten war sie in schutzmagischen Praktiken eingebunden und sollte mit ihren Stacheln die Krankheitsdämonen aufspießen. Paracelsus setzte sie ein gegen „inwendiges Stechen“. Die weiße Zeichnung auf den grünen Blättern unterstreicht ihre Individualität und zeigt eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Farben. Die weißen Bahnen verweisen auf die Unterstützung des Lymphflusses im Körper. Und – dank ihrer Entstehungsgeschichte (s.o.) –wurde sie auch zur Anregung der Milchbildung bei stillenden Müttern gebraucht. Frauendistel ist ein alter Name, der auf eine alte Anwendung bei Frauenleiden hinweist. Die Blüten neigen sich beim Verblühen in Richtung Erdboden und schützen so die heranreifenden Samen. Hier wird die Schutzfunktion ein weiteres Mal unterstrichen. Beim Verblühen verlieren die Blüten ihre Farbe und werden graubraun. Sie lassen die Samen mit hängenden Köpfen reifen und bilden einen beeindruckend kräftigen silbernen Pappus aus. Der ist bereit und fähig, die Samen in die Umgebung schweben zu lassen.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Mariendistel hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltstoffe:

  • 1,5–3% Silymarin, ein Gemisch von vielen Flavanolderivaten, z.B. Silibinin
  • Phytosterole (u.a. beta-Sitosterol)
  • 0,04% Tocopherole
  • Bitterstoffe
  • 20–30% fettes Öl mit ca. 60% Linolsäure u.a.

Mariendistel mit dem darin enthaltenen Silymarin schützt als Hepatoprotektiva die Leber gleich auf mehrere Arten:

  • Stabilisierung der Leberzellmembran: Mariendistel festigt die Lipidstrukturen in den Zellmembranen und hemmt so die weitere Aufnahme von Toxinen in die Leberzelle
  • Antioxidans: Als Radikalfänger reagiert sie mit freien Radikalen und hindert die daran, spezielle Enzyme zu inaktivieren und weitere Zellstrukturen zu zerstören.
  • Leberzellregeneration: Sie stimuliert die Proteinbiosynthese im Kern der Leberzelle und regen die Bildung neuer Zellen in der geschädigten Leber an. Damit verhindern sie die Fibrosierung des Leberparenchyms und helfen den Zellen bei der Regeneration.
  • Antiphlogistisch: Silymarin hemmt die Bildung von Entzündungsmediatoren (Leukotriene, Lipoxygenasen, Zyklooxygenasen).
  • Antiviral: Sie hemmt (u.a.) die Hepatitis-C-Virus-Replikation und blockiert das Eindringen des Virus in die Leberzelle. (bei parenteraler Applikation)
  • Nierenprotektiv: Außerdem schützt Mariendistel die Niere vor Schädigungen durch toxische Stoffe (z.B. Paracetamol).
  • Nervenschützend: Sehr wahrscheinlich beugt es auch der Degeneration der Nerven durch toxische Prozesse vor.
  • Schutz vor Tumoren: Aktuelle Untersuchungen belegen immer häufiger auch einen Schutz vor Tumorbildungen (z.B. in Haut, Prostata oder Brust).

Außerdem wirken alkoholische Auszüge aus Mariendistelfrüchten cholagog, cholekinetisch und spasmolytisch.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Mariendistel ist außerordentlich hilfreich bei folgenden Indikationen:

  • Leberschädigungen, Intoxikationen:
    • toxische Leberschäden z.B. durch Alkohol, Arzneimittel, Umweltgifte
    • Intoxikationen: z.B. als Antidot bei einer Vergiftung durch Knollenblätterpilze (als Infusion)
  • Lebererkrankungen:
    • Leberzirrhose, Fettleber, Fettleberhepatitis
    • akute Hepatitis und deren Nachbehandlung, chronische Hepatitis C (hier verbessern Mariendistelpräparate auch das Ansprechen auf die Standarttherapie.
    • Gelbsucht
  • Verdauungsschwäche:
    • Stützung des Leberstoffwechsels
    • chronische Leberschwäche
    • dyspeptischen Beschwerden

Merke

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Bei Anwendung von Mariendistel kommt es fast immer auch zu einer Verbesserung des Allgemeinbefindens.

Indikationen nach Monografien

Das HMPC hat Mariendistelfrüchte als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Mariendistelfrüchte können zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz eingesetzt werden; außerdem zur Unterstützung der Leberfunktion. Nach der ESCOP sind standardisierte Mariendistelpräparate und Silymarin bei toxischen Leberschäden und zur unterstützenden Behandlung bei chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen und Leberzirrhose indiziert.

Die Kommission E empfiehlt Mariendistelfrüchte bei dyspeptischen Beschwerden und Zubereitungen daraus zur Behandlung von toxischen Leberschäden und zur unterstützenden Behandlung chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen und Leberzirrhose. Mariendistelkraut erhielt von der Kommission E eine Negativverabschiedung, da sich damals die Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegen ließ.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Erfahrungsheilkunde wurde auch das Mariendistelkraut verwendet. Es galt als Hilfe bei Problemen im Leber-Galle-Bereich. Außerdem wurde es als Malariamittel, Emmenagogum, bei Gebärmutterleiden und bei Milzerkrankungen verwendet. Die Wirkungen sind bis heute nicht belegt.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Carduus marianus verwendet bei allen Beschwerden, die sich auf Leberstörungen zurückführen lassen und hat eine besondere Beziehung zu den Gefäßen, Krampfadern und Ulcera.

In der Spagyrik ist Carduus marianus ebenfalls die Leber-Galle-Pflanze. Sie steigert die Entgiftungsfunktionen und sorgt dafür, dass sich die Leber stets gut regenerieren kann. Sie ist besonders für gereizte, aufbrausende Menschen geeignet, denen die Fähigkeit fehlt, sich anders zur Wehr zu setzen.

Prävention

Zubereitungen werden eingesetzt, damit die Leber gesund bleibt.

Wirkung auf die Psyche

Auf der seelischen Ebene hilft die Mariendistel besonders jenen Menschen, die leicht von ärgerlicher Gereiztheit in depressive Lethargie verfallen. Zwischen diesen Extremen fehlt ihnen Motivation und Aktivität. Hier verhilft die Mariendistel zu einem inneren Gleichgewicht. Sie hilft, den Raum für sich selbst zu finden und zu einzunehmen, wie auch das richtige Maß an Abgrenzung – und beides im richtigen Moment – einzusetzen. Ungelebte, weil bislang unbewusste Sehnsüchte können wieder wahr genommen und endlich gelebt werden. Langsam erwächst daraus sogar eine neue Liebe zum Leben. Und dabei wird die Mariendistel zu einem Stressmanager, der hilft, das richtige Maß an Abgrenzung zu finden.

Dosis/Dosierung

Mittlere Tagesdosis 12–15g Mariendistelfrüchte. Fertigpräparate enthalten Spezialtrockenextrakte mit einem Gehalt von 74–81% Silymarin.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

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Tee aus den Samen der Mariendistel

Die harten Samen der Mariendistel zerkleinern und mit kochendem Wasser übergießen, 15 Min. zugedeckt ziehen lassen und schluckweise heiß trinken. 3-mal täglich 1 Tasse 30 Min. vor den Mahlzeiten trinken und eine letzte Tasse vor dem Schlafengehen.

Manche Autoren behaupten, dass nur wenig von dem in den Früchten enthaltenen Silymarin in den wässrigen Auszug übergeht. Wer sicher gehen möchte, kann auch eine Kur mit gepulverten Samenkörnern durchführen: Hierzu 3-mal täglich vor dem Essen 1 TL Pulver in Tee, Joghurt oder Müsli einstreuen. Auch hier arbeitet eine letzte Gabe vor dem Schlafengehen während der Nacht.

Behandlungsempfehlung

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Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Hepa-Loges Kps., Legalon Drg., Silibene156 Kps., Ardeyhepan Tbl.
  • Kombinationspräparate: Bilisan duo (+ Javanische Gelbwurz), Iberogast Tinktur (+ Angelikawurzel, Kamillen, Kümmel, Melisse, Pfefferminz, Schöllkraut, Süßholzwurzel), Mariendistel plus Kps. Abtei (+ Cholin, Zink)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Leichte Magen-Darm-Beschwerden können vorkommen, mitunter auch Kopfschmerzen und allergische Erscheinungen.
  • Interaktionen, Kontraindikationen: Es sind keine bekannt.