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Pflanzenheilkunde

Kleiner Odermennig (Agrimonia eupatoria)

Rosengewächse

Abbildung 1. Kleiner Odermenning, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüten.
Abbildung 1. Kleiner Odermenning, Pflanze mit Stängel, Blättern und Blüten.

 

Geschichte

Im Papyrus Ebers, in dem die ägyptischen Priester vor 5500 Jahren ihr Kräuterwissen aufgeschrieben haben, wird der Odermennig als Augenheilmittel erwähnt. Die Griechen weihten den Odermennig der Göttin der Weisheit und der Wissenschaften, Pallas Athene. Sie war eine Tochter des Götterkönigs Zeus. Er hatte sie selber zur Welt gebracht – sie entsprang seinem Kopf. Vielleicht legten die Griechen deswegen die zerquetschten Wurzeln des Odermennigs auf die Köpfe derjenigen, die unter Gedächtnisschwund litten. Außerdem schätzten sie seine Wirkung zur Heilung alter Narben und Geschwüre, von Schlangenbissen und auch von Durchfall. Mehr als 1000 Jahre später empfiehlt Hildegard von Bingen ebenfalls eine Kopfwaschung und Umschläge mit Odermennig bei Geistesschwäche.

Die Arztbotaniker des Mittelalters schätzten die Wirkung auf Leber und Galle. „Als fürnembst Kraut der Alten – zu allen verstopfften Lebern“ empfiehlt es Hieronymus Bock im Jahre 1539.

Mithridates Eupator war König von Pontus (132–63 vor Chr. in der heutigen Türkei), er gilt als Entdecker der leberheilenden Wirkung des Odermennigs. Seit seiner Kindheit hatte er große Angst vergiftet zu werden und experimentierte eifrig mit Giften und Gegengiften. Dazu gehörte, dass er täglich das Blut vergifteter Enten trank, um sich selbst gegen Giftmord zu wappnen. Dabei erhielt seine Leber Unterstützung durch den Odermennig, dessen botanischer Name den König unsterblich machte. Er entwickelte im Laufe seines Lebens das nach ihm benannte Gegengift „Mithridat“ mit 54 Bestandteilen. Die Römer übernahmen das Rezept und erweiterten es durch noch mehr Bestandteile, unter anderem um Schlangenfleisch (Thyrus) und daraus entwickelte sich der „Theriak“, Wunderarznei und Allheilmittel für fast zwei Jahrtausende.

Agrimonia bedeutet schlicht Feldbewohner. (griechisch: agros = Feld, mone = Wohnort). Odermennig wurde möglicherweise aus dem botanischen Namen eingedeutscht, vielleicht bedeutet er aber auch Alter Mann, weil er den alten Männern besonders gut tut? Leberklee, Leberklette oder Leberkraut wurde der Odermennig auch genannt – und daraus geht ihre Verwendung als Lebermittel hervor.

Botanischer Steckbrief

Odermennig wächst aus einem ausdauernden Wurzelstock auf trockenen Wiesen, an Wald- und Wegrändern. Seine Wuchsform gleicht einer kleinen Königskerze. Aus einer bodenständigen, kleinen Blattrosette wächst ein hoher, dünner, behaarter und fester Stängel, der zwischen 50 und 80 cm hoch wird. Die Blätter stehen direkt am Stängel, sind rau behaart und unpaarig gefiedert mit großen Nebenblättern. Die Blattunterseite ist dicht graufilzig, die Oberseite dunkelgrün und seidig behaart. Die zahlreichen goldgelben 5–8 mm breiten Blüten stehen in langen Ähren am Stängelende. Die einzelnen kleinen Blüten sehen aus wie klitzekleine Wildrosenblüten, sie sind ährenförmig am Stiel angeordnet und öffnen sich von Juni bis September. Die Blüten einer Ähre blühen von unten nach oben auf, sodass sich im unteren Ährenbereich schon Früchte bilden, während die Blüten im oberen Ährenbereich noch leuchtend gelb blühen. Die Früchte sind unterwärts kegelförmig und gefurcht und oben mit vielen Häkchen versehen. Damit heften sie sich mit ihren an das Fell vorbeistreifender Tiere oder an die Hosenbeine von Spaziergängern.

Als Arzneidroge verwendet werden die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten Sprossspitzen bestehend aus Stängeln, Blättern, Blüten und Früchten (Agrimoniae herba).

Abbildung 2. Früchte des Kleinen Odermennings.
Abbildung 2. Früchte des Kleinen Odermennings.

Signatur

Die Blüten geben mit ihrer gelben Farbe einen Hinweis darauf, dass diese Pflanze auf die Leber und die Produktion ihres gelben Gallensaftes wirkt. Die fein gesägten Blätter zeigen die Zugehörigkeit zu den Rosengewächsen an und lassen damit auf eine sehr liebevolle und sanfte Wirkungsweise schließen. Die Klettfrüchte lassen den Vergleich zu, dass diese Pflanze wie eine raue Spülbürste wirkt, die die Gefäße, das Blut und das Bindegewebe effektiv reinigt und so den ganzen Körper gesund erhält.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Odermennig enthält hat folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe:

  • 4–10% Gerbstoffe, hauptsächlich Catechingerbstoffe (Polyphenole)
  • 1,2% Flavonoide, z.B. Luteolin, Apigenin
  • Triterpene, 1,5% im frischen Kraut
  • Phenolcarbonsäuren (u.a. Ferulasäure)
  • etwas ätherisches Öl
  • Kieselsäure

 Odermennig hat folgende Wirkungen:

  • adstringierend
  • entzündungshemmend
  • leicht choleretisch
  • antimikrobiell:
    • antibakteriell
    • antiviral
  • antioxidativ
  • juckreiz- und schmerzstillend
  • oberflächenanästhesierend

Anwendungsgebiete/Indikationen

Schwerpunkt der Anwendungen sind Erkrankungen, denen eine Reizungen von Haut und Schleimhaut zugrunde liegt. Odermennig gilt als mild wirkendes Adstringens und hilft bei folgenden Indikationen:

  • leichte Durchfallerkrankungen, Darmkatarrh
  • Magen-Darm-Störungen (Gastroenteritis)
  • Aphthen (zum Gurgeln)
  • Pflege der Stimme von Rednern und Sängern
  • eiternde, schlecht heilende Wunden, Hämorrhoiden, Juckreiz (als Auflage)

Fallbeispiel

Johannes P., Abteilungsleiter in einem Kaufhaus, war innerlich erschöpft und ausgebrannt. Er konnte und durfte diesen Zustand, wie er sagte, nicht nach außen zeigen, sondern war bemüht, immer dynamisch und aufgeschlossen zu erscheinen. Er litt unter häufigen Durchfällen, unsauberer Haut und Haarausfall. Er sollte morgens und abends 1–2 Tassen Odermennig-Tee trinken und tagsüber die Bachblütenessenz Agrimony einnehmen. Nach 4 Wochen ging es ihm schon viel besser und er hatte die Kraft, die Versetzung in eine kleinere und für ihn geeignetere Abteilung in die Wege zu leiten.

Indikationen nach Monografien

Seit 2015 gibt es eine HMPC-Monografie, die den Odermenig als traditionelle Heilpflanze einstuft. Danach kann Odermennigkraut innerlich zur symptomatischen Behandlung leichter Durchfälle, äußerlich als Mundspülung oder Gurgellösung bei leichten Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie zur Behandlung leichter Hautentzündungen und kleiner, oberflächlicher Wunden eingesetzt werden. ESCOP und die Kommission E geben die gleichen Indikationen an.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

Volksheilkundlich wird der Odermennig gerne eingesetzt bei folgenden Beschwerden:

  • Leber-Galle-Beschwerden (zusammen mit Wermut)
  • Milzstärkung, Diabetes mellitus
  • Reizblase, Blasenentzündungen
  • hartnäckiges Rheuma (auch zu Vollbädern)
  • ermüdete Füßen (Fußbad mit Absud der Blätter)
  • reinigt sämtliche Schleimhäute
  • entgiftet Umweltschadstoffe

Anwendung in anderen Therapiebereichen

In der Homöopathie wird Odermennigkraut zur Behandlung von Bronchitis eingesetzt.

In der Bachblütentherapie hilft die Essenz aus den Odermennigblüten jenen Menschen, die meinen, sie dürften ihr wahres Ich nicht zeigen und müssten sich nach außen hin stärker zeigen, als sie sind.

Prävention

Odermennig stärkt ganz allgemein den Menschen. Seine Gerbstoffe (u.a. das Agrimoniin) erwiesen sich in Laborversuchen als ähnlich krebsfeindlich wie die Wirkstoffe des Grünen Tees. Sie aktivieren Interleukin I – und damit die Abwehrkaskade des Körpers. Außerdem hat der Odermennig den Vorteil, dass er in heimischen Gefilden wächst und nicht von weit her transportiert werden muss.

Tierversuche bestätigten eine insulinartige Wirkung von Odermennig. Einerseits stärkt er die Funktion der Bauchspeicheldrüse. Andererseits bremst er im Dünndarm den Abbau der Kohlenhydrate. So sorgt er dafür, dass nicht die Glukose langsamer ins Blut kommt und der Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigt. Zusätzlich hilft die antioxidative Wirkung den oxidativen Stress durch die Zuckerkrankheit zu mildern.

Aktuelle Untersuchungen im Labor bestätigen die antioxidativen und antimikrobiellen Wirkungen von Odermennigextrakten. Sie belegen außerdem die Herabsetzung der Empfindlichkeit gegenüber Schmerzen (antinozizeptiv). Außerdem bestätigen sie die Fähigkeit des Odermennigkrautes, die Bildung eines Biofilmes zu verhindern und damit antientzündlich zu wirken.

Wirkung auf die Psyche

Odermennig ist eine Pflanze, die Freude bereitet, echte Freude, die von ganz tief innen kommt. Sie hilft dabei, sich selbst und seine Gefühle ernst und wichtig zu nehmen und das auch nach außen zu kommunizieren. Das führt zu einer Kommunikation auf Herzensebene. Voller Offenheit und Akzeptanz dessen, was ist, kann innerer Friede in Selbstachtung gelebt werden.

Dosis/Dosierung

Tagesdosis 3–6 g.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Behandlungsempfehlung

Tee

1–4 g (oder 1–2 EL) mit 500 ml kochendem Wasser übergießen, 15 Min. ziehen lassen. Der Tee wird nach längerem Stehen blutrot – die Gerbstoffe reagieren mit dem Sauerstoff der Luft.

Vollbad

150–200 g in 2 l Wasser 5 Min. kochen, anschließend 15 Min. ziehen lassen.

Umschläge

3-mal täglich eine wässrige Abkochung von Odermennigkraut in Form eines Umschlags auf die betroffenen Hautstellen legen. Die wässrige Abkochung kann auch zum Gurgeln sowie als Badezusatz verwendet werden.

Behandlungsempfehlung

Bewährte Fertigarzneimittel

Monopräparate: Agrimonia eupatoria Urtinktur DHU, Agrimony Bachblütenessenz, Jura Odermennigtabletten.          

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

Es sind keine bekannt.