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Pflanzenheilkunde

Maiglöckchen (Convallaria majalis)

Spargelgewächse (Liliengewächse)

Abbildung 1. Maiglöckchen, Pflanze mit Blättern und Blüten.

Geschichte

In den Kräuterbüchern des 15. Jahrhunderts finden sich die ersten Beschreibungen des Maiglöckchens als Herzmittel. Es wurde gegen Ohnmacht, bei Schwindel und zur Stärkung des Herzens und der Sinne eingesetzt. „Es stercket das hyrn, die synne und das hertz,“ so preist Hieronymus Bock in seinem Kräuterbuch aus dem Jahre 1537 das Maiglöckchen und erwähnt, dass es außerdem gut sei gegen den Schlag und die fallende Sucht. Sein Zeitgenosse Paracelsus (1493–1541) benutzte es ebenfalls bei Schlaganfall.

Verbreitet war die Anwendung als Schnupfpulver, da nach der Vorstellung von Galen kräftiges Niesen das Hirn freimache und reinige. Deswegen war Maiglöckchen der Hauptbestandteil im Schneeberger Schnupftabak. Diese Anwendung ging zurück auf Hippokrates, der es bereits 450 Jahre vor Christi Geburt als Schnupfpulver empfahl. Es solle schlechte Säfte aus dem Kopf ableiten und verschaffe den Kranken dann mehr Luft, wenn ihre Atemnot auf Herzleiden beruhte.

Merke

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Der Duft der Maiglöckchen steckt tief unseren Zellen, denn er trug zu unserer Entstehung bei. Der Duftforscher Prof. Hans Hatt von der Ruhr-Universität Bochum fand heraus, dass Eizellen Maiglöckchenduft aussenden und damit die Spermien anlocken. Menschliche Spermien folgen diesem Duft. Je zielstrebiger sie das tun, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie den lebenspendenden Wettlauf gewinnen und mit der Eizelle verschmelzen.

Das Wort convallis kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie ein hoher Talkessel, in dem die Pflanze wohl bevorzugt wuchs. Im Englischen heißt sie auch Lily of the Valleydie Lilie des Tales. Majalis beschreibt den Mai als Blütezeit. In Paris ist der 1. Mai der Tag der Maiglöckchen (la journée du muguet).

Botanischer Steckbrief

Das Maiglöckchen liebt tiefgründige Böden und wächst wild in unseren Laubwäldern, überall in Europa, Asien und Nordamerika. Aus einem verzweigten unterirdischen, waagerechten Rhizom drehen sich wie an einem Stängel 2 große eiförmige Laubblätter mit parallel verlaufenden Blattnerven. Sie glänzen auf der Ober- und auf der Unterseite. Ab April umschließen sie den nur zu einer Seite gerichteten traubenförmigen Blütenstand aus 5–7 weißen wohlriechenden Blüten. Diese sehen aus wie kleine runde Glöckchen mit 6 kurzen dreieckigen Zipfeln. Im Sommer entstehen daraus zur Reifezeit die leuchtend roten, dreifächerigen Beeren.

Als Arzneidroge verwendet werden die oberirdischen Teile des Maiglöckchens, die zur Blütezeit gesammelt wurden (Convallariae herba). Alle Teile sind sehr giftig.

Vorsicht

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Zur Verwechslungsmöglichkeit mit Bärlauch siehe Herbstzeitlose.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Das Maiglöckchen enthält folgende wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe: Blätter und Blüten vom Maiglöckchen sind sehr giftig. Maiglöckchenkraut (Blätter mit Blüten zur Zeit der Blüte geerntet) enthält:

  • 0,2–0,5% herzwirksame Steroidglykoside (40 verschiedene Cardenolide, das wichtigste ist Convallatoxin)
  • Steroidsaponine
  • Flavonoide (Kämpferol, Quercetin)
  • 50–60 Mikrogramm Progesteron (pro 100 g frische Blätter)
  • verschiedene Säuren, u.a. Chelidonsäure

Maiglöckchen und seine Zubereitungen haben folgende Wirkungen:

  • positiv inotrop, d.h. sie senken den gesteigerten linksventrikulären, enddiastolischen Druck
  • senken erhöhten Venendruck
  • ökonomisieren die Herzarbeit
  • diuretisch

Die Glykosidwirkung von Maiglöckchen ist nicht zu vergleichen mit der von Digitalis. Ein Vorteil des Maiglöckchens ist der rasche Wirkungseintritt durch die Cardenolide. Das Charakteristische ist die hohe Abklingquote (40–50%), die Ausscheidung erfolgt über die Galle und die Nieren, sodass es zu keiner Kumulation kommt. Die Resorptionsquote liegt allerdings auch nur bei 10%.

Anwendung

Maiglöckchenzubereitungen werden eingesetzt bei folgenden Herzerkrankungen:

  • leichte Formen der Herzinsuffizienz (bis NYHA II)
  • bradykarde Formen der Herzinsuffizienz, da das Herzreizleitungssystem nicht beeinflusst wird, es keine Arrhythmien gibt und der Puls nicht weiter gesenkt wird
  • Herzinsuffizienz mit Ödemen
  • chronisches Cor pulmonale
  • Altersherz (gut zusammen mit Weißdorn)

R.F. Weiss bezeichnete Convallaria auch als ein Kardiosedativum, das für die Behandlung von funktionellen Herzbeschwerden besonders geeignet ist.

Indikationen nach Monografien

Die Kommission E erteilte eine Positivmonografie mit den Indikationen „leichte Herzinsuffizienz“ (bei Belastung NYHA-Stadium II), „Altersherz“ und „chronisches Cor pulmonale“.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Volksheilkunde wird Maiglöckchen bei Wassersucht, Wehenschwäche, Apoplexie und Hydrops eingesetzt-

Der englische Arzt, Apotheker und Astrologe Nicholas Culpeper (1616–1654) verwendete wegen der Giftigkeit des Maiglöckchens das Destillat aus den Maiglöckchenblüten. Es rege die Lebensgeister an und habe eine günstige Wirkung auf die Gehirnfunktionen. Er verordnete es bei Apoplex, Paralyse, Funktionsstörungen am Herzen, Schwindel/Epilepsie und allen Arten von Krämpfen.

Anwendung in anderen Therapiebereichen

Maiglöckchen werden in erster Linie homöopathisch verwendet. Hier hilft Convallaria bei Herzrhythmusstörungen und nervös bedingten Herzproblemen sowie bei Altersherz und Herzschwäche, die mit Ödemen einhergehen. Auch nach Infektionskrankheiten mit Übelkeit und dem Gefühl „das Herz flattert, man hat das Gefühl, dass es stehen bleibt, und doch wieder weiter schlägt“ ist es angezeigt.

Wirkung auf die Psyche

Das Maiglöckchen galt immer schon als Symbol für Liebe und Glück, verbunden mit Einfachheit und Unschuld. Es führt uns in die Heimat und berührt die Seele, beseelt die Alltäglichkeiten. Es hilft dabei, die Erwartungen an sich selbst loszulassen und den Augenblick voller Freude zu leben.

Dosis/Dosierung

Wegen der geringen therapeutischen Breite des Maiglöckchenkrauts (Giftwirkung der Cardenolide) dürfen keine Teeaufgüsse sondern nur Fertigpräparate verwendet werden.

Behandlungsempfehlung

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Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Convallaria majalis Urtinktur DHU, Convacard H
  • Kombinationspräparate: (Homöopathika): Convastabil Tr, (Convallaria D2 + Crataegus Urtinktur)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Vergiftungserscheinungen sind Herzstolpern, Muskelkrämpfe, beschleunigter Puls mit vermindertem Blutdruck, Atemlähmung und Herzstillstand.
  • Interaktionen: Bei gleichzeitiger Gabe von Kalzium, Saluretika, Chinidin, Laxanzien oder Kortikoiden kann es aufgrund der Kaliumverluste zu einer Wirkungssteigerung kommen.
  • Kontraindikationen: Bei einer Therapie mit Digitalis-Herzglykosiden und Kaliummangelzuständen darf Maiglöckchenkraut nicht eingenommen werden.
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