Inhaltsverzeichnis
- Geschichte
- Botanischer Steckbrief
- Signatur
- Inhaltsstoffe und Wirkung
- Anwendungsgebiete/Indikationen
- Indikationen nach Monografien
- Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
- Anwendung in anderen Therapiebereichen
- Wirkung auf die Psyche
- Dosis/Dosierung
- Darreichungsformen und Zubereitungen
- Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
Kraftwurzelgewächse
Geschichte
Erst im Winter, wenn die Bäume ihre Blätter verloren haben, ist zu erkennen, wie viel Efeu in unseren Wäldern wächst. Mit seinen immergrünen Blättern verwandelt dieses Klettergewächs den Waldboden in einen grünen Teppich und umarmt jeden Baum, den er erreichen kann – manchmal Jahrhunderte lang. Die alles liebende Waldmutter wurde der Efeu deswegen auch genannt. Seine immergrünen Blätter gelten seit alten Zeiten als Symbol für die Unsterblichkeit des Lebens und der Liebe. Bei dem Anblick einer alten Pflanze verwundert es nicht, dass Efeu zur Familie der Kraftwurzelgewächse gehört, denn seine Haftwurzeln machen aus ihm einen einmaligen Kletterkünstler. Manchmal ist es etwas unheimlich an den Orten, an denen Efeu üppig gedeiht, denn er wächst gerne auf Wasseradern und Störzonen. Menschen, die sich dort aufhalten, fühlen sich selten besonders wohl und haben leicht den Eindruck, es würde spuken und die Geister der Verstorbenen würden sich im Efeu zeigen. Efeu wird als Symbol für das Licht des ewigen Lebens gerne auf Gräber gepflanzt.
Im alten Griechenland war Efeu die Pflanze der Lebensfreude und wurde drei Göttern zugeordnet: Dionysos – dem Gott des Weines, den sie auch Kissos, den Efeugott, nannten, Demeter – der Muttergöttin der Erde und Pan – dem Gott des Waldes. Dort, wo Efeu rankte, fühlten sich die Menschen den überirdischen, göttlichen Kräften besonders nahe.
Dioskurides, der Leibarzt römischer Kaiser, empfiehlt im 1. Jahrhundert n. Chr. in seiner Materia medica Efeublüten in Wein gegen Durchfall und bei Milzleiden. Sie galten zu jenen Zeiten als schweißtreibend und fiebersenkend. Der Saft frischer Blätter sollte bei Ohrenschmerzen helfen und das Harz aus den Haftwurzeln wurde als Plombiermasse für schadhafte Zähne verwendet.
Botanischer Steckbrief
Efeu ist eine einheimische Liane, ein echter Kletterkünstler, die sich mit Haftwurzeln an Baumstämmen oder Mauern festhält, die dann im Lauf der Jahre verholzen. Efeu blüht zum ersten Mal nach 8–10 Jahren. Die späte Blütezeit fällt in den Herbst von September bis Dezember. Die gelbgrünen Blüten stehen in kugeligen Halbdolden. Sie duften zugleich süß und faulig, sodass sowohl Bienen als auch Aasfliegen zur Bestäubung angelockt werden. Aus den Blüten entwickeln sich die zunächst grünen, später mattschwarzen Früchte, die dann im nächsten Frühjahr reifen. Sie stehen in kleinen fast kugelförmigen Dolden. Sie sind giftig und führen zu Durchfall und Erbrechen. Aber niemand wird eine gefährliche Menge davon essen, sie schmecken einfach zu bitter. An älteren Efeupflanzen gibt es 2 verschiedenartige Blätter: Die unteren, älteren Blätter sind drei bis fünfzackig und bekannt als beliebtes Dekorationsmotiv. An den oberen blühenden Trieben sind die Blätter ganzrandig und oval geformt. Efeu klettert bis zu 20 Meter hoch und wurde deshalb auch Himmelsleiter genannt. Efeu ist zäh, übersteht den kältesten Winter und den trockensten Sommer.
Signatur
Hedera kommt aus dem Griechischen und bezieht sich auf das Festsitzen auf einer Unterlage. Helix ist die Spirale, etwas Gewundenes: Efeu windet sich an allem empor, was er auf seinem Wachstumsweg findet. Als immergrüne Pflanze verkörpert der Efeu die Unsterblichkeit des Lebens und überträgt diese Vitalität auf die Menschen. Mit seinen Kletterkünsten verbindet er die dunkle untere Welt des Waldes mit den lichtvollen oberen Ebenen. Das macht ihn zu einer Pflanze, welche die Philosophen lieben und die darin ein Symbol für den Weg des Menschen vom Unbewussten zum Bewussten, aus der Dunkelheit zum Licht sehen. Immer schon war der Efeu ein Symbol für Freundschaft und Treue.
Efeu blüht im Herbst, entgegen dem Vegetationszyklus. Im Winter reifen seine Früchte und stehen als schwarze Beeren im Frühjahr den Vögeln als Futter bereit. Das erklärt zum einen seine leichte Giftigkeit und zum anderen seine Fähigkeit mit Kälte klug umgehen zu können. Sobald die Temperaturen im Herbst an frostigen Tagen sinken, lässt er das Wasser aus seinen Blättern langsam bis auf einen Rest verdunsten. So zerstören die frostigen Eiskristalle nicht die Pflanzenzellen.
Die verzweigten Blattadern auf den Blättern erinnern an die Verästelung der Bronchien. Mit ihrer hellen Farbe deuten sie die Urverwandtschaft zur Lymphe an. Die kugeligen Blütendolden sind ein lebendiges Abbild der Alveolen, in denen der Gasaustausch in der Lunge stattfindet.
Arzneilich eingesetzt werden die Blätter (Hedera helicis folium). Die 3–5-lappigen Blätter werden im Frühling geerntet.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Die Entdeckung des Efeus als Hustenmittel beruht auf einem Zufall: In Südfrankreich war es einem aufmerksamen Arzt zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgefallen, dass die Kinder seiner Region nie an Bronchitis erkrankten. Bei seinen Recherchen stellte er fest, dass sie ihre Milch aus Schalen tranken, die aus dem Holz der Efeupflanze gefertigt waren. Seitdem hat sich Efeu in der Therapie aller Arten von Husten einen festen Platz erobert.
Die wohl wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe des Efeus sind:
- Triterpensaponine, v.a. Hederacoside, die den zähen Schleim in Lösung bringen
- Flavonoide (Rutin, Kämpferol, Isoquercetin, gefäßwirksam)
- Sterole
- Kaffeesäurederivate (u.a. Chlorogensäure, Rosmarinsäure)
- Polyacetylene
- ätherisches Öl (in frischen Blättern)
- Jod
Merke
Ungewöhnlich für Landpflanzen ist, dass sie Jod enthalten: Efeu enthält Jod und kann deshalb die Schilddrüse aktivieren. Bei Autoimmunerkrankungen, Entzündungen oder Überfunktion der Schilddrüse sind deshalb homöopathische Mittel (z.B. Hedera helix D6) zu bevorzugen.
Efeu hat folgende Wirkungen:
- bronchospasmolytisch und sekretolytisch: entkrampft die Bronchien und löst den zähen Schleim
- entzündungshemmend
- antimikrobiell:
- antibakteriell: Hederasaponine, wirken gegen Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa, Bacillus subtilis
- antimykotisch: Hederasaponine, vertreiben z.B. Candida albicans, Trichophyton sp.
- antiviral gegen manche Grippeerreger
- Antithrombinaktivität
- zytotoxisch gegen Tumorzellen (Saponine)
Anwendungsgebiete/Indikationen
Efeu wird bevorzugt angewendet bei folgenden Erkrankungen der Atemwege:
- krampfartige Hustenanfälle, bis hin zu Asthma bronchiale
- Entzündungen der Atemwege
- trockener Reizhusten
- Cellulite
Fallbeispiel
Trockener Reizhusten am Beginn des Winters raubte Alexander T. den erholsamen Nachtschlaf. Die Heizperiode hatte begonnen, er legte feuchte Handtücher auf die Heizung, doch das besserte den Reizhusten kaum. Er erhöhte seine Trinkmenge tagsüber auf mindestens 2,5 Liter, damit sich der Schleim verflüssigt. Zusätzlich nahm er tagsüber und vor dem Schlafengehen Efeutropfen ein. Das beruhigte den Hustenreiz und ließ ihn wieder gut schlafen.
Indikationen nach Monografien
Das HMPC hat die Anwendung von Efeublättern als Expektorans bei produktivem Husten als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert. Durch klinische Studien belegte Anwendungsgebiete sind die Linderung der Beschwerden bei chronisch-entzündlichen Bronchialerkrankungen und Erkältungskrankheiten. Nach ESCOP und Kommission E sind Efeublätter indiziert bei Katarrhen der Luftwege und zur symptomatischen Behandlung chronisch-entzündlicher Bronchialerkrankungen. Die ESCOP unterstreicht außerdem die Anwendung bei Husten insbesondere mit zäher Verschleimung.
Indikationen nach Erfahrungsheilkunde
Volksheilkundlich wurden Efeublätter innerlich angewendet bei Milz-, Leber- und Gallenleiden. Bei Gicht und Rheuma halfen Bäder in einem Efeublätterabsud, sie lindern die Schmerzen, regen die Reinigung des Körpers an und glätten die Haut. Geschwüre, Entzündungen, Brandwunden wurden mit Umschlägen aus frischen Blättern behandelt. (Rp. s.u.). Zur Aufrechterhaltung der Lebenskraft haben alte Menschen früher täglich ein junges Efeublatt gegessen. Hühneraugenkraut heißt der Efeu nach einer verbreiteten Anwendung gegen diese schmerzhaften Auswüchse an den Fußzehen. In Essig eingeweichte Blätter wurden über Nacht auf Hühneraugen gelegt – oft mit Erfolg.
Anwendung in anderen Therapiebereichen
In der Homöopathie wird Hedera helix angewendet bei der Neigung zu Erkältungskrankheiten, chronischen schleimigen Sinusitiden, Hyperthyreose, rheumatoiden Schmerzen.
Wirkung auf die Psyche
Efeu ist eine etwa 100 Millionen Jahre alte Pflanze. Sie kletterte schon an Bäumen empor, als sich die Alpen auffalteten, als die Riesenechsen die Erde bevölkerten und die ersten Säugetiere ihren Platz eroberten. Der sich windende Efeu wird oft mit einer Schlange verglichen. Efeu hat die Fähigkeit, uns Menschen mit unseren archaischen Schichten zu verbinden, mit dem Hirnstamm, der auch Reptiliengehirn genannt wird, weil er dem vollständigen Hirn dieser Kriechtiere entspricht. Dieser alte Hirnteil ist zuständig für die allgemeine Aufmerksamkeit, und er steuert Atmung und Pulsfrequenz. Auch die angeborenen oder angelernten Reaktionen über den Umgang mit Stress sind hier angelegt, z.B. auch die Frage: Soll ich kämpfen oder weglaufen? Hier hilft der Efeu, auf neue Art zu reagieren, indem er automatische Strukturen im Denken und Fühlen ebenso auflöst, wie auf der körperlichen Ebene einen verkrampften Husten.
Efeu nimmt die Angst vor der Dunkelheit und ihren Schrecken – da kennt er sich aus, schließlich ist er auf seinem Weg zum Licht zunächst durch die Dunkelheit hindurch gewachsen. Schreckkraut als ein alter Efeu-Name erzählt davon. Efeu schöpft aus diesem Wissen um den Sinn des Dunklen so viel innere Wärme, dass er selbst noch im kältesten lichtarmen Winter seine Früchte reifen lässt. Sein ewiges Grün ist eine Signatur seiner Lebenskraft. Diese Lebenswärme überträgt er auf den Menschen und hilft ihm, neugierig die eigenen Schattenseiten zu erforschen.
Dosis/Dosierung
Tagesdosis des ethanolischen Extrakts = 0,3 g Droge.
Vorsicht
Bei Teezubereitungen aus selbst gesammelten Blättern ist Vorsicht geboten, da diese schwer dosierbar sind!
Darreichungsformen und Zubereitungen
Behandlungsempfehlung
Umschlag (gegen Rheumaschmerzen)
Eine Handvoll frische Efeublätter (ohne Beeren) zerschneiden und in ein dünnes Mulltuch füllen. Auf die schmerzende Stelle legen und mit einem warmen Tuch umwickeln. 1 Stunde lang einwirken lassen. Falls die Haut dadurch zu sehr gereizt wird, die Blätter vorher abkochen.
Behandlungsempfehlung
Bewährte Fertigarzneimittel
Efeutropfen als Hustenmittel sollten wegen der leichten Giftigkeit der Blätter in der Apotheke gekauft werden.
- Monopräparate: Bronchoforton, Prospan Tr.
- Kombinationspräparate: Bronchipret Saft, Tr. (+Thymiankraut), Zelloran-Salbe (spagyr.)
Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen
- Nebenwirkungen: Selten Magen-Darm-Beschwerden, deswegen nicht bei Magenschleimhautentzündungen anwenden. Bei Anwendung frischer Blätter sind Kontaktdermatiden mit dem frischen Pflanzensaft möglich.
- Interaktionen: Es sind keine bekannt.
- Kontraindikationen: Für die Anwendung von Efeublättern während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor. Bei Kindern unter 2 Jahren sollten Efeublätter nicht angewendet werden, da sich die Atemsymptome verschlimmern können; zur Anwendung bei Kindern zwischen 2 und 4 Jahren sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
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