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Pflanzenheilkunde

Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi)

Heidekrautgewächs

Abbildung 1. Bärentraube (Blätter + Frucht)
Abbildung 1. Bärentraube, Pflanze mit Blättern und Früchten.

 

Geschichte

Die unter Naturschutz stehende Pflanze wächst nur in den kühleren Zonen der nördlichen Halbkugel und war daher lange Zeit auch nur in den nordischen Ländern als Heilpflanze bekannt. Aus diesem Grund fand sie auch in den mittelalterlichen Kräuterbüchern wenig Beachtung. In Skandinavien wurden die Früchte mit ins Brot gebacken. In Schweden und Russland werden die Blätter zum Gerben von Leder gebraucht und zum Färben von Wolle. Sie wurden auch wegen des angenehmen Geschmacks unter den Rauchtabak gemischt. Bei uns wird die Bärentraube erst im 18. Jahrhundert als Mittel gegen Beschwerden der Harnwege entdeckt. Bis zur Einführung der Antibiotika stellte Bärentraubenblättertee ein beliebtes Mittel bei Infektionen der ableitenden Harnwege dar.

Botanischer Steckbrief

Die Bärentraube steht bei uns unter Naturschutz. Bärentrauben sind immergrüne kleine Sträucher, die auf Zwergstrauchheiden, in Kiefernwäldern und hoch in den Alpen wachsen. Sie schmiegen sich eng an den Boden und bilden oft dichte Teppiche. Die Blätter sind derb, oval, 1–3 cm lang, mit nicht verdicktem, glattem Rand. Ihre Oberseite glänzt dunkelgrün, die Unterseite ist matt – und hat im Unterschied zur Preiselbeere – keine kleinen Punkte. Die Blüten sind klein, bauchig, weiß, mit 5 rosa Zipfeln. Aus ihnen bilden sich rote Beeren, die säuerlich herb schmecken.

Arzneilich verwendet werden die Blätter (Uvae ursi folium). Die bevorzugte Sammelzeit für sind der Spätsommer und der Herbst, weil sie dann am meisten Inhaltsstoffe enthalten.

Signatur

Wilde Bären müssen diese leuchtend roten Früchte sehr gerne gefuttert haben. Fast hört man sie schmatzen. In alten Zeiten hielten die Menschen den Bären für einen großen Heilpflanzenkenner. Und mit den Pflanzen, die er verzehrte, glaubten sie, auch sich selbst Gesundheit und Bärenkräfte einzuverleiben. Vielleicht sind die Bären deshalb gleich zweimal in diesem Pflanzennamen verewigt? Arctostaphylos leitet sich aus dem Griechischen ab, arctos ist dort der Bär und staphyle die Traube. Die aus dem Lateinischen stammende uva ist die Traube und ursus wieder der Bär. Für uns übersetzt aus den beiden alten Sprachen Europas hieße diese Pflanze: BärentraubeTraube des Bären.

Die rote Farbe der Beeren verweist auf die Anwendung bei Entzündungen, welche die Bärentraubenblätter insbesondere im Bereich der Harnwege heilen können. Die vielen Gerbstoffe in den Blättern, die beim Kauen die Mundschleimhaut zusammenziehen, zeigen die austrocknenden und konservierenden Eigenschaften der Arzneidroge. Die Blätter sind zudem immergrün – was als Hinweis gilt für die Beständigkeit der Pflanze und als Sinnbild für die bevorzugte Anwendung bei chronischen Leiden wie z.B. hier die wiederkehrenden Blasenentzündungen.

Inhaltsstoffe und Wirkung

Bärentraubenblätter haben folgende wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe:

  • 8% Arbutin und Methylarbutin
  • 20% Gerbstoffe
  • Flavonoide (Quercetin, Hyperosid)
  • Triterpene

Arbutin, der wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoff, ist ein Hydrochinonglykosid. Es wird im Körper so aufgespalten, dass Hydrochinon freigesetzt wird. Hydrochinon wiederum wird über die Niere ausgeschieden und wirkt auf diesem Wege stark desinfizierend. Lange Zeit hieß es, dass sich die Wirkung bei alkalischem Urin erhöhen würde und deshalb gleichzeitig Natriumhydrogencarbonat (Natron) verabreicht werden müsste. Neuere Studien zeigen jedoch: Der pH-Wert des Urins hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Bärentraubenblättertee. Dennoch empfehlen viele Praktiker, Bärentraubenblätter nicht gleichzeitig mit Nahrungsmitteln oder Medikamenten einzunehmen, die den Urin ansäuern, wie Süßigkeiten, Alkohol, Kaffee, Fleisch- und Wurstwaren, Käse.

Bärentraubenblätter haben folgende Wirkungen:

  • harntreibend, harnwegsdesinfizierend
  • antibakteriell – bevorzugt gegen Bakterien, die Entzündungen von Harnblase und Nierenbecken verursachen, z.B. Kolibakterien, Staphylokokken, Streptokokken, Proteus, Ureaplasmen, Enterobacter, und dem Hefepilz Candida albicans

Merke

Bärentraubenblätter haben gegenüber Antibiotika den Vorteil, dass sie nur auf erkrankte Harnwege einwirken und die übrigen Organe nicht belasten.

Anwendungsgebiete/Indikationen

Zubereitungen aus Bärentraubenblätter werden angewendet bei folgenden Indikationen der Harnwege und Nieren:

  • Entzündungen der ableitenden Harnwege
  • leichten Nierenbeckenentzündungen
  • unspezifische Harnwegsinfekte, Honeymoon-Zystitis
  • Harnsteinen
  • Reizblase

Fallbeispiel

Eine 73-jährige sehr resolute ältere Dame war verzweifelt darüber, dass sie immer wieder Blasenentzündungen bekam, selbst wiederholte Gaben von Antibiotika hatten nur kurzfristig geholfen. Außerdem musste sie nachts öfter auf die Toilette, was ihren Schlaf sehr beeinträchtigte. Da sie eine Teefreundin war, setzte sie sich gerne die Bärentraubenblätter kalt an und trank den Tee 1 Woche lang. Danach war die Entzündung abgeheilt und auch der Nachtschlaf verlief ungestörter

Indikationen nach Monografien

Bärentraubenblätter erhielten eine Positivmonografie des HMPC, der ESCOP, WHO und Kommission E. Das HMPC hat Bärentraubenblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft mit der Indikation wiederkehrender Blasenentzündungen (z.B. Brennen beim Wasserlassen und/oder häufiges Wasserlassen bei Frauen). Die ESCOP und Kommission E empfehlen die Anwendung bei (unkomplizierten) entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Wobei die ESCOP ergänzt „wenn eine Behandlung mit Antibiotika nicht erforderlich ist“.

Indikationen nach Erfahrungsheilkunde

In der Volksheilkunde wurden die Bärentraubenblätter auch bei Rheuma und Diabetes mellitus eingesetzt. Nach Gerhard Madaus zeigten sie auch Erfolge bei nächtlichem Bettnässen, wenn das Bindegewebe zu schwach war.

Wirkung auf die Psyche

Bärentraubenblätter bringen die Kraft des Bären in das Wurzelchakra, denn mit ihren kräftigen Wurzeln überlebt die Pflanze an den unwirtlichsten Standorten. Sie setzen klare Grenzen und machen mutig und stark.

Dosis/Dosierung

Einzeldosis: 3 g Droge oder 100–200 mg Hydrochinonderivate berechnet als Arbutin. Tagesdosis: 400–800 mg Hydrochinon. Die Therapie sollte nicht länger als 1 Woche andauern und höchsten 5-mal im Jahr durchgeführt werden.

Darreichungsformen und Zubereitungen

Der Kaltansatz der Blätter schont den Magen: Für den Tagesbedarf von etwa 1 l Tee 4–5 TL Bärentraubenblätter mit 1 l kaltem Wasser übergießen und unter gelegentlichem Umrühren 12 Stunden stehen lassen. Dabei gelangt fast der ganze Wirkstoffgehalt in den Tee, doch nur 35% der (den Geschmack) störenden Gerbstoffe. Danach auf Trinktemperatur erwärmen. 2–4 Tassen pro Tag sind die richtige Dosierung. Wenn nach wenigen Tagen kein Erfolg eingetreten ist, ist es ratsam den Arzt aufzusuchen.

Vorsicht

Durch den hohen Gerbstoffgehalt können die Magen- und Darmschleimhaut gereizt werden. Der Tee sollte deshalb nicht länger als 1 Woche getrunken werden.

Behandlungsempfehlung

Bewährte Fertigarzneimittel

  • Monopräparate: Arcutvan Tbl., Cystinol akut,
  • Kombinationspräparate: Cystinol Lösung (mit Goldrute)

Nebenwirkungen, Interaktionen, Kontraindikationen

  • Nebenwirkungen: Bei einer Entzündung der Harnwege muss reichlich Flüssigkeit getrunken werden. Der Harn kann sich während der Einnahme grünlich-braun färben. Bei magenempfindlichen Patienten Übelkeit, Erbrechen (aufgrund des hohen Gerbstoffgehaltes).
  • Interaktionen: Es sind keine bekannt.
  • Kontraindikationen: Da Hydrochinon selbst in hoher Dosierung oder bei langdauernder Anwendung zu Leberschäden führen kann und zudem im Verdacht steht, krebserregende und erbgutschädigende Wirkungen zu haben, verbietet sich eine Anwendung bei Kindern, Schwangeren oder stillenden Müttern.