Hinweis
Varikosis
Als Varizen („Krampfadern“) bezeichnet man oberflächliche Venen, die sackförmig und ungleichmäßig erweitert sind. Sie verlaufen meist geschlängelt und wirken knotig.
Die entsprechende Erkrankung wird als Varikosis (auch Varikose) bezeichnet und kommt sehr häufig vor – bei ca. 20 % der erwachsenen Bevölkerung in Industrienationen.
Merke
Leitsymptome der Varikosis
- kosmetisch störende Besenreiser und Krampfadern
- Müde, schwere Beine
- Schwellungsgefühl, Kribbeln, Jucken und Schmerzen in den Beinen
- Beschwerdezunahme nach langem Stehen oder Sitzen und bei Hitze, Besserung der Beschwerden beim Hochlegen der Beine (genau umgekehrt ist es bei der pAVK)
- abendliche Schwellung der Fußknöchel
- nächtliche Wadenkrämpfe.
Merke
Wann zum Arzt?
In den nächsten Wochen, wenn zunehmend schwere Beine, Spannungsgefühl und Knöchelschwellungen nach längerem Stehen auffallen.
Pathophysiologie
Varizen entstehen, wenn die Wand der betroffenen Vene geschwächt ist. Bei den erweiterten Venen liegen die Klappensegel der Venenklappen zu weit voneinander entfernt; die Klappen können nicht mehr dicht schließen, es besteht eine sog. (Venen-) Klappeninsuffizienz. Folge dieser undichten Klappen ist, dass das Blut nicht mehr zielgerichtet aus den oberflächlichen Venen nach oben und dann über die Perforansvenen und die tiefen Venen zum Herzen hin transportiert werden kann. Es sackt der Schwerkraft folgend in den oberflächlichen Venen nach unten ab; die Flussrichtung des Blutes kehrt sich somit um.
Varizen entstehen in den meisten Fällen (ca. 80 %) ohne klare Ursache (primäre oder idiopathische Varizen). Seltener (ca. 20 %) sind die Erweiterungen der oberflächlichen Venen Folge einer Abflussbehinderung im tiefen Venensystem, z. B. aufgrund einer Thrombose. Sie werden dann als sekundäre Varizen bezeichnet. Sekundäre Varizen können auch als Komplikation einer Leberzirrhose entstehen.
Als Risikofaktoren für Varizen gelten:
- familiäre Veranlagung („Bindegewebsschwäche“)
- hormoneller Einfluss (Frauen, v. a. während Schwangerschaften)
- zunehmendes Alter
- sitzende oder stehende Tätigkeit
- Bewegungsmangel
Einteilung: Hauptsächlich betroffen sind die Beine. Abhängig davon, welche oberflächlichen Venen dort erweitert sind, werden folgende Typen unterschieden:
- Stammvarizen: saphena magna (innerer Ober- und Unterschenkelbereich) oder V. saphena parva (Rückseite des Unterschenkels)
- Seitenastvarizen: kleinere Äste der beiden vorangehend genannten Venen
- Perforansvarizen: verbinden das oberflächliche mit dem tiefen Venensystem, meist entwickelt sich diese Art der Varikosis aus einer unbehandelten Stammvarize.
- retikuläre Varizen: netzartig angeordnete, varikös erweiterte oberflächliche Venen (Durchmesser 2 – 4 mm)
- Besenreiservarizen (Synonym: Teleangiektasien): kleinste, spinngewebsartige Varizen auf Hautniveau (Durchmesser < 1 mm)
Symptome
Begleitende Beschwerden bei einer Varikosis sind häufig:
- diffuses Spannungs-, Druck-, Schweregefühl in den Beinen
- T. Juckreiz oder Schmerzen im Bereich der Varizen
- nächtliche Fuß- und Wadenkrämpfe
Typischerweise verschlechtern sich die Symptome im Tagesverlauf durch langes Stehen oder Sitzen (v. a. mit angewinkelten Knien), da dadurch der venöse Abfluss erschwert wird. Auch Wärme verstärkt die Beschwerden; Saunagänge und Kneipp-Anwendungen sollten gemieden werden!
Beim Laufen wird die Muskelpumpe aktiviert und das abgesackte Blut nach oben transportiert (→ Verbesserung der Symptomatik). Hochlagern der Beine (auch nachts) verbessert ebenfalls den Blutabfluss in Richtung Herz.
Komplikationen
Der Rückstau innerhalb der Venen führt zu Beinödemen. Unbehandelt kann sich im Laufe der Zeit eine chronisch-venöse Insuffizienz bis hin zu einem Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris) entwickeln. Die Venen können sich entzünden (Phlebitis).
Vorsicht
Wenn eine Varizenruptur (Aufreißen eines Varizenknotens) auftritt, eine Krampfader also verletzt wird, droht eine starke Blutung. Folgende Maßnahmen sind durchzuführen: Bein hochlegen, blutende Vene mit einer Wundauflage abdrücken, bis die Blutung zum Stehen kommt. Ein anschließender Druckverband verhindert eine Nachblutung.
Diagnostik
Im Rahmen der klinischen Untersuchung zeigt sich i. d. R. bereits ein typischer klinischer Befund.
Außerdem geben Doppler- und Duplexsonografie Aufschluss über die Durchblutungsverhältnisse in den Beinvenen. Der bei Varikosis umgekehrte Blutfluss kann dargestellt werden.
Allgemeinmaßnahmen
Bei geringen Beschwerden besteht die konservative Therapie in der Anwendung von Kompressionsstrümpfen sowie Empfehlungen zur Verhaltensänderung: Langes Sitzen und Stehen sollte vermieden werden. Laufen, zwischenzeitliches Hochlagern der Beine und Liegen sind zu bevorzugen. Insgesamt sollten sich die Patienten (wenn möglich) mehr bewegen.
Merke
SL-Regel
Generell gilt bezüglich Venenerkrankungen der Beine (sog. SL-Regel): Sitzen oder Stehen sind schlecht – lieber Laufen oder Liegen.
Schulmedizinische Therapie
Seitenastvarizen, retikuläre Varizen und Besenreiser sind v. a. kosmetisch störend; sie können verödet werden. Hierzu kommen eine Laserbehandlung oder eine sog. Sklerosierung infrage. Bei Letzterer wird ein Mittel eingespritzt, das zum Verschluss und langfristig zum bindegewebigen Umbau der Vene führt. Diese Veränderungen der oberflächlichen Venen können auf Abflussbehinderungen in den tiefen Venen hinweisen. Daher sollte vor der Behandlung immer das gesamte Venensystem mittels Ultraschall untersucht werden.
Bei ausgeprägten Beschwerden werden Varizen operativ entfernt. Therapie der Wahl ist das Venenstripping. Hierbei wird die erweiterte Vene auf eine Sonde aufgefädelt und anschließend die Sonde zusammen mit der Vene herausgezogen. Bei der Crossektomie werden die Venen in der Leiste am Venenstern (auch als Krosse bezeichnet) unterbunden.
Als Komplikation der Venenentfernung kann sich durch Verletzung der Lymphgefäße ein Lymphödem bilden. Vorbeugend sollten deshalb auch nach der Operation noch eine Zeitlang Kompressionsstrümpfe getragen werden.
Naturheilkundliche Therapie
Ab- und Ausleitungsverfahren: Ein lokaler Aderlass an den großen Varizen durch Blutegel beseitigt die lokale Stauung und fördert die Mikrozirkulation. Achtung: Blutegel nicht direkt auf die Vene setzen, sondern neben die betroffene Stelle. Nur im gesunden Hautbereich durchführen. Bei der Blutegelbehandlung, die durch den Blutverlust einem sanften Aderlass entspricht, wirkt das vom Blutegel abgegebene Hirudin entzündungshemmend und antithrombotisch.
Homöopathie: Folgende konstitutionellen Arzneimittel können angezeigt sein – Acidum fluoricum, Arnica, Calcium carbonicum, Causticum, Lachesis, Sepia. Charakteristische Allgemein- und Gemütssymptome können jedoch auch auf andere Konstitutionsmittel verweisen.
Biochemie nach Dr. Schüßler: Das Schüßler-Salz Nr. 1 Calcium fluoratum ist eines der Mittel bei allen Erkrankungen, die mit Erschlaffung einhergehen, so auch bei Krampfadern. Es empfiehlt sich neben der inneren Anwendung das Auftragen einer Salbe auf die betroffenen Areale.
Phytotherapie: Angezeigt ist der konsequente und langfristige Einsatz pflanzlicher Phlebologika, um durch Tonisierung der Venen den venösen Rückfluss zu unterbinden, zudem besteht das Therapieziel in der Verbesserung der Mikrozirkulation und in der Ödemprotektion. Zur Anwendung kommen insbesondere Zubereitungen aus Rosskastaniensamen, Mäusedornwurzelstock, Buchweizenkraut, Steinkleekraut, rotes Weinlaub sowie äußerlich Hamamelisrinde. Um eine für den Patienten spürbare Erleichterung seiner Beschwerden zu erreichen, sollte die medikamentöse Therapie möglichst frühzeitig und langfristig eingesetzt und wenn möglich immer mit anderen geeigneten Heilmethoden wie der Venenkompression kombiniert werden.
- Aescin, der Hauptwirkstoff der Rosskastanie, führt auch zu einer verstärkten Venentonisierung der überdehnten Venen und damit zu einer Erhöhung der Blutflussgeschwindigkeit, was wiederum eine Abnahme der Blutviskosität bewirkt. Dazu kommt eine aquaretische Wirkung, die auf eine verstärkte Ausscheidung von Natrium, bei weitgehender Schonung von Kalium, beruht. Bevorzugt einzusetzen sind hauptsächlich auf Aescin standardisierte, aus Rosskastaniensamen gewonnene Extrakte.
- Zubereitungen aus Mäusedornwurzelstock verbessern den Transport und die Ausscheidung der Lymphflüssigkeit. Sie stärken zudem das venöse Stützgewebe. Sie werden wegen ihrer besseren Verträglichkeit gerne als Alternative zu Rosskastanienextrakten eingesetzt.
- Buchweizen sorgt für gute Durchblutung bis in die feinsten Kapillaren – diese Worte verdeutlichen die antiödematösen, ödemprotektiven und permebalitätsmindernden Eigenschaften in den Venen und Kapillaren.
- Steinklee ist eine weitere bewährte Heilpflanze bei Venenleiden. Verwendet werden die frischen oder getrockneten Blätter und die Zweige des blühenden Krautes. Die Cumarine und Flavonglykosid wirken antiexsudativ bei entzündlichen und durch Stauungen bedingten Ödemen. Dabei kommt es zur Zunahme des venösen Abflusses und der Lymphokinetik.
- Äußerlich angewendet werden Salben aus Hamamelisblätter/-rinde werden äußerlich wirken venentonisierend, gefäßverengend und entzündungshemmend.
Traditionell wird bei Venenerkrankungen häufig die Leber gestärkt, z. B. mit Mariendistelfrüchten oder Artischockenblättern. Diese Entstauungstherapie des venösen Systems bewirkt die Auflösung des Rückstaus im Pfortaderkreislauf und in den daran vorgeschalteten Organen und Blutgefäßen. Der Rückstau entsteht häufig durch einen nicht ausreichend funktionierenden Leberstoffwechsel.
Physikalische Therapie: Kneipp-Wassertreten und Wechselduschen der Beine mit kaltem und warmem Wasser vom Fuß bis zur Leiste lindern die Beschwerden, wobei kaltes Wasser den Abschluss bilden muss. Danach Füße und Beine mit einer Hautpflegecreme einreiben. Angezeigt sind auch Fußwechselbäder: Hierzu einen Bottich mit ganz kaltem und einen mit möglichst heißem Wasser füllen. Die Füße abwechselnd in je einen Bottich stellen.
Solarien, Sonnenbäder, heiße Vollbäder und tropische Hitze sind zu meiden, da Hitze Gift für die Venen ist.