Hinweis
Migräne
Die Migräne ist charakterisiert durch heftige und häufig einseitige Kopfschmerzattacken, die mit vegetativen Begleiterscheinungen (z. B. Übelkeit, Erbrechen) verbunden sind und für die sich keine fassbaren Ursachen finden lassen.
Merke
Leitsymptome der Migräne
- meist pulsierende und einseitige Kopfschmerzen, die wenige Stunden bis zu drei Tagen andauern, evtl. besteht ein Seitenwechsel
- Schmerzzunahme durch körperliche Aktivität, Alltagsaktivitäten stark beeinträchtigt oder unmöglich
- Lärm- oder Lichtscheu, Übelkeit, häufig Erbrechen
- Sehstörungen oder Missempfindungen, die dem Kopfschmerz vorausgehen
Merke
Wann zum Arzt?
Ein Migräneanfall beeinträchtigt die Betroffenen stark, bedroht jedoch nicht ihre Vitalfunktionen. Spricht der Patient auf keine naturheilkundlichen Behandlungen an oder treten erstmalig neurologische Ausfälle auf, ist eine Überweisung an den Neurologen erforderlich.
Ein Notarzt wird verständigt, bei hohem Fieber und steifem Nacken, bei Bewusstseinsstörungen, Krampfanfällen oder Ausfällen, wie etwa Sprachstörungen, um v.a. eine Meningitis und einen Schlaganfall auszuschließen.
Pathophysiologie
Die Migräne ist eine echte Volkskrankheit, denn in Deutschland ist etwa jeder zehnte Einwohner davon betroffen. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr und betrifft überwiegend Frauen (Verhältnis Frauen: Männer = 3 : 1).
Die Entstehung der Erkrankung ist noch nicht ganz geklärt, aber aktuell nimmt man an, dass eine genetische Veranlagung zu einer erhöhten Erregbarkeit der Hirnrinde und Empfindlichkeit für Schmerzreize im Hirnstamm führt. Ein Migräneanfall kann bei genetisch vorbelasteten Menschen dann durch innere oder äußere Einflüsse (Trigger) ausgelöst werden. Solche Trigger sind z. B.:
- ein veränderter Biorhythmus (z. B. veränderter Schlaf-wach-Rhythmus, Zeitverschiebungen)
- Hormonveränderungen (z. B. Menstruation, orale Kontrazeptiva)
- psychische Belastungen (Stress nach Ruhe oder Entspannung nach Stress)
- Ernährung (z. B. Alkohol, v. a. Rotwein, Südfrüchte, Käse)
- äußere Einflüsse (z. B. Lärm, ungewohnte Höhe, Kälte)
Symptome
Bevor die eigentliche Migräneattacke einsetzt, leidet etwa die Hälfte der Patienten an Ankündigungssymptomen (auch Prodromalphase genannt). Dabei kann es zu „Plus“- (Heißhunger, Überaktivität, Überempfindlichkeit, Euphorie) oder „Minus-Symptomen“ (Gereiztheit, Aggressivität, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Obstipation) kommen.
Stunden oder wenige Tage nach dieser Phase kommt es dann zu den typischen Kopfschmerzen. Der Migränekopfschmerz tritt häufig einseitig auf – man spricht auch von einer „Hemikranie“ –, er kann aber durchaus die Seite wechseln. Der Schmerz hat pulsierenden Charakter und wird durch Aktivität wie z. B. Treppensteigen verstärkt. Darüber hinaus bestehen vegetative Begleitsymptome wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Lärm-/Lichtscheu, oft auch „Geruchscheu“.
Etwa 10 – 15 % der Migränepatienten leiden zusätzlich an einer Aura, d. h., es treten neben dem Schmerz auch neurologische Beschwerden auf. Typisch sind hierfür visuelle Phänomene (z. B. Sehen von Lichtblitzen oder Flimmern), Lähmungen, Sprach- oder Sprechstörung und/oder Sensibilitätsstörungen. Die Aura tritt üblicherweise kurz vor den eigentlichen Kopfschmerzen auf und dauert weniger als eine Stunde.
Die Migräne-Kopfschmerzphase dauert normalerweise zwischen 4 und 72 Stunden. Bei einer Dauer über 72 Stunden spricht man von einem Migräne-Status.
Vorsicht
Auch Kinder können an einer Migräne erkranken, aber v. a. bei Kleinkindern ist die Symptomatik häufig nicht so „klassisch“ wie oben beschrieben, sondern sie klagen unter Umständen „nur“ über wiederkehrende Bauchschmerzen und Schwindel. Erst gegen Ende des Grundschulalters nähert sich die Symptomatik meist dem „klassischen“ Bild an.
Diagnostik
Die Anamnese ist der Schlüssel zur Diagnosestellung. Sehr hilfreich ist es auch, wenn die Patienten ein Kopfschmerztagebuch führen und darin alle Attacken inklusive Vorboten, Dauer, Schmerzintensität und Begleitsymptomen festhalten.
Mit weiteren Untersuchungsmethoden wie Labor- und apparative Untersuchungen (z. B. MRT) schließt man andere Erkrankungen als Kopfschmerzursache aus. Sie sollten beim erstmaligen Auftreten der Beschwerden und wenn die Anfälle anders als bisher verlaufen (z. B. Aurasymptomatik oder der zeitliche Verlauf ändern sich) durchgeführt werden.
Schulmedizinische Therapie
Akuttherapie der Schmerzattacken
Beim akuten Migräneanfall hat sich folgendes Vorgehen bewährt:
- Möglichst frühzeitige Einnahme eines Antiemetikums wie Metoclopramid (z. B. Paspertin; aber nicht bei Kindern unter 14 Jahren!) oder Domperidon (z. B. Motilium; aber nicht bei Kindern unter 10 Jahren!), damit die eigentlichen Schmerzmedikamente überhaupt wirken können (und nicht sofort wieder erbrochen werden).
- Zusätzliches Analgetikum, ausreichend hoch dosiert und wegen Übelkeit/Erbrechen am besten parenteral, bei Selbsttherapie 15 min nach dem Antiemetikum schlucken. Häufig eingesetzte Analgetika sind Acetylsalicylsäure (als Brausetablette), Paracetamol, Ibuprofen, Naproxen, Metamizol, Mischpräparate ASS + Paracetamol + Coffein (wirksamer als Einzelsubstanzen).
- Bei schweren Attacken sofort oder wenn die oben genannten Substanzen nicht ausreichend wirksam waren Triptane (Serotoninrezeptor-Agonisten, z. B. Sumatriptan)
Vorsicht
Die chronische Einnahme von Triptanen kann wie die chronische Einnahme von Schmerzmitteln zur Zunahme der Migräneattacken führen!
Merke
Der Patient sollte die oben genannten Medikamente zu Hause haben, um möglichst frühzeitig therapeutisch eingreifen zu können.
Migräneprophylaxe
Bei häufigem Gebrauch von Analgetika besteht die Gefahr eines analgetikaverursachten Kopfschmerzes und damit gerät man dann in einen „Teufelskreis“, den man unbedingt vermeiden sollte. Aus diesem Grund gibt es klare Kriterien, für welche Patienten eine Migräneprophylaxe sinnvoll ist. Es sind Patienten mit
- regelmäßig (mehr als) 3 Attacken pro Monat
- Attacken, die meist länger als 72 Stunden dauern
- komplizierten Attacken mit beeinträchtigender oder langanhaltender Aura
- Unverträglichkeit der Medikamente zur Akuttherapie
- einer Migränekomplikation in der Vergangenheit, die zum Hirninfarkt geführt hat (Migräneinfarkt)
Eingesetzte Medikamente sind:
- Medikamente der 1. Wahl:
- β-Blocker Metoprolol (z. B. Beloc mite) und Propranolol (z. B. Dociton),
- Antikonvulsiva Topiramat (z. B. Topamax Migräne) und Valproinsäure (z. B. Orfiril) sowie der
- Kalziumantagonist Flunarizin (z. B. Flunarizin-CT)
- Medikamente der 2. Wahl:
- Naproxen (v. a. bei menstrueller Migräne = Migräneattacken zum Zeitpunkt der Menstruation bzw. Ovulation; z. B. Naproxen Stada)
- β-Blocker Bisoprolol
- Amitriptylin (z. B. Saroten)
Daneben sollten Triggerfaktoren minimiert bzw. gänzlich vermieden werden, auch Entspannungsverfahren haben einen positiven Effekt.
Merke
Auch (Ausdauer-)Sport hilft nachweislich, um Migräneanfälle zu vermeiden.
Naturheilkundliche Therapie
Um die unterschiedlichen Auslöser für eine Migräneattacke sowie diejenigen Faktoren, die ihre Entstehung begünstigen, positiv zu beeinflussen, ist eine Umstimmung durch eine Entgiftungs- bzw. eine Entsäuerungstherapie mithilfe naturheilkundlicher Präparate sowie eine Darmsanierung und Ozon-Eigenbluttherapie zu empfehlen. Naturheilkundliche Präparate enthalten u.a. basische, natriumfreie Mineralstoffverbindungen, Spargel- und Spirulinaalgenpulver und Zink für den Säure-Basen-Haushalt sowie Kalzium und Magnesium zur Unterstützung des Energiestoffwechsels. Als Basistherapie wird die Große Ozon-Eigenblutbehandlung (GEB) 2-mal wöchentlich (insgesamt 10 Behandlungen) mit je 50–80 ml und nach der ersten Behandlung ansteigender Ozonkonzentration durchgeführt.
Biochemie nach Dr. Schüßler: Das biochemische Mineralsalz Nr. 7 Magnesium phosphoricum D6 ist bei akuten Beschwerden als „Heiße 7“ angewendet hilfreich. Es werden dazu 10 Tbl. in einem Becher mit warmem Wasser aufgelöst, dies schluckweise trinken, indem man die Flüssigkeit im Mund behält. Diese Zubereitung kann bei akuten Beschwerden 2- bis 3-mal im Abstand von jeweils einer Stunde eingenommen werden. Bei chronischen Beschwerden kommt 1 × tgl. eine „Heiße 7“ über einige Wochen zur Anwendung.
Chinesische Medizin: Aus Sicht der TCM ist die Migräne Folge einer Blockade der Kopfleitbahnen durch eine zu stark aufwärtsgerichtete Bewegung des Leber-Yang. Dies wird begünstigt durch einen Mangel an Yin-Äquivalenten der Leber selbst (Leber-Yin, Leber-Blut), aber auch eine Yin-Schwäche der Nieren und/oder der Lunge (Sequenzen der Wandlungsphasen). Die Behandlung sieht daher vor, das Leber-Yang zu besänftigen, den Yin-Aspekt von Niere und Lunge zu stärken und die Kopfleitbahnen, v. a. der Shao-Yang- Schicht (Gallenblasen- und 3E-Meridian), durchgängig zu machen. Genadelt werden entsprechende Punkte der Gallenblasen-, Dickdarm-, Magen- und Milz-Leitbahn.
Homöopathie: Auch in der Homöopathie können als Konstitutionsmittel Magnesiumsalze, wie z.B. Magnesium carbonicum, Magnesium muriaticum und Magnesium sulfuricum angezeigt sein – bei allen Magnesiumsalzen kann in der Anamnese das Thema Trennung, Verlassen werden, Alleinsein beobachtet werden. Nach ausführlicher Anamnese und sorgfältiger Repertorisation können auch andere Arzneimittel infrage kommen, z.B. Belladonna, Calcium carbonicum, Cimicifuga, Cyclamen, Gelsemium, Kalium carbonicum, Lachesis, Lycopodium, Natrium muriaticum, Sepia, Silicea, Sulfur.
Manuelle Therapie: Behandlungsschwerpunkt der Manuellen Therapie bzw. Chiropraktik sind lokale Blockaden der HWS, insbesondere der Kopfgelenke. Nach der Mobilisation der Weichteilstrukturen können sanfte Mobilisationen an den Atlas-Axis-Gelenken vorgenommen werden. Zudem werden die Skaleni-Muskeln mit MET-Techniken behandelt, da deren Verkürzung zu einer Einschränkung des zervikothorakalen Übergangs führt. Die vegetativen Begleitsymptome sprechen gut auf kraniosakrale Techniken an. Bei Triggerpunkten sind zusätzliche neuraltherapeutische Injektionen die Therapie der Wahl.
Orthomolekulare Medizin: Therapieschwerpunkt ist die Verabreichung von Magnesiumverbindungen, da Magnesium die zerebralen Gefäße schützt, indem es den transmembranären Kaliumstrom beeinflusst und als Kalziumantagonist wirkt. Des Weiteren nimmt man an, dass es weitere mögliche Pathomechanismen der Migräne positiv beeinflusst (Übererregbarkeit, neurogene Inflammation). Verabreicht wird bevorzugt Magnesiumorotat.
Phytotherapie: Zubereitungen aus Pestwurzwurzelstock und Mutterkraut werden vorrangig zur Prophylaxe eingesetzt. Sie wirken entzündungshemmend, schmerzlindernd, krampflösend und vegetativ ausgleichend. Auf die Stirn und im Nacken aufgebrachtes Pfefferminzöl ist auch für Kinder ab sechs Jahren sehr gut geeignet. Empfehlenswert ist auch eine Teekur mit Leber- und gallewirksamen Heilpflanzen, wie z.B. Pfefferminze, Löwenzahn, um die Stoffwechselbelastung zu minimieren.