Hinweis
Erbrechen
Unter Erbrechen (Emesis) versteht man eine plötzliche, schwallartige Entleerung des Speiseröhren- und Mageninhalts durch den Mund. Das Erbrechen von Blut bezeichnet man als Hämatemesis. Erbricht der Patient Stuhl, spricht man von Miserere.
Hinweis
Wann zum Arzt?
Sofort zum Arzt oder ins Krankenaus, wenn
- Blut oder Stuhl erbrochen wird. Das Erbrechen von Blut (hellrot oder kaffeesatzartig) oder Stuhl ist ein dringlicher Warnhinweis auf potenziell lebensbedrohliche Erkrankungen. Die Diagnostik muss umgehend erfolgen!
- Das Erbrechen plötzlich einsetzt und stark ausgeprägt ist.
- Fieber besteht
- nach einem Kopftrauma
- Bewussteinstrübung oder -veränderung vorliegt oder damit einhergeht
Erbrechen wird durch eine Reizung von Rezeptoren im Brechzentrum (Area postrema) ausgelöst; dieses befindet sich im Hirnstamm.
Mögliche Ursachen im Verdauungssystem
Viele verschiedene Erkrankungen des Verdauungssystems können Übelkeit und Erbrechen auslösen:
In der Speiseröhre können Divertikel oder eine gastroösophageale Refluxkrankheit Übelkeit und Erbrechen verursachen. Bluterbrechen (Hämatemesis) weist auf eine obere Gastrointestinalblutung hin. Hellrotes, frisches Blut ist noch nicht mit dem sauren Magensaft in Kontakt getreten; das Erbrechen von frischem Blut kommt u. a. bei blutenden Ösophagusvarizen vor.
Im Magen können eine Gastritis oder ein Ulkus für Übelkeit und Erbrechen verantwortlich sein. Liegt die Blutungsquelle einer oberen Gastrointestinalblutung im Magen (z. B. bei einem blutenden Ulkus oder Magenfundusvarizen), ist das Erbrochene meist bräunlich-geflockt (kaffeesatzartig). Das Blut ist dann bereits mit dem sauren Magensaft in Kontakt getreten.
Merke
Bluterbrechen
Die Farbe des erbrochenen Blutes kann Hinweise auf die Lokalisation der Blutungsquelle geben:
- hellrotes, frisches Blut: Das Blut hatte noch keinen Kontakt mit der Magensäure; die Blutungsquelle liegt meist oberhalb des Magens (z. B. in der Speiseröhre). Bei einer massiven Blutung im Magen erbrechen die Patienten jedoch ggf. auch frisches Blut.
- kaffeesatzartiges Erbrechen: Das Blut hatte bereits Kontakt mit der Magensäure; die Blutungsquelle liegt i. d. R. im Magen. Kaffeesatzartiges Erbrechen kann jedoch auch bei Blutungen im Bereich der Speiseröhre vorkommen – wenn das Blut vor dem Erbrechen verschluckt wurde.
Wenn die Passage des Mageninhalts behindert ist, kommt es ebenfalls zu Erbrechen (z. B. bei einer Pylorushypertrophie). Galliges (gelbliches) Erbrechen spricht dafür, dass ein Passagehindernis hinter der Einmündung des Gallengangs in den Zwölffingerdarm liegt. Dies kann u. a. nach Magenoperationen (z. B. beim Afferent-Loop-Syndrom) der Fall sein. Das Erbrechen von Stuhl (sog. fäkulentes Erbrechen bzw. Miserere) deutet auf einen Dickdarmileus hin, z. B. bei einem kolorektalen Karzinom.
Auch eine virale oder bakterielle Infektion (Gastroenteritis) kann mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen. Weitere mögliche Ursachen sind Entzündungen, z. B. eine Appendizitis, Pankreatitis und/oder eine Reizung des Bauchfells (Peritonitis). Auch Gallen- oder Nierenkoliken können Übelkeit und Erbrechen auslösen.
Differenzialdiagnosen
Eine direkte Reizung des Brechzentrums löst das sog. zentrale Erbrechen aus. Ursächlich kann eine Erhöhung des Hirndrucks sein – z. B. nach einem Schädel-Hirn-Trauma, bei einer Hirnblutung, einem Hirntumor oder einer Entzündung der Hirnhäute (Meningitis).
Vergiftungen (z. B. mit Alkohol) und bestimmte Medikamente, u. a. Opiate, Chemotherapeutika, Narkosemedikamente (v. a. Narkosegase), können Erbrechen auslösen. Das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen nach einer Operation bezeichnet man auch als PONV (engl.: postoperative nausea and vomiting).
Weitere mögliche Ursachen sind Stoffwechselstörungen: z. B. eine Urämie oder eine Diabetesentgleisung (diabetische Ketoazidose). Auch Hormonschwankungen (z. B. bei einer Schwangerschaft) können mit Übelkeit einhergehen; ebenso starke Schmerzen, z. B. bei Herzinfarkt, Nierenkolik, stielgedrehter Ovarialzyste, Hodentorsion oder einem Glaukomanfall.
Eine weitere häufige Ursache von Übelkeit und Erbrechen ist ein Migräneanfall. Auch Erkrankungen des Gleichgewichtsorgans können ursächlich sein, z. B. Morbus Menière oder Reisekrankheit (Kinetose). Diese gehen teilweise mit starkem Drehschwindel einher.
Darüber hinaus kann Erbrechen psychisch bedingt sein (bei Stress, Ekel, selbst herbeigeführt im Rahmen einer Bulimie etc.).
Abzugrenzen vom Bluterbrechen ist das Aushusten von blutigem, meist schaumigem Sekret (Hämoptyse). Dies kommt u. a. im Rahmen von Lungenerkrankungen, wie einer Bronchitis oder einem Bronchialkarzinom, vor.