Hinweis
Dyspnoe
Unter Dyspnoe (Atemnot, Luftnot) versteht man ein vom Patienten empfundenes Gefühl, „nicht genug Luft zu bekommen“ und deswegen die Atemtätigkeit steigern zu müssen.
Merke
Wann zum Arzt?
Sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus, wenn
- die Dyspnoe akut und plötzlich auftritt
- mit Zyanose und/oder kardialen Symptomen verbunden ist
- sich eine akut bedrohliche Situation abzeichnet
Pathophysiologie
Atemnot entsteht, wenn das Atemzentrum im Gehirn meldet, dass nicht genug Sauerstoff (O2) bzw. zu viel Kohlendioxid (CO2) im Blut ist oder der Blut-pH zu niedrig ist. Normalerweise springen unter diesen Bedingungen entsprechende Kompensationsmechanismen an, die aber in der Regel nicht bewusst wahrgenommen werden (z. B. werden Atem- und Herzfrequenz gesteigert). Falls diese Gegenregulation nicht ausreichend stattfindet, empfindet man Atemnot und versucht z. B. durch ein noch stärkeres Ringen nach Luft, aktiv dazu beizutragen, dass die Versorgung der Organe wiederhergestellt wird. Häufig versuchen die Betroffenen, ihre Atemhilfsmuskeln einzusetzen, um besser Luft zu bekommen. Dazu setzen sie sich aufrecht hin und stützen sich mit den Armen seitlich ab (Atmen in aufrechter Körperposition = Orthopnoe). Bei starker Atemnot sieht man, dass sich die Nasenflügel verstärkt mitbewegen (Nasenflügeln) und die Haut zwischen den Rippen beim Einatmen eingezogen wird.
Je nachdem, wie schnell sich die Dyspnoe entwickelt, wird zwischen der akuten Atemnot (rasch innerhalb weniger Minuten bis Stunden) und der chronischen Atemnot (langsam im Lauf von Tagen oder Wochen) unterschieden. Abhängig davon, wann die Atemnot auftritt, unterscheidet man weiter zwischen der sog. Belastungsdyspnoe (= Atemnot, die nur bei körperlicher Anstrengung auftritt) und Ruhedyspnoe (= Atemnot, die schon in Ruhe vorhanden ist). Eine genauere Schweregradeinteilung zeigt die Tabelle weiter unten.
Mögliche Ursachen im Bereich des Atmungssystems
Luftnot ist ein sehr häufiges Symptom, das bei Erkrankungen der Atemwege, der Lunge und der Pleura auftreten kann. Patienten mit Asthma bronchiale klagen beispielsweise über anfallsartige Luftnot, bei Patienten mit COPD besteht die Atemnot zunächst nur bei Belastung, später auch schon in Ruhe; hinzu kommen der produktive Husten und das oft langjährige Rauchen. Auch Erkrankungen der oberen Atemwege gehen mit Luftnot einher, wenn die Atemwege zum Teil verschlossen sind, z. B. bei entzündlichen Schleimhautschwellungen (z. B. Pseudokrupp, Keuchhusten, Epiglottitis), bei Fremdkörpern oder bei Tumoren. Neben den Atemwegen kann die Ursache auch in der Lunge (z. B. Pneumonie, interstitielle Lungenerkrankungen), in der Pleura (z. B. Pleuraerguss, Pneumothorax) oder in den Lungengefäßen (z. B. Lungenembolie oder chronisch pulmonale Hypertonie) liegen.
Bei diesen Erkrankungen kommt es zur Atemnot, da entweder die Belüftung oder der Gasaustausch oder die Durchblutung der Lunge beeinträchtigt ist.
Differenzialdiagnosen
Die häufigste Differenzialdiagnose ist die Atemnot, die vom Herzen ausgeht (sog. kardiale Dyspnoe). Sie entsteht, wenn der Transport der Atemgase im Blut aufgrund des beeinträchtigten Kreislaufs eingeschränkt ist. Die mit Abstand häufigste Ursache ist die Linksherzinsuffizienz, also wenn das linke Herz das aus der Lunge stammende Blut nur unzureichend auswerfen kann.
Auch Erkrankungen der Atempumpe, also des Atemzentrums, der Atemmuskulatur und des Brustkorbs, führen zur Atemnot. Erkrankungen des Gehirns wie ein erhöhter Hirndruck, eine Vergiftung oder ein Schlaganfall können das Atemzentrum schädigen, was zur Atemnot führt. Daneben können Erkrankungen der Muskeln und Nerven sowie des Brustkorbs die Atemmechanik so behindern, dass Atemnot entsteht. Beispiele sind Rippenbrüche, eine starke Wirbelsäulenkrümmung oder eine Zwerchfelllähmung. Weitere Ursachen sind Stoffwechselerkrankungen (z. B. diabetische Ketoazidose) oder eine Anämie. Wenn der Sauerstoffbedarf im Gewebe höher ist als normal, kann es auch zur Atemnot kommen, z. B. bei körperlicher Anstrengung oder bei Fieber. Atemnot kann auch psychisch hervorgerufen werden, z. B. beim Hyperventilationssyndrom.
Schweregradeinteilung der Dyspnoe nach der Americian Thorax Society (ATS) zeigt die Tabelle.
Grad | Bezeichnung | Beschreibung |
1 | leichte Belastungsdyspnoe | Atemnot beim raschen Gehen in der Ebene oder beim Bergaufgehen |
2 | mäßige Belastungsdyspnoe | Atemnot beim Gehen im normalen Tempo Gleichaltriger in der Ebene, Einlegen von Gehpausen beim Gehen im eigenen Tempo |
3 | schwere Belastungsdyspnoe | Patient muss beim Gehen nach einigen Minuten oder nach ca. 100 Metern im Schritttempo eine Pause einlegen |
4 | sehr schwere Dyspnoe (Ruhedyspnoe) | Patient ist zu kurzatmig, um das Haus zu verlassen; Luftnot beim Reden und/oder Anziehen |