Wenn ein Mediziner von „Herzinsuffizienz“ spricht, meint er immer die chronische Herzinsuffizienz, während er mit „Herzversagen“ die akute Herzinsuffizienz meint.
Hinweis
Herzinsuffizienz
Eine Herzinsuffizienz liegt vor, wenn die Funktion des Herzens so eingeschränkt ist, dass die vom Herzen ins Gefäßsystem gepumpte Menge Blut nicht mehr ausreicht, um den Körper ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Im Körper kommt es zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot. Man unterscheidet dabei:
- Vorwärtsversagen des Herzens (engl. forward failure): Durch ein zu geringes Herzzeitvolumen (HZV = Blutvolumen, das pro Minute vom linken Herzen über die Aorta in den Körper gepumpt wird) kann der Sauerstoffbedarf im Körper nicht gedeckt werden.
- Rückwärtsversagen des Herzens (engl. backward failure): Das zum Herzen transportierte Blut wird nicht adäquat weitertransportiert und staut sich vor der jeweiligen Herzhälfte. Das nicht weitertransportierte Blut fehlt bei der Sauerstoffversorgung des Körpers.
Die Herzinsuffizienz ist eines der häufigsten internistischen Krankheitsbilder und betrifft hauptsächlich ältere Menschen. Kinder trifft eine Herzinsuffizienz meist dann, wenn durch angeborene Herzfehler die Funktionsfähigkeit des Herzens stark eingeschränkt ist. Je nachdem, welcher Teil des Herzens hauptsächlich betroffen ist, unterscheidet man eine Rechtsherzinsuffizienz, eine Linksherzinsuffizienz und eine Globalherzinsuffizienz (= rechtes und linkes Herz).
Merke
Leitsymptome der Herzinsuffizienz
- Müdigkeit, Erschöpfung, Leistungsschwäche
- zunehmende Atemnot oder Herzstolpern bei körperlicher Belastung wie langen Spaziergängen oder Treppensteigen
- Ödeme, v.a. sichtbar an den Unterschenkeln
- häufiges nächtliches Wasserlassen (Nykturie: eingelagerte Flüssigkeit kann nachts besser ausgeschieden werden)
- auffällig hervortretende Halsvenen
- im fortgeschrittenen Stadium auch: Atemnot oder Husten im Liegen mit Besserung nach dem Aufstehen, nächtliches Erwachen wegen Atemnot, asthma-ähnliche Atemgeräusche („Pfeifen“ bei der Ausatmung), blaue Lippen
Merke
Wann zum Arzt?
In den nächsten Tagen, wenn:
- die körperliche Leistungsfähigkeit beunruhigend abnimmt,
- bei alltagsüblicher Belastung (wie Treppensteigen über zwei Etagen) eine bisher nicht gekannte Atemnot auftritt,
- sich Ödeme an den Unterschenkeln mit länger anhaltenden Druckdellen im Gewebe zeigen.
Heute noch, wenn
- es zu anhaltendem Herzstolpern kommt.
- das Atmen im Liegen schwerer fällt als im Sitzen.
Pathophysiologie
Lässt die Herzkraft nach, so wird nicht mehr genug Blut in die Arterien von Lungen- oder Körperkreislauf gepumpt und zugleich staut sich das Blut vor dem Herzen zurück – je nach Herzkammer (Rechtsherz- oder Linksherzbelastung) mit unterschiedlichen Auswirkungen. Als Ursache für eine chronische Herzinsuffizienz kommt eine Vielzahl an Erkrankungen in Frage.
Der Arzt unterscheidet zum einen Grunderkrankungen des Herzens, allen voran
- koronare Herzkrankheit,
- Kardiomyopathien,
- Herzmuskelentzündungen,
- Herzklappenerkrankungen,
- Herzrhythmusstörungen,
sowie Grunderkrankungen außerhalb des Herzens, die die Herzleistung stark beeinträchtigen, darunter am häufigsten ein
- langjährig schlecht eingestellter Bluthochdruck,
- Blutarmut,
- Störungen des Hormonhaushalts der Schilddrüse, Nebennieren oder auf Ebene der Steuerhormone,
- Medikamentennebenwirkungen (z. B. Antidepressiva, Zytostatika),
- Nierenfunktionsstörungen,
Vertiefung
Herzzyklus, Formen der Herzinsuffizienz
Beim Herzzyklus unterscheidet man die Systole (Kontraktionsphase) und die Diastole (Erschlaffungsphase).
- In der Systole entleeren sich die Herzkammern (Ventrikel). Aus der linken Kammer wird Blut in die Aorta (→ Körperkreislauf) gepumpt, aus der rechten Kammer in die Pulmonalarterien (→ Lungenkreislauf). Die Taschenklappen zu den Gefäßen (Aorta- und Pulmonalklappe) öffnen sich; die Segelklappen zwischen den Vorhöfen und den Kammern (Mitral- und Trikuspidalklappe) sind geschlossen.
- In der Diastole füllt sich das Herz wieder. Die Taschenklappen schließen, die Kammern erschlaffen. Wenn der Druck in den Vorhöfen den Druck in den Herzkammern wieder übersteigt, öffnen sich die Segelklappen (Mitral- und Trikuspidalklappe) und das Blut strömt aus den Vorhöfen in die beiden Herzkammern.
Herzinsuffizienz
Beide Phasen können durch unterschiedliche Ursachen gestört sein und zu einer Herzinsuffizienz führen:
- Eine Störung der systolischen Ventrikelfunktion kann 2 Mechanismen zur Ursache haben: 1. Die Kammern haben eine Kontraktionsschwäche. Hierzu kommt es häufig aufgrund einer Minderdurchblutung (z. B. bei einer KHK und einem Herzinfarkt), bei angeborenen oder erworbenen Störungen am Herzmuskel (Kardiomyopathie) oder bei einer Entzündung am Herzmuskel (Myokarditis). 2. Die Kammern haben eine zu hohe Wandspannung durch zu viel Volumen im Inneren der Herzkammer (z. B. bei undichten Herzklappen) oder sie müssen einen zu hohen Druck aufbauen – z. B. bei arteriellem Bluthochdruck bzw. Hochdruck im Lungenkreislauf oder bei Aorten- bzw. Pulmonalklappenstenose.
- Bei einer Störung der diastolischen Ventrikelfunktion können ebenfalls mehrere Ursachen zu einer Füllungsbehinderung führen: z. B. behindert ein großer Perikarderguss die Füllung des Herzens. Herzklappenfehler – wie eine Mitralklappenstenose – können ebenfalls die Füllung des Herzens behindern.
Schließlich können auch Herzrhythmusstörungen zur Herzinsuffizienz führen. Bei einem unregelmäßigen Herzzyklus verlaufen auch Füllung und Entleerung des Herzens unregelmäßig. Es gelangt nicht die abgestimmte und notwendige Menge sauerstoffreichen Blutes in den Körper.
Die vorangehend beschriebenen Ursachen führen v. a. über ein Pumpversagen des Herzmuskels (engl. Low-output Failure) zu einem verminderten Herzzeitvolumen (HZV) und somit zu einer Minderversorgung der Organe.
In selteneren Fällen kann sich eine Herzinsuffizienz jedoch auch bei einem gesteigerten HZV (engl. High-output-Failure) entwickeln. Beispiel hierfür ist eine Anämie: Aufgrund des verminderten Sauerstoffgehalts im Blut muss das HZV stark gesteigert werden, um die Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.
Bei einer kompensierten Herzinsuffizienz gelingt es dem Organismus, dem reduzierten Herzzeitvolumen mit Anpassungsmechanismen entgegenzuwirken. Es bestehen i. d. R. keine ausgeprägten Beschwerden. Von einer dekompensierten Form spricht man, wenn die Kompensationsmechanismen des Herzens überlastet sind: Es entwickeln sich die typischen Beschwerden, wie Ödeme, Luftnot und Leistungsabfall.
Kompensierte Herzinsuffizienz
Der Organismus versucht mit verschiedenen Mechanismen, dem reduzierten Herzzeitvolumen entgegenzuwirken. Die Neurotransmitter des Sympathikus (Noradrenalin und Adrenalin) werden vermehrt ausgeschüttet und erhöhen die Kontraktionskraft des Herzmuskels und die Herzfrequenz. Außerdem bewirken sie über eine Verengung von Gefäßen in der Peripherie, dass der Blutdruck gesteigert wird und die zentralen Organe besser durchblutet werden können (Zentralisation). Somit kann die Herzinsuffizienz kurzfristig kompensiert werden. Eine kompensierte Form der Herzinsuffizienz liegt vor, wenn keine ausgeprägten Symptome bestehen.
Dekompensierte Herzinsuffizienz
Langfristig führt die ständige Überstimulation des Herzens und des Kreislaufes mit Noradrenalin jedoch dazu, dass die verbleibende Pumpfunktion noch schneller abnimmt und dass irgendwann die Reserven ausgeschöpft sind: Die Herzinsuffizienz dekompensiert und macht sich durch typische Symptome bemerkbar, z. B. Luftnot (Dyspnoe), verminderte Leistungsfähigkeit, Ödeme (Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe).
Vom zeitlichen Verlauf her unterscheidet man bei einer Herzinsuffizienz außerdem die akute und die chronische Form: Die akute Form entwickelt sich innerhalb von Stunden oder Tagen (häufige Auslöser sind ein Herzinfarkt und/oder Herzrhythmusstörungen). Die häufigere chronische Form entwickelt sich über mehrere Monate bis Jahre. Ursache ist in den meisten Fällen eine KHK.
Symptome
Die Symptome einer Herzinsuffizienz hängen davon ab, ob es sich um eine Rechts-, Links- oder Globalherzinsuffizienz handelt. Abhängig davon staut sich das Blut in unterschiedliche Körperabschnitte zurück.
Rechtsherzinsuffizienz
Ein Blutstau vor dem rechten Herzen führt dazu, dass sich das Blut auch in den Hohlvenen und im Übrigen venösen System aufstaut. Typische Stauungszeichen sind:
- Ödeme: Der Druck in den venösen Gefäßen steigt und Flüssigkeit tritt ins Gewebe aus. Die Ödeme findet man typischerweise an den unteren Extremitäten in Form von Knöchelödemen; sie entstehen v. a. im Tagesverlauf und bilden sich über Nacht wieder zurück. Bei Patienten, die vorwiegend liegen, sammeln sich die Ödeme gemäß der Schwerkraft am tiefsten Punkt des Körpers, d. h. oft in der Gesäßgegend, im Rücken oder in den Flanken. Man spricht dann von Anasarka.
Merke
Gewichtszunahme: Aufgrund der Einlagerung von Flüssigkeit kommt es zur Gewichtszunahme. Daher ist die engmaschige Kontrolle des Körpergewichts bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz besonders wichtig.
- Nykturie (nächtliches Wasserlassen): Im Liegen muss das rechte Herz das im Stehen entstehende Gefälle zu den Beinen nicht mehr überwinden. Außerdem muss es generell nicht so viel leisten wie tagsüber. Es fördert daher nachts die tagsüber eingelagerte Flüssigkeit stärker durch den Kreislauf. Die überschüssige Flüssigkeit wird über die Nieren, die nachts auch besser durchblutet sind, ausgeschieden. Viele Patienten mit einer Herzinsuffizienz können nachts nicht mehr durchschlafen, sondern gehen mehrmals pro Nacht zur Toilette.
- Halsvenenstauung: Verdickte Halsvenen sprechen für einen Rückstau des Blutes vor dem Herzen.
- Stauungsleber: Wegen des Rückstaus des Blutes in die Lebervenen führt eine länger andauernde Rechtsherzinsuffizienz zunächst zu einer Vergrößerung der Leber (Hepatomegalie) und später zu einer Leberfunktionsstörung.
- Stauungsgastritis: Diese kann sich in abdominellen Beschwerden und Appetitlosigkeit äußern.
Linksherzinsuffizienz
Eine Linksherzinsuffizienz mit Vorwärtsversagen fällt primär durch eine reduzierte Leistungsfähigkeit, Schwindel und Synkopen (plötzlich eintretende, kurzfristige Bewusstlosigkeit) auf. Häufig werden daher die Symptome der Herzinsuffizienz gerade bei älteren Patienten unterschätzt, da sie sich aufgrund anderer Erkrankungen ggf. schonen und deshalb Belastungseinschränkungen nicht so stark bemerkt werden. Bei älteren Menschen kommt es zudem oft zu zerebralen Leistungsstörungen (wie Verwirrtheit).
Bei einer Linksherzinsuffizienz mit Rückwärtsversagen staut sich das Blut aus dem linken Herzen zurück in die Lunge. Dadurch steigt der Druck im Lungenkreislauf an und es kommt zum Austritt von Flüssigkeit in die Alveolen (Lungenbläschen). Die Linksherzinsuffizienz macht sich daher u. a. über Beschwerden bei der Atmung bemerkbar: Bei einer Lungenstauung ist die Atmung der Patienten erschwert und sie berichten über Luftnot (Dyspnoe). Dies wird auch als Asthma cardiale bezeichnet. Die Luftnot tritt zunächst nur unter körperlicher Belastung auf, im fortgeschrittenen Stadium aber auch in Ruhe. Die Patienten können nachts meist nicht mehr flachliegen und berichten über nächtliches Husten. Sie müssen mit erhöhtem Oberkörper schlafen, da dies den Druck in den Lungengefäßen und nächtliche Atemnot reduziert. Die Luftnot bessert sich typischerweise im Sitzen, wenn die Arme aufgestützt werden (Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur). Man spricht auch von Orthopnoe. Bei der Lungenauskultation hört man ggf. feinblasige Rasselgeräusche. Diese entstehen durch den Austritt von Flüssigkeit aus den Lungenkapillaren ins Lungengewebe (interstitielles Lungenödem). Übersteigt der Druck in den Lungenvenen einen kritischen Wert, kommt es innerhalb kürzester Zeit zum massiven Austritt von Flüssigkeit in die Alveolen (alveoläres Lungenödem). Die Patienten haben extreme Luftnot, husten schaumiges Sekret ab und man hört bei der Auskultation grobblasige Rasselgeräusche. Es kann zu einer Ansammlung von Flüssigkeit in der Pleura kommen (Pleuraerguss). Dadurch wird die Luftnot häufig noch weiter verstärkt, da sich die Lunge nicht mehr so gut entfalten kann. Ein Lungenödem tritt auf, wenn sich eine vorbestehende Linksherzinsuffizienz rasch verschlechtert (Dekompensation) oder plötzlich neu auftritt, z. B. bei einem schweren Myokardinfarkt mit starker Beeinträchtigung der Pumpfunktion.
Der Schweregrad einer Linksherzinsuffizienz wird in die NYHA-Stadien eingeteilt
Einteilung der Schwere einer Linksherzinsuffizienz nach der NYHA (New York Heart Association).
NYHA-Stadium | Belastbarkeit |
I | normale Belastbarkeit ohne Symptome (mithilfe anderer Untersuchungsmethoden wird jedoch eine eingeschränkte Pumpfunktion nachgewiesen) |
II | Symptome treten unter körperlicher Anstrengung (z. B. beim Treppensteigen) auf, geringe Belastungen (z. B. Gehen) sind möglich. |
III | Symptome treten bereits bei geringen Belastungen (z. B. beim Gehen) auf. |
IV | Symptome auch in Ruhe |
Vorsicht
Patienten im Lungenödem sind akut lebensbedroht und benötigen sofort intensivmedizinische Betreuung.
Diagnostik
Mithilfe der Anamnese kann die zugrundeliegende Vorerkrankung eingegrenzt werden: Ist z. B. ein arterielles Hypertonus oder eine KHK bekannt? Außerdem wird der klinische Schweregrad festgelegt. Der Patient wird nach den typischen Symptomen einer Herzinsuffizienz gefragt (z. B. „Wie viele Treppenstufen können Sie aufwärtsgehen, ohne stehen bleiben zu müssen?“). Das Krankheitsstadium wird abhängig von der Symptomatik nach der Einteilung der New York Heart Association (NYHA) festgelegt. Nach der NYHA wird die Linksherzinsuffizienz in 4 Stadien unterteilt
Bei der klinischen Untersuchung wird u. a. auf Stauungszeichen (Halsvenenstauung, Ödeme) geachtet. Bei einer Stauungsgastritis kann der Oberbauch druckschmerzhaft sein. Auch Zeichen der Leberfunktionsstörung können im Rahmen der klinischen Untersuchung entdeckt werden. Die klinische Untersuchung von Herz und Lunge liefert weitere wichtige Hinweise (u. a. über den Herzrhythmus oder eine ggf. vorhandene Lungenstauung).
Blutuntersuchung: Die vermehrte Füllung der Herzvorhöfe bei einer Herzinsuffizienz führt zur Freisetzung des Proteins BNP (brain natriuretic peptide) aus den Herzohren. BNP ist bei einer Herzinsuffizienz im Blut erhöht. Darüber hinaus werden u. a. Blutwerte bestimmt, die auf kardiovaskuläre Risikofaktoren hinweisen (z. B. Blutfette, Blutglukose).
Ein Ruhe- und ein Langzeit-EKG werden u. a. zur Beurteilung des Herzrhythmus angefertigt.
Merke
Die Echokardiografie ist die wichtigste diagnostische Methode bei der Beurteilung einer Herzinsuffizienz.
Das EKG hilft bei einer chronischen Herzinsuffizienz oft leider nicht weiter, weil das Ruhe-EKG nur diskrete Veränderungen zeigt und ein Belastungs-EKG unter ausreichender Belastung nicht durchführbar ist; am ehesten zeigt das Langzeit-EKG Herzrhythmusstörungen. Eine Herzkatheteruntersuchung ist deshalb oft unvermeidbar, wenn eine KHK als Ursache vermutet wird.
Die Echokardiografie zeigt Auffälligkeiten am Herzen und den angrenzenden großen Gefäßen. Die Pumpfunktion, die Blutströme im Herzen und die Herzklappen sind einfach und schnell zu beurteilen. Die Echokardiografie eignet sich auch für Verlaufskontrollen.
Die Sonografie der Pleura ist eine sehr genaue Methode zum Nachweis eines Pleuraergusses.
Der Röntgenthorax offenbart die Herzgröße und ermöglicht die Suche nach Lungenstauung, Pleuraergüssen, Verkalkungen an Herzklappen, Gefäßen oder am Herzbeutel.
Die häufigste Ursache für eine Herzinsuffizienz ist eine KHK. Daher wird im Rahmen der Ursachenabklärung einer Herzinsuffizienz häufig eine Linksherzkatheteruntersuchung durchgeführt.
Schulmedizinische Therapie
Bei der Herzinsuffizienz gibt es grundsätzlich 2 Therapieansätze: Zum einen die kausale Therapie, d. h. die Therapie der verursachenden Grunderkrankung (z. B. KHK oder Herzrhythmusstörungen). Oft ist eine kausale Therapie nicht (mehr) möglich, z. B. nach einem schweren Herzinfarkt oder bei einer fortgeschrittenen Kardiomyopathie. Dann versucht man, die Herzinsuffizienz medikamentös positiv zu beeinflussen und Komplikationen zu beherrschen. Oft werden diese beiden Therapieansätze miteinander kombiniert.
Allgemeinmaßnahmen
Regelmäßiges, an die Herzfunktion angepasstes körperliches Training hilft dabei, die verbleibende Herzleistung besser auszunutzen. Bei der Ernährung sollte auf eine Salz- und Flüssigkeitsrestriktion geachtet werden, um das Herz nicht mit zu viel Volumen zu belasten. Die Patienten sollten Alkohol nur in geringen Mengen konsumieren. Besonders wichtig ist die Reduktion von kardiovaskulären Risikofaktoren. Dies umfasst u. a. den Verzicht auf Nikotin, die optimale Einstellung eines Hypertonus oder Diabetes mellitus, eine ausgewogene Ernährung und ggf. eine Gewichtsreduktion. Bei einem ausgeprägten Pleuraerguss kann die Atemnot der Patienten häufig durch Ablassen der Flüssigkeit im Rahmen einer Pleurapunktion gelindert werden.
Medikamentöse Therapie
Die Therapie der Herzinsuffizienz ist eine Kombinationstherapie aus verschiedenen Medikamentengruppen, die je nach NYHA-Stadium eingesetzt werden. Ziel ist es, das Herz zu entlasten und es vor der hohen Aktivität des Sympathikus zu schützen. So soll ein rasches Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden.
Folgende Medikamentengruppen werden eingesetzt: ACE-Hemmer und AT1-Rezeptor-Antagonisten (u. a. zur Senkung der Nachlast), Betablocker (u. a. zur Kontrolle der Herzfrequenz) und Diuretika (zur Ausschwemmung der eingelagerten Flüssigkeit). In fortgeschrittenen Stadien werden positiv inotrope Medikamente eingesetzt – das sind Präparate, die sich positiv auf die Herzkraft auswirken (= positive Inotropie). Sie mindern zwar die Symptome, verhindern aber nicht das Fortschreiten der Erkrankung. Zum Einsatz kommen Digitalispräparate (= Herzglykoside) wie Digitoxin und Digoxin. Bei einer schweren akuten Herzinsuffizienz mit kardiogenem Schock werden kurzfristig weitere positiv inotrope Substanzen wie Noradrenalin und Dobutamin eingesetzt. Auch eine Behandlung mit sog. Phosphodiesterase-3-Hemmern (= PDE-3-Hemmern) wie Milrinon kann indiziert sein.
Vorsicht
Vor einer medikamentösen Therapie mit Diuretika sollten die Elektrolyte bestimmt werden: Diuretika können zu einer Hypokaliämie führen, welche gefährliche Herzrhythmusstörungen zur Folge haben kann.
Operative Therapie
Bei einigen Patienten mit stark ausgeprägter Herzinsuffizienz und/oder gefährlichen Herzrhythmusstörungen ist die Implantation eines implantierbaren Kardioverter-Defibrillators (ICD) indiziert.
Bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz kann die Implantation eines Schrittmachers erforderlich sein. Wenn alle anderen Maßnahmen versagen, kann eine Herztransplantation indiziert sein. Bis ein Spenderherz zur Verfügung steht, kann ein Kunstherz operativ eingebaut werden.
Naturheilkundliche Therapie
Leichte bis mittelschwere Formen der Herzinsuffizienz (NYHA I und II) sind einer naturheilkundlichen Therapie gut zugänglich. Die Stadien NYHA III und IV sind jedoch unbedingt schulmedizinisch zu behandeln. Eine unterstützende naturheilkundliche Behandlung kann jedoch sinnvoll sein.
Akupunktur: Die Akupunktur bessert zwar nicht die Schlagkraft des Herzens selbst, doch die typischen Symptome der chronischen Herzinsuffizienz. Verschiedene Syndrome wie z. B. Wind-Kälte oder Herz-Qi-Mangel können Ursachen einer Herzinsuffizienz sein. Die Differenzierung erfolgt nach Allgemein-, Atem- und Hustensymptomen sowie nach Puls- und Zungenbefund. Akute Beschwerden lassen sich durch Akupunktur lindern, während bei chronischen Beschwerden eher Kräuter zur adjuvanten Therapie eingesetzt werden.
Biochemie nach Dr. Schüßler: Zu differenzieren sind die folgenden biochemischen Mittel:
- Schüßler-Salz Nr. 3 Ferrum phosphoricum D 12: bei Herzklopfen nach jeder Anstrengung mit kongestiven Beschwerden
- Schüßler-Salz Nr. 2 Calcium phosphoricum. D 6: bei chron. Herzschwäche zur Kräftigung sowie bei Schwäche mit schwachem, bradykardem Puls
- Schüßler-Salz Nr. 5 Kalium phosphoricum D 6: bei Herzschwäche als Folge fieberhafter Zustände, alle 30 Min.
- Schüßler-Salz Nr. 1 Calcium fluoricum. D 6–12: Grundmittel bei mechanischem Defekt (Klappenfehler, Muskeldilatation); Langzeittherapie
Ernährungstherapie und orthomolekulare Therapie: Günstig ist eine basenüberschüssige, kochsalzarme, leicht verdauliche und überwiegend laktovegetabile Vollwerternährung. Regelmäßige Reis- oder Obsttage regen die Diurese an, wirken einer Ödembildung entgegen und entlasten somit das Herz. Eine Dauereinnahme von Digitalispräparaten führt gelegentlich zu einem Mangel an Mineralstoffen, insbesondere von Kalium und Magnesium. Gegebenenfalls sind diese Mineralstoffe zu substituieren. Neueren Untersuchungen zufolge lässt sich die Herzfunktion durch eine Substitution mit Coenzym Q10 verbessern.
Homöopathie: Konstitutionelle Mittel, die einen Bezug zur Herzinsuffizienz aufweisen, sind: Ammonium carbonicum, Antimonium tartaricum, Arsenicum album, Carbo vegetabilis, Gelsemium, Kalium carbonicum, Lachesis, Naja tripudians, Phosphor, Sulfur. Charakteristische Allgemein- und Gemütssymptome können jedoch auch auf andere Konstitutionsmittel hinweisen.
Phytotherapie: Bevorzugt zum Einsatz kommen Crataegus-Extrakte, die aus den Blüten und Blättern des Weißdorns hergestellt werden. Die Droge enthält als wirksame Bestandteile Flavonoide (sekundärer Pflanzenstoff) und Procyanidine. Ihre wichtigste herzwirksame Eigenschaft ist die Verbesserung der Kontraktionskraft und damit der Leistungsfähigkeit des Herzens, da die Flavonoide – ähnlich wie Extrakte aus dem Fingerhut (Digitalis), wenn auch in geringerem Maße – die Kalziumkonzentration in den Zellen erhöhen. Außerdem verringern Weißdornextrakte den Widerstand in den Blutgefäßen und verbessern so die Durchblutung in den Herzkranzgefäßen. Therapeutische Erfolge sind allerdings nur zu erwarten, wenn standardisierte Fertigarzneimittel und keine Weißdornsäfte oder ähnliches eingesetzt werden. Sie garantieren die empfohlene Tagesdosis von 160–900 mg nativem Crataegus-Auszug.
Neben koronarwirksamen Pflanzen (z.B. Digitaloide, Weißdorn) sind auch diuretisch wirkende Pflanzen einzusetzen, wie z.B. Hauhechel, Goldrute und Schachtelhalm, da diese durch die Entwässerung des Körpers herzentlastend wirken.
Physikalische Therapie: Es ist sinnvoll, dem Patienten zu einer den Beschwerden und dem Stadium angepassten Bewegungstherapie zu raten. Patienten mit milder Herzinsuffizienz (Stadium I und II) sollten sich nicht übertrieben schonen, Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz sich nicht überlasten. Inwieweit sich der Patient körperlich betätigen und wie lange er das Belastungstraining ausführen sollte, müssen Sie mit dem behandelnden Arzt absprechen. Empfehlen Sie dem Patienten milde Wasseranwendungen, z. B. Teilwaschungen, Knie- und Armgüsse, die ableitend auf die Durchblutung des Oberkörpers wirken. Es ist wichtig, nur kleine Reize zu setzen und auf der krankheitsfernen Seite (einseitig) zu beginnen.
Vertiefung
Prophylaxe
Der Patient kann entscheiden dazu beitragen, das Voranschreiten der Herzinsuffizienz z hinauszuzögern. Folgende Punkte sind besonders wichtig:
- Trinkmenge: Zuviel Flüssigkeit belastet das Herz und verschlechtert die körperliche Leistung. Durch tägliches Wiegen lässt sich rechtzeitig die Einlagerung von Flüssigkeit ins Gewebe feststellen. Insbesondere eine rasche Gewichtszunahme (z. B. 1kg in 24 Stunden) spricht für ein Ungleichgewicht zwischen Flüssigkeitszufuhr und -ausscheidung.
- Gewicht und Ernährung: Über- bzw. Untergewicht sollten langsam beseitigt werden. Sparsam mit Kochsalz umgehen, auf Fertiggerichte und Konserven verzichten (weil diese stets mit viel Salz zubereitet werden), beim Selbstkochen Gewürzkräuter statt Kochsalz verwenden und natriumarmes Mineralwasser trinken.
- Alkohol: Dieser schädigt direkt den Herzmuskel, der Alkoholkonsum sollte deshalb minimiert werden. Bei alkoholbedingter Herzmuskelschädigung ist absoluter Alkoholverzicht eine Selbstverständlichkeit.
- Rauchen: Rauchen schädigt die Herzkranzgefäße akut und auf Dauer, zudem verstärkt es die Atembeschwerden und sollte deshalb eingeschränkt bzw. aufgegeben werden.
- Schlafen: Schlafen mit erhöhtem Oberkörper entlastet das Herz – ab NYHA III sollten Sie es zur Regel machen.