Hinweis
Hämorrhoiden
Es handelt sich bei Hämorrhoiden um knotige Erweiterungen des arteriovenösen Gefäßgeflechts (Plexus haemorrhoidalis) im Analkanal. Die Erkrankung tritt sehr häufig auf.
Merke
Leitsymptome der Hämorrhoiden
- 1. Schweregrad: meist keine Beschwerden beim Pressen, evtl. hellrote Blutauflagerungen am Toilettenpapier und Juckreiz am After
- 2. Schweregrad: Hämorrhoidalknoten tritt beim Pressen nach außen und verursacht Schmerzen; nach Beendigung des Pressens verschwindet Knoten wieder im Inneren
- 3. Schweregrad: Hämorrhoidalknoten zieht sich nach Stuhlgang nicht mehr zurück, lässt sich aber von Hand wieder zurückschieben; Schwellungen und starke Schmerzen beim Stuhlgang, Juckreiz und Schleimabsonderungen
- 4. Schweregrad (Aftervorfall): Knoten befindet sich dauerhaft außerhalb des Analkanals und lässt sich nicht mehr zurückdrücken; zunehmende Schwellung, starke Schmerzen
Merke
Wann zum Arzt?
In den nächsten Tagen, wenn Knoten über einen längeren Zeitraum immer wieder beim Pressen austreten und starke Schmerzen verursachen. Ebenfalls, wenn Blutauflagerungen am Toilettenpapier bemerkt werden und die Analregion juckt.
Pathophysiologie
Der Plexus haemorrhoidalis ist ein arteriovenöses Gefäßgeflecht, das an der Feinregulierung der Kontinenz beteiligt. Hämorrhoiden entstehen, wenn der venöse Abfluss aus dem Plexus behindert wird. Dann staut sich das Blut und der Plexus haemorrhoidalis schwillt an. Begünstigt wird die venöse Abflussbehinderung durch:
- anlage- oder altersbedingte Bindegewebsschwäche
- chronisch erhöhten Druck im Bauchraum – z. B. bei chronischer Verstopfung, Schwangerschaft, Tumoren im Rektum, Aszites
- sitzende Tätigkeiten
- erhöhten Sphinkterdruck (z. B. bei übermäßigem Alkoholgenuss, Stress)
Das Hämorrhoidalleiden gehört zu den klassischen Zivilisationserkrankungen, die durch eine ballaststoffarme Ernährungsweise (→ Verstopfung) gefördert werden.
Symptome
Das klassische Erstsymptom ist die schmerzlose anorektale Blutung mit hellrotem Blut am Toilettenpapier und streifigen Blutauflagerungen auf dem Stuhl. Eine begleitende Entzündung kann zu einem Analekzem mit Brennen, Jucken und Nässen in der Analregion führen. Abhängig vom Ausmaß des Vorfalls wird das Hämorrhoidalleiden in 4 Stadien unterteilt. Im fortgeschrittenen Stadium verspüren die Patienten starke Schmerzen, die häufig nach dem Stuhlgang einsetzen. Fallen die Hämorrhoiden in den Analkanal vor (Prolaps), kann es zu Schleim- und Stuhlabgang (verschmutzte Unterwäsche) kommen und die Patienten verspüren ein irritierendes Fremdkörpergefühl.
Vorsicht
Häufig führen die Beschwerden zu einer reflektorischen Erhöhung des Sphinktertonus. Dann besteht die Gefahr, dass die prolabierten Hämorrhoiden eingeklemmt werden (Inkarzeration), was zu heftigen Schmerzen und dunkelroten Stauungsblutungen führt.
Diagnostik
Bei der Inspektion der Analregion erkennt man häufig ein Analekzem. Ist die gesamte Hämorrhoidalzone aus dem Analkanal prolabiert (sog. Analprolaps), sieht man von außen bereits bläuliche, derbe Knoten. Bei schwächer ausgeprägtem Hämorrhoidalleiden kann man den Patienten bitten, wie beim Stuhlgang zu pressen. Dadurch prolabieren die Hämorrhoiden und sind von außen zu erkennen. Ganz schwach ausgeprägte Hämorrhoiden sind nur mithilfe eines Proktoskops zu erkennen. Um die Lokalisation der Hämorrhoiden zu beschreiben, wird der Begriff „Steinschnittlage“ (SSL) verwendet. Unter Steinschnittlage versteht man generell eine bestimmte Lagerung des Patienten: Der Patient liegt auf einem speziellen Stuhl auf dem Rücken; seine Beine sind (in der Hüfte gebeugt) auf Stützen abgelegt. Um die Lokalisation von proktologischen Krankheitsbildern anzugeben, blickt man von den Füßen aus auf den in Steinschnittlage befindlichen Patienten. Bedingt durch den Verlauf der Blutgefäße befinden sich Hämorrhoiden meist auf 3, 7 und 11 Uhr Steinschnittlage – d.h. auf einer vorgestellten Uhr (12 Uhr = Richtung Damm des Patienten).
Zum Ausschluss anderer Erkrankungen, insbesondere eines kolorektalen Karzinoms, sollte eine Rektoskopie oder ggf. eine komplette Koloskopie durchgeführt werden.
Vorsicht
Schwere Erkrankungen, z.B. ein Rektumkarzinom müssen fachärztlich ausgeschlossen werden. Ab Schweregrad 2 werden die Hämorrhoidalknoten sklerosiert (verödet) oder entfernt.
Schulmedizinische Therapie
Die Therapie des Hämorrhoidalleidens richtet sich nach Stadium. Folgende Maßnahmen stehen zur Verfügung:
- Allgemeinmaßnahmen: In jedem Stadium wird eine Stuhlregulierung durch ballaststoffreiche Ernährung, ausreichende Bewegung, viel Flüssigkeit und die Einnahme von Quellmitteln (wie Flohsamenschalen) empfohlen. Bei Übergewicht sollte eine Gewichtsreduktion angestrebt werden.
- Lokalmaßnahmen: Irritationen der Haut bessern sich durch eine adäquate Analhygiene (Waschen des Afters mit Wasser, Pflege der Haut z. B. mit Zinkpaste); auch Sitzbäder mit entzündungshemmenden Zusätzen (z. B. Kamille) wirken beschwerdelindernd. Vorübergehend können entzündungs- und schmerzstillende Salben und Zäpfchen angewendet werden.
- Sklerosierung: In den Hämorrhoidalknoten wird wiederholt ein Verödungsmittel gespritzt, das eine Entzündung und Fibrosierung auslöst. So werden die Knoten im umgebenden Gewebe fixiert und können nicht mehr prolabieren. Da zusätzlich die arterielle Blutzufuhr behindert wird, bilden sich die Knoten mit der Zeit zurück.
- Gummibandligatur: Die Schleimhaut oberhalb des Hämorrhoidalknotens wird „angesaugt“. Anschließend wird die Basis des Knotens durch Anlage eines Gummibands abgebunden. Dadurch wird die Blutzufuhr unterbrochen und die Hämorrhoiden bilden sich zurück.
- Operative Versorgung: Nachdem ihre Blutversorgung durch Abbinden (Ligatur) des zuführenden Arterienasts unterbunden worden ist (Hämorrhoidektomie), werden Hämorrhoiden unter Vollnarkose operativ ausgeschnitten (reseziert). Da bei diesem Verfahren die sensibel versorgte Analhaut entfernt wird, kann es postoperativ zur Inkontinenz kommen. Im Stadium III ohne Analprolaps kann alternativ eine proktoskopische Staplerhämorrhoidektomie durchgeführt werden, bei der nur die Schleimhaut über der Hämorrhoide entfernt, die Analhaut aber belassen wird (→ keine Inkontinenz).
Allgemeinmaßnahmen
Bei akuten Beschwerden kann ein Sitzbad mit Kamillentee oder Eichenrindensud (ca. 38 °C, 10–15 Min.) durchgeführt werden; nachts Quarkauflage anbringen. Die täglich ausgeführte Aftergymnastik – 100-mal die Aftermuskulatur einziehen und wieder loslassen – entleert die Venenknoten und steigert den venösen Abfluss. Chronisch kalte Füße sollten vermieden werden, da kalte Füße reflektorisch die Unterleibsdurchblutung vermindern.
Naturheilkundliche Therapie
Chinesische Medizin: Akupunktur ist als Begleittherapie sinnvoll. Unterschieden werden Fülle-Syndrome, z.B. Feuchte Hitze in der Milz, und Leere-Syndrome wie absinkendes Milz-Qi.
Biochemie nach Dr. Schüßler: Das Schüßler-Salz Nr. 1 Calcium fluoratum bringt in schlaffes Gewebe die notwendige Festigkeit zurück. Es sollte zusammen mit der Nr. 11 (Silicea) eingenommen werden, denn sie unterstützt die Nr. 1, da Silicea ebenfalls weiches Gewebe straffen kann.
Ernährungstherapie: Eine ballaststoffreiche Ernährung ist zu bevorzugen, um den Stuhl weich zu halten und dadurch Schmerzen und Blutungen beim Stuhlgang zu vermeiden: Durch Vollkornprodukte, Rohkost und frisches Obst wird der Faserstoffgehalt der Nahrung erhöht. Da Ballaststoffe sehr quellfähig sind und durch einen Mangel an Flüssigkeit eine Obstipation verstärkt werden könnte, ist auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (tgl. 2–3 l) zu achten. Bei Meteorismus, Flatulenz oder Obstipation ist eine weiterführende Behandlung, je nach Stuhlbefund ggf. mit mikrobiologischen Präparaten, sinnvoll. Denn ein erhöhter Druck im Bauchraum belastet die Gefäße in der Analregion und verschlechtert die Symptomatik.
Homöopathie: Als Konstitutionsmittel sind oft angezeigt: Acidum nitricum, Anacardium, Antimonium crudum, Arsenicum album, Calcium phosphoricum, Capsicum, Graphites, Ignatia, Kalium carbonicum, Lachesis, Lycopodium, Nux vomica, Phosphorus, Staphisagria, Sulfur. Charakteristische Allgemein- und Gemütssymptome können allerdings auf ein anderes konstitutionelles Mittel verweisen. Organotrope Mittel sind u.a. Aesculus, Aloe, Muriaticum acidum, Rathania.
- Aesculus: Beschwerden durch Stuhlgang; > Knien, Wärme; < Schwangerschaft, Obstipation, Stehen; stundenlang nach Stuhlgang, Trockenheit im Rektum, als sei das Rektum voller kleiner Stöcke, Rektum wie voll, blaue und purpurfarbene Hämorrhoiden
- Aloe: Beschwerden durch Stuhlgang; > kalte Kompressen, < Bier, Obstipation, Menses; gestaut (treten wie blaue Weintrauben heraus), drängend, Gefühl wie Anus offen
- Muriaticum acidum: Beschwerden durch Entbindung (Kali-c), Beschwerden bei Kindern; > Wärme; < Berührung, Stuhlgang, Anstrengung, Windabgang, Bewegung; groß, treten bei geringster Anstrengung hervor, bläuliche Hämorrhoiden; erschöpft, ruhelos
- Ratanhia: Beschwerden durch Stuhlgang; > warmes Baden, Liegen; < Stuhlgang, harter Stuhl, Berührung; minuten- oder stundenlang, Brennen, Schneiden wie zerbrochenes Glas
Phytotherapie: Hamamelis in Salbenform, z. B. in der Applikation als Zäpfchen, wirkt dank des hohen Gerbstoffgehalts gefäßverengend, zusammenziehend und entzündungshemmend. Es kann auch ein aus Verbandsmull gerolltes „Zäpfchen“, das mit Johanniskrautöl getränkt wurde, in den After eingeführt werden, um Brennen, Jucken und Schmerzen zu lindern. Weitere adstringierend wirkende Arzneipflanzen, die den Gefäßtonus günstig beeinflussen, sind: Eiche und Mäusedorn; Schafgarbe kommt bei blutenden Hämorrhoiden zur Blutstillung zur Anwendung. Ergänzend kann ein Schafgarbentee zur inneren Einnahme zubereitet werden.