Hinweis
Eisenmangelanämie
Die Eisenmangelanämie zählt zu den häufigsten Anämieformen in Deutschland. Sie entsteht, wenn die benötigte Eisenmenge nicht in den Körper aufgenommen werden kann, ein gesteigerter Bedarf an Eisen besteht (z. B. Schwangerschaft) oder Eisen bei Blutungen verloren geht (mit 80 % die häufigste Ursache einer Eisenmangelanämie).
Merke
Leitsymptome der Eisenmangelanämie
Eine Eisenmangelanämie kann symptomlos verlaufen oder nur minimale Beschwerden verursachen und sich langsam entwickeln. Andernfalls zeigen sich folgende Symptome:
- Müdigkeit, Leistungsknick, Schwindel
- Blässe der Haut und Schleimhäute
- trockene Haut (Mundwinkeleinrisse), Zungenbrennen, brüchige Nägel
- Herzklopfen und Atemnot bei Anstrengung
- weitere Begleitsymptome je nach Grunderkrankung, z.B. starke und/oder häufige Regelblutungen oder schwarzer Stuhlgang
Merke
Wann zum Arzt?
In den nächsten zwei Wochen bei uncharakteristischen Beschwerden, die zur Blutarmut passen. In den nächsten Tagen, wenn zusätzlich schon bei leichter körperlicher Anstrengung Herzklopfen, Atemnot oder sehr häufiges Schwindelgefühl auftreten.
Pathophysiologie
Eisen wird zur Herstellung von Hämoglobin benötigt, das wiederum für den Sauerstofftransport in den Erythrozyten verantwortlich ist. Fehlt das Eisen, können die Erythrozyten nicht genügend Sauerstoff zu den Zellen transportieren.
Der Körper verliert Eisen entweder durch eine Blutung oder er kann seinen Bedarf an Eisen durch eine ungenügende Aufnahme oder einen gesteigerten Bedarf nicht decken. Frauen sind häufiger betroffen, da sie während der Menstruation und der Schwangerschaft einen erhöhten Eisenbedarf haben.
Vorsicht
Ein chronischer Blutverlust (z. B. zu lange, zu starke Menstruation oder unsichtbare Magen-Darm-Blutung) ist die häufigste Ursache für einen Eisenmangel.
Eisen wird mit der Nahrung vor allem über Fleisch (Rindfleisch oder Schweinefleisch, vor allem auch Leber) aufgenommen. Auch vegetarische Lebensmittel wie manche Gewürze, Leinsamen und Kürbiskerne enthalten viel Eisen. Kuhmilchprodukte und Eier sind dagegen arm an Eisen. Gefährdet, an einem Eisenmangel zu erkranken, sind deshalb vor allem Ovo-Lakto-Vegetarier, Veganer, Schwangere, Kinder und Patienten mit Aufnahmestörungen im Magen-Darm-Trakt. Auch Medikamente (z. B. bestimmte Antibiotika) können die Eisenaufnahme verhindern. Bei Säuglingen kann eine allergische Reaktion auf Kuhmilch zu einer Entzündung des Dickdarms (Kolitis) mit Blutverlust und folgendem Eisenmangel führen.
Symptome
Zusätzlich zu den allgemeinen Symptomen der Anämie sind bei der Eisenmangelanämie vor allem die Schleimhäute betroffen (sog. „Plummer-Vinson-Syndrom“): Es treten Einrisse (Rhagaden) im Mundwinkel, im Mund- und Rachenraum (Aphthen), in seltenen Fällen auch Zungenbrennen und Schluckbeschwerden auf. Außerdem haben die Patienten häufig spröde und brüchige Nägel mit tiefer Rillenbildung und Hohlnägel („Koilonychie“).
Diagnostik
Hinweise auf eine Eisenmangelanämie gibt das Blutbild. Die Anzahl der Erythrozyten ist nicht vermindert, aber sie sind kleiner und transportieren weniger Hämoglobin: Die Werte des Hb und Hkt sind zu niedrig, MCH und MCV sind vermindert (hypochrome mikrozytäre Anämie). Bestätigt wird die Eisenmangelanämie durch die Bestimmung von Eisen und Ferritin (Eisendepotmolekül) im Serum, beide sind erniedrigt. Das Transferrin (Eisentransportmolekül) ist erhöht, die Transferrinsättigung, die die Beladung dieses Moleküls mit Eisen anzeigt, ist jedoch erniedrigt. Im Blutausstrich findet man gelegentlich sog. Anulozyten (die Erythrozyten wirken ringförmig, weil sie zu wenig roten Blutfarbstoff enthalten). Die Retikulozytenzahl kann normal oder zu niedrig sein.
Wichtig ist eine ausführliche Anamnese und die Suche nach eventuellen Blutungsquellen oder Aufnahmestörungen im Magen-Darm-Trakt (= Malabsorptionsstörungen).
Vorsicht
Bei Eisenmangel sind die Eisenspeicher niedrig. Das gilt jedoch nicht immer: Da das Ferritin (Eisenspeichermolekül) bei akuten Entzündungen im Serum erhöht nachweisbar ist, kann es bei Patienten mit Eisenmangelanämie, die gleichzeitig eine Entzündung haben, normal erscheinen!
Schulmedizinische Therapie
Zur Therapie erhalten die Patienten Eisentabletten. Diese enthalten 2-wertiges Eisen (Fe2+) und sollten 1 – 2 Stunden vor einer Mahlzeit auf nüchternen Magen eingenommen werden, da das Eisen auf diese Weise am besten aufgenommen und verwertet wird. Die Therapie wird so lange fortgesetzt, bis die Eisenspeicher des Körpers aufgefüllt sind, was bis zu 6 Monate dauern kann. Um dem Körper die Gelegenheit zur Regeneration zu geben, kann in den ersten 3 – 4 Wochen zusätzlich Vitamin B12 und Folsäure gegeben werden, da diese ebenfalls zur Blutbildung benötigt werden. Ein Anstieg der Retikulozyten nach etwa einer Woche zeigt das Ansprechen auf die Eisentherapie an. Bei erfolgreicher Therapie zeigt sich im Verlauf eine Normalisierung von Hämoglobin und Speichereisen (Ferritin).
Vorsicht
Vorsicht Eisenvergiftung: Eisentabletten müssen sicher aufbewahrt werden. Bereits 3 g Eisen können für Kinder tödlich sein.
In Ausnahmefällen ist eine intravenöse (parenterale) Eisenzufuhr von 3-wertigem Eisen (Fe3+) notwendig, z. B. wenn bei oraler Eisengabe schwere Nebenwirkungen auftreten oder wenn die Aufnahme des Eisens über den Darm beeinträchtigt ist (z. B. bei Malabsorptionsstörungen). Wichtig ist hier eine genaue Bilanzierung, da bei intravenöser Gabe schnell eine Eisenüberladung entstehen kann (es kann vom Körper nicht ausgeschieden werden). Außerdem können Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle auftreten, in seltenen Fällen kann es auch zum anaphylaktischen Schock kommen.
Prophylaxe
Während einer Schwangerschaft und bei geringem Geburtsgewicht von Neugeborenen/Frühgeborenen wird vorbeugend Eisen verschrieben.
Naturheilkundliche Therapie
Ernährungstherapie: Bei Vegetariern und hier v.a. jungen Vegetarierinnen ist die Eisenversorgung in Frage gestellt. Deshalb ist auf die Zufuhr eisenhaltiger Nahrungsmittel zu achten: Reich an Eisen sind Fleisch, Geflügel, Hülsenfrüchte (z.B. Linsen, Sojabohnen), Gemüse (z.B. Schwarzwurzeln, Topinambur, Mangold, Spinat, rote Bete, Zucchini), Küchenkräuter und Salate (z.B. Brunnenkresse, Petersilie, Feldsalat, Endivien) sowie Vollkornprodukte (z.B. Hirse, Weizenkeime, Hafer, Grünkern). Zudem fördern alle schwarzen Beeren, z.B. Johannis- und Holunderbeeren sowie Brombeeren und Heidelbeeren, die Blutbildung. Zu meiden sind Nahrungsmittel, die viel Oxalsäure enthalten, wie z.B. Spinat und Rhabarber, aber auch taninhaltige Lebensmittel, wie z.B. Schwarzer Tee, Kaffee (auch Cola), Kakao sowie Rotwein. Erstere hemmen die Eisenaufnahme, letztere bilden mit Eisen schwer lösliche Komplexe. Um bei fleischloser Kost die ausreichende Zufuhr von Eisen zu gewährleisten, sollten vor der Mahlzeit Vitamin-C-haltige Getränke zugeführt werden, da Vitamin C die Aufnahme von Eisen verbessert.
Folsäurehaltig sind z.B. Hefe, grüne Gemüse, Sojabohnen, Vollkornprodukte. Sojaprodukte (z.B. Sojabohnen, Miso) sowie vergorene, also mikrobiell hergestellte, Lebensmittel, wie z.B. Sauerkraut, sind reich an Vitamin-B12.
Homöopathie: Zur Behandlung der Anämie sind oft folgende Mittel angezeigt: Ferrum phosphoricum (bei anämisch-blasser Haut, großer Schwäche, Blutungsneigung), Arsenicum album (bei Blässe, Schwäche, Abmagerung, Brennen, Kälteempfindlichkeit, Unruhe), Phosphorus (bei Anämie mit erhöhter Blutungsneigung) oder Chininum arsenicosum (bei Müdigkeit, Entkräftung, Kreislaufschwäche nach akuten Infektionen, Herzklopfen). Charakteristische Allgemein- und Gemütssymptome können auch auf Calcium phosphoricum, China officinalis, Cyclamen, Ferrum metallicum, Kalium carbonicum, Manganum, Natrium muriaticum oder auf ein anderes konstitutionelles Mittel verweisen.
Biochemie nach Dr. Schüßler: Mit dem Schüßler-Salz Nr. 3 Ferrum posphoricum alleine lässt sich eine Eisenmangelanämie nicht beheben. Das Schüßler-Salz filft aber, das substituierte Eisen in die Zelle zu schleusen.
Phytotherapie: Heilpflanzen können Mangelzustände an Mineralien, Spurenelementen oder Vitaminen nicht ausgleichen. Phytotherapeutische Zubereitungen aus z.B. Brennnesselblätter, Löwenzahnwurzel und -kraut, Tausendgüldenkraut, Tormentillwurzelstock, Queckenwurzel, Brombeerblätter und Ackerschachtelhalmkraut können jedoch unterstützend eingesetzt werden. Da frische Pflanzen einen weitaus höheren Wirkstoffgehalt haben als getrocknete Drogen, sind Frischpflanzensäfte zu bevorzugen, die selbst zubereitet werden können oder aus dem Reformhaus bzw. der Apotheke zu beziehen sind.