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Nach den Vorstellungen der Evidenzbasierten Medizin (EBM) können die zuverlässigsten Erkenntnisse über die Wirksamkeit eines Therapieverfahrens über Metaanalysen hochwertiger randomisierter, kontrollierter Studien gewonnen werden. Sowohl Befürworter als auch Kritiker der Homöopathie berufen sich daher häufig auf derartige Übersichtsarbeiten, um ihre jeweilige Position zu stützen. Die Beispiele geben einen Überblick über Metaanalysen klinischer Homöopathiestudien.
Linde et al.: Wirksamkeit der Homöopathie gegenüber Placebo
Unter der Fragestellung, ob die klinische Wirksamkeit der Homöopathie ausschließlich durch Placeboeffekte erklärbar sei, führten Linde und Kollegen eine Metaanalyse [10] aller randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudien zur Homöopathie durch. Von 119 gefundenen Studien enthielten 89 genügend Daten, um in die Studie einbezogen zu werden. Für diesen Pool ergab sich eine signifikante Überlegenheit der Homöopathie gegenüber Placebo. Für die 26 als methodisch hochwertig eingestuften Untersuchungen berechneten Linde et al. eine geringere, aber immer noch eine signifikante Wirkung über Placebo. Auch eine Korrektur der Resultate aufgrund von potenziellen Fehlern, die durch selektive Berichterstattung (Publication Bias) zustande gekommen sein könnten, ergab positive Effekte der Homöopathie.
Shang et al.: Wirksamkeit der Homöopathie gegenüber Placebo
Die Arbeit von Shang et al. [11] hat wohl das meiste Medienecho ausgelöst. Shang et al. (2005) bezogen sich auf nahezu denselben Datenpool wie seinerzeit Linde et al. (1997), in die Endanalyse gingen jedoch nur 8 von zunächst 110 untersuchten Arbeiten ein. Diese 8 Studien wurden als größte aus einem Pool von zunächst 21 ausgewählt, die eine hohe methodische Qualität aufwiesen. Die kombinierte Odds Ratio dieser 8 Studien ließ keine signifikanten Effekte der Homöopathie über Placebo erkennen.
Verschiedene Autoren versahen die Studie, die mehrere signifikante Schwächen aufwies, mit kritischen Kommentaren. Dessen ungeachtet zeigt die Auswertung der 21 qualitativ hochwertigen Studien eine signifikante Überlegenheit der Homöopathie gegenüber Placebo [12]. Das negative Ergebnis, das die Autoren schlussendlich präsentieren, hängt zudem maßgeblich von einer einzigen Studie ab, welche die Wirksamkeit eines homöopathischen Mittels zur Prävention von Muskelkater untersucht.
Mathie et al.: Wirksamkeit individualisierender und klinischer Homöopathie
Die Meta-Analyse von Mathie et al. [13] schloss ausschließlich Studien ein, deren Therapiemodus sich als „individualisierte Homöopathie“ klassifizieren ließ. Auch das Qualitäts-Assessment – die Bewertung des Verzerrungsrisikos nach den hohen Standards Cochrane Collaboration – stellte ein Novum dar. Von den 32 eingeschlossenen Arbeiten boten 22 genügend Daten, um in die Endanalyse aufgenommen zu werden. Diese Studien lieferten ein signifikant positives Ergebnis für die Homöopathie. Die Bewertung der methodischen Qualität führte allerdings dazu, dass lediglich 3 Arbeiten als zuverlässig eingestuft wurden. Deren kombinierte Auswertung lieferte zwar ebenfalls signifikante Effekte über Placebo, jedoch konnten die Autoren aus lediglich 3 Studien keine abschließenden Schlussfolgerungen ziehen, zumal alle unterschiedliche Indikationen untersuchten.
Mathie und Kollegen haben bis 2019 noch 3 weitere Metaanalysen zur Homöopathie erstellt, die jeweils andere Studien untersuchen, z.B. solche mit nicht-individualisierter (klinischer) Verschreibung oder solche, in denen die Kontrollgruppe kein Placebo, sondern eine andere Behandlung erhielt. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind den hier dargestellten aus Mathie (2014) im Wesentlichen vergleichbar.[14]
Fazit
Insgesamt ergibt sich hinsichtlich der bis zum heutigen Zeitpunkt publizierten indikationsunabhängigen Metaanalysen zur Homöopathie (n = 8), dass in der Regel eine spezifische Wirksamkeit potenzierter Arzneimittel über Placebo hinaus erkennbar ist, auch in den methodisch hochwertigen Studien. Das Gesamtergebnis fällt jeweils nur dann negativ aus (Homöopathie = Placebo), wenn der größte Teil (90–95%) der vorliegenden Daten von der Auswertung ausgeschlossen wird und/oder fragwürdige statistische Methoden angewandt werden [15]. Die Autoren stimmen allerdings mehr oder weniger darin überein, dass die Evidenzlage keine definitiven Schlussfolgerungen zulässt, insbesondere in Bezug auf einzelne Erkrankungen. Denn es mangelt an hochwertigen Studien und unabhängigen Replikationen.